"Ich kann seit der Diagnose von Aids positiv denken"

Interview mit Peter*, HIV-positiv

Mit Verdacht auf das Pfeiffer'sche Drüsenfieber ist Peter ins Krankenhaus eingeliefert worden. Die erschütternde Diagnose lautete für ihn jedoch Aids. Wie er mit dieser Krankheit lebt, lesen Sie hier.

Frage:  Wann und wie hast du erfahren, dass du HIV-positiv bist?

Peter: Das weiß ich genau - es war der 14. April 2002 in einem Krankenhaus. Nachdem ich über einen längeren Zeitraum hohes Fieber hatte, das trotz Medikamente nicht in den Griff zu kriegen war, bin ich wegen Verdachts auf Pfeiffer'sches Drüsenfieber ins Krankenhaus eingeliefert worden. Dort wurde u. a. auch ein Aids-Test durchgeführt, ohne dass ich es wusste. Der Arzt meinte später, dass ich beim Aufnahmeverfahren ja schon eine allgemeine Einverständniserklärung abgegeben hatte. Das Ergebnis des Tests bekam ich erst vier Tage nach meiner Entlassung mitgeteilt. Nach einem Anruf der Klinik, dass ich wegen eines dringenden wichtigen Gesprächs noch mal kommen sollte, war ich sehr erschrocken und dachte eigentlich an einen Tumor. Was der Arzt mir dann mitteilte, hat mich mehr wie umgehauen. Als erstes habe ich meine Frau informiert, die auch sofort getestet wurde - Gott sei Dank negativ. Ich hatte nur noch wirre Gedanken: Was wird aus meinen Kindern? Sehe ich sie noch groß werden, wie geht es überhaupt weiter? Was wird aus meiner beruflichen Existenz? Aus meiner Partnerschaft, aus mir? Ich wusste ja nichts über diese Krankheit, für mich gab es da kein HIV, nur Aids und Aids ist gleich Tod.

Frage: Wie ging es dann weiter?

Peter: Ich kam ziemlich schnell in die Uniklinik und habe dort von den Ärzten die Informationen und die Aufklärung über Aids gekriegt. Das hat schon einiges von der Panik genommen. Am Anfang war nur meine Frau eingeweiht, dann habe ich auch mit meinem Bruder gesprochen. Inzwischen wissen es auch meine Schwiegereltern, meiner Frau zuliebe war ich damit einverstanden; sie hat ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern und konnte das Versteckspiel nicht aushalten. Diese wollen jetzt, dass ich meinen Schwager auch noch informiere, eigentlich wird mir das viel zu viel; ich habe das Gefühl, es gerät mir außer Kontrolle, wer hier alles davon weiß.

Frage: Nimmst du Medikamente, und wenn ja, wie verträgst du sie?

Peter: Also ich vertrage die Medikamente im Großen und Ganzen sehr gut, ich bin zufrieden so wie es ist, es gibt leichte Nebenwirkungen wie öfter mal Durchfall, aber sonst nichts. Ich habe auch keine Einnahmeschwierigkeiten, ich nehme acht Tabletten täglich, morgens und abends je vier. Ich nehme auch freiwillig an der Esprit-Studie teil. Hier wird versucht, die Helferzellen im Körper anzuheben. Die Studie läuft über Jahre hinweg, die Behandlung kann auch ein Leben lang dauern. Es werden zehn Spritzen in drei Tagen verabreicht im 10- bis 12-Wochen-Zyklus, der Abstand zwischen den Zyklen wird im Lauf der Zeit immer größer, und dann spritze ich vielleicht nur noch einmal jährlich. Obwohl ich's noch gut vertragen habe, waren die Nebenwirkungen erheblich, sind aber nach Ende des ersten Zyklus wieder weggegangen.

Frage: Wie geht es dir momentan?

Peter: Sehr gut! Gesundheitlich, privat und beruflich. Seit einem Jahr denke ich, dass HIV eigentlich keine Krankheit ist, sondern wie ein Herpesvirus, der im Körper ist, aber nicht zum Ausbruch kommt.

Frage: Was ist das Schlimmste an Aids?

Peter: Zum einen das Ungewisse, ob und wann es ausbricht. Zum andern hat sich beim Sex viel verändert, ich habe nicht mehr richtig Lust auf Sex. Statt Lust immer nur an "safe" zu denken und Kondome sind für mich das Schlimmste, was es gibt. Außerdem habe ich Angst, es könnte doch mal eines platzen oder reißen und dann könnte ich den Virus weitergeben. Dadurch wird die Beziehung sehr belastet.

Frage: Was ist deine Schlussbotschaft an den Leser?

Peter: Wichtig ist, nach vorne zu gucken, Gleichgesinnte zu suchen und darüber zu reden. Ich weiß nur eines: Ich kann seitdem positiv denken.

*Name geändert
Mit Peter sprach Ines Richter-Schulz, Mitarbeiterin der Aids-Beratungsstelle Unterfranken

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Das Schwerpunktthema für Dezember 2010

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Text: Ines Richter-Schulz
In: Pfarrbriefservice.de