Im Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung
Interview mit Jürgen Knieps, Geschäftsführer der Steyler Ethik Bank
Die Steyler Ethik Bank mit Sitz in Sankt Augustin dürfte die älteste ethische Bank in Deutschland sein. Seit ihrer Gründung im Jahr 1964 begreift sich das Unternehmen als Gegenentwurf zur primär profitorientierten Bankenwelt. Eigentümerin ist die katholische Ordensgemeinschaft der Steyler Missionare.
Jürgen Knieps ist seit 2003 Geschäftsführer der Steyler Ethik Bank. Seine Bank setzt ihre Gewinne ausschließlich für die weltweiten Hilfsprojekte der Steyler Missionare ein. Daher reiste Knieps bereits persönlich zu Projekten in Ghana und auf den Philippinnen. Er lernte dort die sozialen Herausforderungen kennen und sah, mit welchem Engagement sich die Steyler Missionare und Missionarinnen gegen Armut und Ungerechtigkeit einsetzen.
Seine Berufsausbildung machte Jürgen Knieps bei einer mittelgroßen Genossenschaftsbank. Es folgten Tätigkeiten als Anlageberater sowie als Organisationsberater. Knieps studierte Betriebswirtschaftslehre in Koblenz und absolvierte ein bankbetriebswirtschaftliches Studium an der heutigen Frankfurt School of Finance & Management. Zur Steyler Ethik Bank wechselte er 1995.
Papst Franziskus spricht sich zum Teil mit deutlichen Worten gegen einen lebensfeindlichen Kapitalismus aus. Was haben Sie als Alternativen anzubieten?
Bei uns stehen christliche Grundwerte im Vordergrund. Wir berufen uns auf die drei Kernprinzipien der Steyler Missionare: Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Die Steyler Ethik Bank hat daher einen klaren Anspruch: Geldanlagen dürfen nicht der Umwelt und den Menschen schaden. Rüstungsgeschäfte, Kinderarbeit oder Umweltzerstörung werden wir niemals durch unsere Investments unterstützen. Wir zählen also zu den Nachhaltigkeitsbanken in Deutschland und folgen strengen Anlagekriterien. Mit unseren Bankgewinnen und den freiwilligen Spenden unserer Kunden unterstützen wir die Arbeit der Steyler Missionare. Diese leisten in 80 Ländern Hilfe zur Selbsthilfe.
Sind Unternehmen, die hohe ethische Standards erfüllen, überhaupt wettbewerbsfähig? Oder anders gefragt: Wie sicher ist eine Geldanlage, wenn sie ethisch sein soll?
Die Erfahrung zeigt doch, dass gerade nicht nachhaltige Unternehmen den Investoren schwere Verluste bereiten können. Man denke nur an die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko oder das Atomunglück in Japan. Insofern können ethische und nachhaltige Kriterien sogar dazu beitragen, das Rendite-Risiko-Profil zu verbessern. Zudem belegen zahlreiche Forschungsergebnisse aus 30 Jahren, dass nachhaltige Anlagen konkurrenzfähige Renditen erbringen. Das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) schrieb bereits 2012, „dass die meisten Aktienfonds und Aktienindizes, die nach dem Kriterium der Nachhaltigkeit konzipiert sind, durchaus mit herkömmlichen Geldanlagen mithalten können“ (ZEW: Studie zur Performance nachhaltiger Kapitalanlagen).
Ethische Geldanlagen scheinen derzeit im Trend zu liegen. Bleiben nach dem Durchlaufen Ihrer Auswahlprozesse genügend Anlagemöglichkeiten übrig, um der großen Nachfrage gerecht zu werden?
Unsere Titelauswahl ist zugegebenermaßen kleiner, aber damit können wir immer noch gut arbeiten. Wir erzielen vorzeigbare Renditen, die mit herkömmlichen Anlageprodukten Stand halten. Ein Beispiel: Gemeinsam mit einer Kapitalanlagegesellschaft haben wir eigene Fonds aufgelegt. Diese werden auch von unabhängiger Seite immer wieder gut bewertet. Die renommierte Ratingagentur Morningstar analysiert beispielsweise die Wertentwicklung vergleichbarer Fonds unter Berücksichtigung von Kosten und Risiken. Unser Aktienfonds hat von Morningstar sehr gute vier von fünf Sternen erhalten, was den Vertrieb an Privatkunden betrifft. Im institutionellen Vertrieb erhielt er sogar die vollen fünf Sterne.
Unternehmen mit ihren Tochtergesellschaften, Zulieferern und Dienstleistern sowie die Finanzwelt sind heute mehr denn je miteinander vernetzt und untereinander verflochten. Wie leicht gelingt es Ihnen hier die „Spreu“ vom „Weizen“ zu trennen?
Unsere Analyse umfasst auch Zulieferer. Unterstützt werden wir dabei von der renommierten Ratingagentur oekom research. Informationen erhalten wir zudem von unseren weltweit tätigen Ethik-Scouts – das sind Missionare, die vor Ort das Unternehmensgebaren prüfen. Gibt es Verstöße von Unternehmen, in die wir investiert sind, so versuchen wir sie aktiv zu einer Umkehr zu bewegen. In gravierenden Fällen ziehen wir uns von dem Investment komplett zurück. So haben wir beispielsweise alle Anteile der Allianz in unseren Steyler Fair und Nachhaltig-Fonds veräußert, nachdem wir 2014 von unseren Ethik Scouts über massive Menschenrechtsverstöße beim Bau des Belo Monte-Staudamms in Brasilien erfuhren. Das Unternehmen ist als Rückversicherer an dem Projekt beteiligt. Gleichzeitig ist der Steyler Ethik-Anlagerat in einen Unternehmensdialog mit der Allianz getreten. Das Unternehmen will bis Ende 2017 eine bindende Entscheidung treffen, ob es sich nach Ablaufen des aktuellen Vertrags weiter an dem Projekt beteiligt.
Auch konventionelle Bankinstitute und Finanzdienstleister bieten inzwischen ethische / ökologische / nachhaltige Investmentprodukte an. Inwiefern unterscheiden Sie sich hier von Ihren Wettbewerbern?
Nachhaltigkeit ist bei der Steyler Ethik Bank kein Feigenblatt oder Modethema, sondern ein durchgängiges Geschäftsmodell. Wir haben nicht nur einige Produkte, die nachhaltigen Kriterien entsprechen, sondern betreiben Nachhaltigkeit in allen Geschäftsbereichen – in der Kundenbetreuung, bei der Anlage von Geldern und der Gewinnverwendung. Auch die Anlage der bankeigenen Gelder erfolgt nach den gleichen strengen Anlagekriterien. Unsere Berater sind alle zertifizierte Ethikanlageberater und beziehen Festgehälter ohne Provisionen. Auch unsere Gewinnverwendung ist einzigartig: Die Gewinne der Bank fließen in Hilfsprojekte der Steyler Missionare in 80 Ländern – knapp 100 Millionen Euro aus Bankgewinnen und freiwilligen Zinsspenden der Kunden flossen seit Gründung in weltweite Hilfsprojekte des Steyler Ordens.
Wie sehen Sie die Zukunft des Wirtschaftens? Ist der Kapitalismus in seiner heutigen Form am Ende?
Ich denke, dass globale Herausforderungen wie der Klimawandel, Kriege und massenhafte Migration zeigen, dass wir in einer vernetzten Welt leben. Wir alle müssen Verantwortung übernehmen. Die Geldanlage nach nachhaltigen Kriterien ist hierbei ein wichtiger Baustein. Es gibt Unternehmen, die durch innovatives und verantwortliches Handeln helfen, den CO2-Ausstoß zu begrenzen und die globale Erwärmung zu bremsen. Diese Nachhaltigkeitsvorreiter müssen wir unterstützen. Nicht der Kapitalismus ist das Problem, sondern ein Kapitalismus, der nur auf Gewinnmaximierung aus ist und keine Werte kennt.
Ich wünsche mir, dass immer mehr Menschen erkennen, dass zum dauerhaften Erfolg nicht nur materielle, sondern auch geistige Werte zählen. Denn Geld ist ein guter Diener, aber ein schlechter Herr.
Gemäß Ihrer Philosophie setzen Sie sich für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung ein. Gibt es konkrete Maßnahmen, die Sie in Ihrem eigenen Haus leben?
Wir haben vor ein paar Jahren die Stabsstelle Ethik und Nachhaltigkeit geschaffen, um besser zu planen, wie wir intern noch besser nachhaltig wirtschaften können. Zum Beispiel beziehen wir die Gebäudeenergie von unserem Solardach und einer Pelletheizung. Aber auch eine familienfreundliche Arbeitsatmosphäre sowie ein gutes Gesundheitsmanagement gehören für uns dazu. Veränderung fängt bei einem selbst an.
Interview: Christian Schmitt, In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Christian SchmittIn: Pfarrbriefservice.de