„Ohne Dich“

Eine Rezension von Markus Tomberg

„Alles geht schief.“ Seit seine beste Freundin Zivan weg ist, hat Joshua eine fürchterliche Zeit hinter sich. Und jetzt auch noch das: Neue Schule, neue Klasse, neue Mitschüler. Gerade Sergio hat es auf ihn abgesehen. Ausgerechnet das Skizzenbuch hat er Joshua weggenommen. Schlimmer geht es kaum.

Joshua und Zivan hatte eine tiefe Freundschaft verbunden. Jahrelang waren sie zur gleichen Schule gegangen, hatten viel Zeit miteinander verbracht. Doch dann musste Zivan zurück in den Irak. Ihr Vater wollte sie traditionell mit einem Cousin verheiraten. Nach Joshua fragt da keiner.

Erna Sassens Roman erzählt in Rückblenden von dieser Freundschaft, von Joshuas Angst um Zivan, von den immer weniger erfolgreichen Versuchen, den Kontakt zu halten. Und er erzählt von der Zeit danach: Von Joshuas Ängsten in der neuen Schule, den gewalttätigen Mitschülern, der Suche nach neuen Freunden. Der sensible, künstlerisch begabte Fünfzehnjährige wirkt in der rauen Welt der neunten Klasse der Hauptschule so richtig fehl am Platz. Die Buchillustrationen von Martijn van der Linden ergänzen Sassens Romantext grandios und geben Einblicke in Joshuas Skizzenbuch, das die Freundschaft von Joshua und Zivan noch einmal auf ganz besondere Weise darstellt.

Doch gerade das Skizzenbuch wird zum Türöffner. Sergio sucht ein besonderes Motiv für ein Tattoo und Joshua soll es zeichnen. Und auch Dylan, vor dem Joshua besonders Angst hat, will ein Motiv von Joshua. Bei beiden soll es nicht irgendein Motiv sein. Tattoos haben eine Bedeutung! Nach und nach erfahren die drei Jugendlichen von ihren Geschichten. Alle tragen tiefe Wunden in sich.

Dann brechen alle neunten Klassen zu einer Fahrt ins Rijksmuseum in Amsterdam auf. Sie haben Glück: Die Führung dauert nicht lange. Zusammen mit Sergio und Dylan geht Joshua auf eigene Faust los. Er zeigt den neuen Freunden seine Lieblingswerke. Und er sucht ein Bild für das obligatorische Referat. Er findet das „Agnus Dei“ von Francisco de Zurbarán: ein sehr lebensecht gemaltes Opferlamm, ein Christusbild. Das wunderschöne Opferlamm passt zu seiner Freundin Zivan und ihrer Geschichte.

Am Ende landen nicht nur Dylan und Sergio, sondern alle drei Jungen im Tattoo-Studio. Sergio entscheidet sich für eine Aktzeichnung. Ein Bild Zivans aus Joshuas Skizzenbuch wird die Vorlage für ein Tattoo für Dylan, der sich seine als Kind verstorbene Schwester stechen lässt. Joshua greift zu einem Symbol – eine wunderschöne Ziege, die an das Opferlamm Zurbaráns erinnert.

Erna Sassen erzählt eine Geschichte ohne Happy End für Zivan und Joshua. Sie erzählt vielmehr vom Schmerz, der am Ende beim Stechen der Tattoos unmittelbar körperlich wird, sichtbare Spuren hinterlässt und eine Art Erkennungszeichen ist. Wer da an die Wundmale des Gekreuzigten denken will, findet in dem Roman gute Gründe dafür. Sensibel entfaltet das Buch die Freundschaften der so verschiedenen Jugendlichen. Es macht deutlich, wie gerade die, die wir vermissen, zeigen, wer wir sind.

Biografische Daten

Ohne Dich
Erna Sassen mit Illustrationen von Martijn van der Linden
Verlag Freies Geistesleben
Erscheinungsjahr 2022
264 Seiten
ab 14 Jahren
ISBN 978-3-7725-3113-2
EUR 20,00 [D]

Markus Tomberg, In: Pfarrbriefservice.de

 

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Text: Markus Tomberg
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