Gott ist Gemeinschaft

In dieser Woche habe ich mit Studenten über das Geheimnis des dreifaltigen Gottes nachgedacht. In meinem Studium haben wir die Trinitätslehre humorvoll "Dreifaltigkeitsgeometrie" genannt und überlegt, wie Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist in Verbindung stehen.

Gott dreifach und doch einer. Der Personenbegriff spielte eine entscheidende Rolle.

Ein Student fragte: Ob die göttlichen Personen zueinander Du oder Sie sagen!? Dabei war die Frage gar nicht so absurd, weil sie nämlich auf den Kern zielt: auf Beziehung.

Dreifaltigkeit heißt knapp zusammengefasst: Gott ist in sich Gemeinschaft, kein einsamer Monarch, kein himmlischer Supervater, kein Absolutum, sondern Gemeinschaft von Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Und diese Gemeinschaft ist offen für jeden, der am Gespräch teilnehmen will. Wenn ich mit Gott rede (bete), trete ich ein.

Lassen Sie mich noch einen Moment beim Wesen der Dreifaltigkeit bleiben! […] Gott ist die Liebe. Die Liebe braucht den Partner. Das heißt: In Gott gibt es ein Ich und Du, Vater und Sohn. Liebe ist nicht nur zwischen Ich und Du. Liebe zwischen zwei teilt sich mit, lässt andere daran teilhaben. In Gott ist das der Heilige Geist. In der Familie kann es die Hinwendung der beiden Partner zu Gott sein, zum Kind, zur gemeinsamen Arbeit.

Vom dreifaltigen Gott lernen wir, was Liebe ist, göttliche Liebe.

Und ein zweiter Aspekt.

Dreifaltigkeit bedeutet: Einheit und Vielfalt sind gleich wesentlich. Das bedeutet für uns etwas provozierend formuliert: Der Andere gehört zu meiner Identität.

Ich werde nicht Ich selbst, indem ich mich von ihm absetze, sondern mit ihm in Beziehung trete. Ich darf also die Andersartigkeit des Anderen nicht beseitigen oder mir angleichen. Meine persönliche Reife finde ich nur, wenn ich mich auf den anderen einlasse. Er bleibt immer der Andere, den ich als solchen anerkennen und gelten lassen muss. In menschlichen Beziehungen wachsen wir aneinander. Es ist ein Geben und Nehmen, Schenken und Beschenkt werden.

Wenn wir nicht aneinander wachsen, zerstören wir die Beziehung. Nur wenn ich die Andersartigkeit des Anderen anerkenne, gelangen wir zur Wahrheit - gemeinsam. Wahrheit geschieht im Dialog und nicht im Machtkampf. […]

Im Dialog geht es um Anerkennung der Differenzen, der Vielfalt. Im letzten aber geht es um das Geheimnis der Liebe Gottes zu uns Menschen. Dieses Geheimnis gilt es zu entdecken.

Wir Menschen haben Beziehungen.

Gott ist Beziehung.

Und wo Beziehung ist, da ist Leben, da ist Wandel, da verändert sich etwas.

Ich finde es spannend, an den dreifaltigen Gott zu glauben, der für mich Geheimnis ist und bleibt, bis wir ihn schauen von Angesicht zu Angesicht.

Pfarrer Josef Ernst (Münster/Westfalen), http://www.predigten.de  

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Das Schwerpunktthema für Juni 2012

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Text: Pfarrer Josef Ernst
In: Pfarrbriefservice.de