Mit ethischen Geldanlagen die Welt verändern?

Ein Überblick

Eine Welt, in der große Konzerne aktiv daran mitarbeiten, die Schöpfung zu bewahren. Eine Welt, in der Führungskräfte und Beschäftigte eines Unternehmens auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Eine Welt, die grundlegend geprägt ist von gegenseitigem Respekt und echter Wertschätzung füreinander. Was wie eine Utopie klingt, könnte heute bereits Wirklichkeit sein, wenn mehr Vermögensbesitzer darauf achten würden, wie mit ihrem Geld gewirtschaftet, und für welche Ziele es eingesetzt wird.

Alleine die deutschen Sparer verfügten im Jahr 2016 über ein Vermögen von 4.000.000.000.000 (4 Billionen) Euro. Dieses ist angelegt z.B. in Form von Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Staatsanleihen, Tagesgeld und Bankkonten. Es bildet sozusagen den Kapital-Grundstock, mit dem letztlich Staat und Wirtschaft arbeiten und funktionieren. Was wäre, wenn die Kapitaleigner grundsätzlich mitbestimmen über die Art und Weise, wie und wofür ihr Geld arbeitet? Sebastian Mann aus Nürnberg stellt bereits seit der Finanz- und Bankenkrise 2008 einen grundlegenden Bewusstseins- und Wertewandel seiner Klienten fest. Im Interview mit Pfarrbriefservice.de gibt sich der auf alternative Geldanlagen spezialisierte Finanzberater davon überzeugt, dass eine nachhaltige Wirtschaftsweise in Zukunft unabdingbar sei für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens.

Die Vielfalt der Möglichkeiten, die der Markt inzwischen bietet, spielt den Anlegern eigentlich in die Hände. So führen nicht nur „alternative“ Banken, wie GLS, Triodos, Ethikbank und Umweltbank ethisch-nachhaltige, „grüne“ Finanzprodukte, sondern auch kirchliche Banken, z.B. die Pax Bank in Köln und die Bank für Kirche und Caritas in Padeborn oder von Ordensgemeinschaften betriebene Banken, wie die Steyler Ethikbank der Steyler Missionare und die Bank für Orden und Mission der Franziskaner. Diese legen seit jeher christliche Maßstäbe an ihre Anlageentscheidungen und öffnen sich neuerdings, sofern noch nicht geschehen, auch für Privatanleger. Selbst „konventionelle“ Finanzdienstleister reagieren mittlerweile auf die zunehmende Nachfrage und bieten grüne Anlageformen mit an.

Jedoch: „Es bedarf noch einiges an Aufklärungsarbeit, damit die Finanzmärkte wirklich nachhaltiger werden.“, betont Dr. Helge Wulsdorf im Interview mit Pfarrbriefservice.de. Der Diplom-Theologe ist Leiter „Ethisch-nachhaltige Geldanlagen“ bei der Bank für Kirche und Caritas und war maßgeblich beteiligt an der Ausarbeitung einer entsprechenden Orientierungshilfe, die im Jahr 2015 gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken herausgegeben wurde. Vor allem den Vorbehalten gegenüber alternativen Anlageformen gelte es durch konsequente Aufklärungsarbeit entgegen zu treten: „Mit ethisch-nachhaltigen Geldanlagen lassen sich durchaus attraktive Renditen erwirtschaften. Sie müssen sich vor konventionellen Anlagen also keinesfalls verstecken.“, so Wulsdorf.

Eine besondere Form der Geldanlage, die benachteiligten Menschen unmittelbar zugute kommt, ist der sog. „Mikrokredit“. Die Ökumenische Entwicklungsgenossenschaft Oikocredit vergibt aus den Kapitaleinlagen ihrer Anteilseigner Kleinkredite an Menschen, die von normalen Banken keine Kredite bekommen, weil sie aus deren Sicht nicht kreditwürdig sind. Mit Hilfe der Mikrokredite können diese Menschen sich in ihrer Heimat eine Existenz aufbauen. Laut Oikocredit sind die zuverlässigsten Kreditnehmer Frauen, die in Entwicklungsländern leben und dort ein Kleinstgewerbe betreiben. Mit einer Ausfallquote von weniger als 1% macht Oikocredit mit diesem Modell seit mehr als 30 Jahren sehr gute Erfahrungen. Das wird auch am Beispiel von Maria Riofrió aus Ecuador (Beitrag auf Pfarrbriefservice.de) deutlich.

Der Salzburger Theologe Prof. Dr. Alois Halbmayr stellt indes fest, dass ethisch-nachhaltige Geldanlagen bisher einen nur sehr kleinen Marktanteil von weniger als einem Prozent innehaben. Er wirft daher die Frage auf, ob es sich nicht um den berühmten Tropfen auf den heißen Stein handelt oder um ein Placebo, das der Beruhigung des Gewissens dient. Jedoch weist Halbmayr darauf hin, dass „beschränkte Einflussmöglichkeit und geringe Wirksamkeit oder sogar Aussichtslosigkeit kein Argument sind, etwas nicht zu tun“ und zieht die Parallele zum Gleichnis vom Senfkorn (z.B. Mk 4,31f). „Diesem so kleinen und unscheinbaren Korn (…), das ungewiss in die Erde fällt, würde man nicht unbedingt zutrauen, dass sich daraus eine so große und dichte Pflanze entwickelt und darin sogar die Vögel nisten. Erfolg war und ist keine Kategorie Gottes.“, so der Theologe Halbmayr. Entscheidend sei immer, dass „Hand an den Pflug gelegt wird“ (Lk 6,92), immer wieder neue Schritte gesetzt werden, damit die Gottesherrschaft wachsen kann; dass also die Saat ausgesät wird, das Senfkorn in die Erde kommt. (Grüne Reihe, Heft 110, April 2013, Missionszentrale der Franziskaner e.V.)

Christian Schmitt

In: Pfarrbriefservice.de

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Das Schwerpunktthema für März 2017

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Text: Christian Schmitt
In: Pfarrbriefservice.de