Schwamm drüber! – Verzeihen können und Frieden erhalten

Wie biblische Geschichten ein Vorbild sein können

Auf den ersten Blick scheint uns manches „eigenartig“ vorzukommen, auf den zweiten Blick stimmig und sinnvoll. Zum Beispiel bei der biblischen Geschichte, die von Jesus und der Ehebrecherin erzählt, vgl. Joh 8, 3-8. Als die Pharisäer ihn fragen: „Herr, sollen wir die Frau steinigen?“, antwortet er eine Weile nichts. Er bückt sich und schreibt mit dem Finger auf die Erde. Erst als sie ihn immer hartnäckiger fragen, richtet er sich auf und sagt: „Wer von Euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein!“ Dann bückt er sich wieder und schreibt weiter auf die Erde. Warum schreibt Jesus bei dieser entscheidenden Frage in den Sand? Und was genau hat er wohl geschrieben? War es ein Zeichen dafür „Zeit zu schinden“ oder wollte er damit von seiner Unsicherheit ablenken? Komisch! Nein, es war sicher seine klare Botschaft: „Gott geht mit deinen Fehlern so um, wie der Wind das Geschriebene im flüchtigen Sand bald wieder verweht.“ Ein klares Wort an alle Menschen: „Verzeiht einander immer wieder!“ Nicht „siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal!“, heißt es in der Bibel Matth. 18, 21-22. Jesus weiß genau, was bei Gott „verzeihen“ heißt. Er kennt die Heilige Schrift und weiß, wie es in einem Dankgebet an Gott heißt: „Du hast alle meine Sünden hinter deinen Rücken geworfen“, vgl. Jesaja 38:17 oder: „Und du wirst alle ihre Sünden in die Tiefen des Meeres werfen“, vgl. Micha 7:18, 19.

Mit ganzem Herzen verzeihen

Verzeihen ist etwas Endgültigeres und Umfassenderes als die oft geäußerte Absicht: „Verzeihen ja, aber vergessen nie!“ Hier ist kein Verzeihen gemeint, das verbunden ist mit insgeheimer Rache, künftigen Vorwürfen, insistierenden Erinnerungen oder Vorhaltungen. Ein schönes Bild gegenseitigen Verzeihens ist der Ausspruch: „Schwamm drüber“.

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn und liebenden Vater als Beispiel, wie es gelingen kann Frieden zu schaffen

Die alte Geschichte vom genussfixierten Sohn, der leichtfertig sein väterliches Erbe verspielt und so in große Not gerät, ist bekannt. Es tut ihm unendlich leid und voller Hoffnung macht er sich auf, um zu seinem Vater zurückzukehren und ihn um Verzeihung zu bitten. Dieser sieht seinen verlorenen Sohn von weitem kommen, läuft ihm entgegen und bevor sich sein Sohn bei ihm entschuldigen kann, drückt er ihn liebevoll an sein väterliches Herz. Er ist außer sich vor Freude über die Rückkehr seines Sohnes, den er schon verloren glaubte. Er kümmert sich liebevoll um ihn und richtet ein großes Fest für ihn aus. Sein ältester Sohn, der die Selbstgerechtigkeit symbolisiert, hat seinem Vater immer treu gedient. Er ist über das Verhalten seines Vaters sehr traurig und zornig. Der Vater aber liebt beide. Er freut sich über seinen älteren Sohn, der immer treu bei ihm war, aber er freut sich ebenso über seinen jüngsten Sohn, den er wiedergefunden hat.

Ein wunderbares Gleichnis für alle Situationen, in denen Menschen Fehler machen und für Situationen, in denen sie in eine schwere Krise geraten und den Mut aufbringen, umzukehren und Frieden zu schaffen.  

Stanislaus Klemm, Diplompsychologe und –Theologe, In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Stanislaus Klemm, Diplompsychologe und –Theologe
In: Pfarrbriefservice.de