"Kräuter sind wieder aktuell"

Im Interview erläutert Professor Mayer von der Forschungsgruppe Klostermedizin seine Arbeit

Seit 1999 gibt es an der Universität Würzburg die Forschungsgruppe Klostermedizin am Institut zur Geschichte der Medizin. Eng arbeitet die Gruppe um Professor Johannes Gottfried Mayer dabei mit den Oberzeller Franziskanerinnen zusammen. Im Interview mit katholisch.de erläutert Mayer seine Arbeit.

Herr Mayer, welches Ziel verfolgt die Forschungsgruppe mit ihrer Arbeit?

Mayer: Im Jahr 1999 hat die Forschungsgruppe Klostermedizin begonnen, die Geschichte der Arzneipflanzen in Europa zu erforschen und die Vergangenheit aufzuarbeiten. Daneben wollen wir neue Anwendungen für die alten Heilpflanzen finden. Wir möchten auf unsere eigene europäische Kultur hinweisen und die Epoche der Klostermedizin näher beleuchten. Diese Zeit lag im Mittelalter, als die Nonnen und Mönche das Monopol der medizinischen Versorgung erfüllten.

Warum hatten Klöster und Orden dieses Monopol?

Mayer: In der Regel des heiligen Benedikt ist festgelegt, dass die Pflege der Kranken eine der wichtigsten Aufgaben der Klöster sein soll. Wer einen Fachmann brauchte, musste zum Mönch oder zur Nonne gehen. Der andere Punkt ist, dass sich die Benediktiner den Büchern widmeten. Sie haben neben den heiligen Schriften auch die ganze medizinische Literatur abgeschrieben. Denn wer Kranke pflegen wollte, brauchte auch das Fachwissen dazu. Auch die medizinischen Werke der berühmten griechischen Ärzte haben sie abgeschrieben, ohne diese Abschriften wüssten wir von vielen griechischen Autoren gar nichts.

Welche Erkenntnisse haben Sie bisher durch Ihre Forschungen gewinnen können?

Mayer: Ein ganz wichtiger Punkt für mich ist, dass man fast alles sehr ernst nehmen muss - selbst die Dinge, die einem auf den ersten Blick als Blödsinn vorkommen. Wenn man es genauer beleuchtet, steht immer irgendetwas dahinter, was einen interessanten Hinweis auf eine tatsächliche Wirkung einer bestimmten Pflanze gibt. Auch das ganze Konzept der Mönche und Nonnen - nicht allein nur die Pflanzen, sondern auch der Rhythmus des Tages, die Ernährung, die man damals im hohen Mittelalter gepflegt hat – ergibt unserer Forschung nach einen Sinn.

Gibt es heute noch mittelalterliche Arzneipflanzen?

Mayer: Ja, sehr viele. Damals im Mittelalter wurden zwischen 300 und 500 Pflanzen verwendet, heute sind es etwa noch 150 Arten. Aber es sind keine Pflanzen verschwunden. Wir können die, die wir in historischen Werken finden, mit heute noch existierenden Arten identifizieren.

Warum erleben Heilkräuter seit einigen Jahren eine solche Popularität?

Mayer: Ich denke, ein Grund ist die Angst vor der Apparatemedizin. Die Geräte machen Angst, in Krankenhäusern herrscht eine kalte Umgebung. Man hat lange Zeit geglaubt, dass man alles mit synthetischen Mitteln optimal beheben kann. In den letzten Jahrzehnten hat die Medizin aber gemerkt, dass zunehmend chronische Krankheiten auch der Schulmedizin große Probleme machen. Darum hat man nach Alternativen gesucht. Somit wurden auch die Kräuter wieder aktuell.

Sind Sie der Meinung, dass sich moderne Medizin und Heilkräuterkunde annähern?

Mayer: In der Patientenbroschüre der Unikliniken steht, dass die Klostermedizin eines der drei wichtigsten Forschungsvorhaben der Medizinischen Fakultät ist. Das zeigt uns, dass wir in der Schulmedizin angekommen sind. Wir haben in den letzten Jahren Erkenntnisse gewonnen, mit denen man die Wirkungsweise von Pflanzen viel besser versteht. So können auch Schulmediziner die jeweilige Wirkung nachvollziehen.

Das Interview führte Judith Bornemann.
Quelle: katholisch.de (Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland) In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Judith Bornemann, www.katholisch.de
In: Pfarrbriefservice.de