Die Kirche und ihre Verantwortung für die Schöpfung - Ein Überblick

Die Sorge um das Heil des Menschen und damit auch um die sozialen Bedingungen, unter denen der Mensch lebt, steht im Mittelpunkt kirchlichen Wirkens in der Welt. Daraus ergibt sich ein gesellschaftspolitischer Auftrag der Kirche, zu dem auch das Handeln für die Zukunft der Schöpfung gehört.

Schon in der Bibel erhält der Mensch den Auftrag Gottes, die Erde zu bebauen und zu behüten (Gen 2,15). Daher sind Christen für die Schöpfung verantwortlich und die Schöpfungsverantwortung ist Ausdruck ihres Glaubens an Gott, den Schöpfer. Sie betrachten die Umwelt als ein Geschenk Gottes – ein Geschenk, das nicht konsumiert, ausgebeutet und zerstört werden darf, sondern für nachfolgende Generationen erhalten werden muss.

Papst Benedikt XVI. mahnte in seiner Weltfriedensbotschaft 2010 einen sorgsamen Umgang mit der Schöpfung ebenso deutlich an wie sein Vorgänger Papst Johannes Paul II. In Deutschland äußern sich die Bischöfe und zuständigen Kommissionen der Deutschen Bischofskonferenz seit rund dreißig Jahren immer wieder zur Schöpfungsverantwortung. Dabei geht es um Arten-, Tier- und Klimaschutz, aber auch um eine ethische Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Energieformen. Dabei geht die kirchliche Argumentation über nationale und zeitliche Grenzen hinaus und betont, wie wichtig das Leitbild der Nachhaltigkeit für den weltweiten Schutz der Schöpfung und für das Leben der nachfolgenden Generationen ist.

Kirche aktiv für die Umwelt

Innerhalb der Kirche engagieren sich ganz unterschiedliche Akteure – Diözesen, Pfarrgemeinden, Verbände, kirchliche Hilfswerke und katholische Akademien – für den Umwelt- und Klimaschutz. Einen wichtigen Beitrag zur Schöpfungsverantwortung leisten auch die Ordensgemeinschaften. Das klösterliche Leben schließt eine nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsweise ein und gibt damit ein gutes Beispiel für weite Bereiche des kirchlichen und gesellschaftlichen Umweltengagements.

Eine besondere Stütze kirchlicher Umweltarbeit sind die Umweltbeauftragten in den (Erz-) Diözesen. Sie fördern das Verantwortungsbewusstsein für Umwelt und Natur, bieten Fortbildungen zum Umweltmanagement für kirchliche Mitarbeiter an und leisten eine wertvolle Beratungsarbeit in den Bistümern. In den vergangenen Jahren haben sie zahlreiche Klimaschutzmaßnahmen initiiert, die zu einer Reduktion des CO2-Ausstoßes und des Energieverbrauchs in kirchlichen Einrichtungen beigetragen haben.

Einige Umweltbeauftragte waren auch mit ihren evangelischen Kollegen an dem erfolgreichen Projekt „Zukunft einkaufen“ beteiligt, das die systematische Umstellung auf ökofairen Konsum in kirchlichen Einrichtungen fördert. In einigen Diözesen werden inzwischen kirchliche landwirtschaftliche Flächen nur unter der Voraussetzung einer umweltschonenden und naturgerechten Bewirtschaftung verpachtet. Zum Teil schließen die Pachtverträge auch den Einsatz gentechnisch veränderten Saatgutes aus. Manche Diözesen haben außerdem einen Umweltpreis ausgelobt und wecken durch Bildungsarbeit ein Bewusstsein für die Bedeutung der Schöpfungsverantwortung.

Schöpfungsverantwortung in ökumenischer Perspektive

Schöpfungsverantwortung ist auch ein wichtiges Thema für die Ökumene. Zahlreiche Projekte werden ökumenisch durchgeführt. Eine neue Initiative ist der ökumenische Tag der Schöpfung, der beim 2. Ökumenischen Kirchentag im Mai 2010 in München durch die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) ausgerufen wurde. Dieser Tag wird nun jährlich am ersten Freitag im September mit einer bundesweiten Feier begangen. Je nach Region kann der Tag auch an einem Termin zwischen dem 1. September und dem 4. Oktober gefeiert werden.

Schöpfungsverantwortung in globaler Perspektive

Die Kirche als eine der ältesten weltweit vernetzten Institutionen ist sich bewusst, dass Verantwortung für die Schöpfung alle angeht – innerhalb und außerhalb der Kirche. Die nationale und internationale Politik, die Wirtschaft, die Wissenschaft, die Zivilgesellschaft und jeder Einzelne sollte sich demnach für den Erhalt der Schöpfung einsetzen und dabei auch immer die globalen Auswirkungen des eigenen Handelns bedenken. Die Schöpfung gehört der ganzen Menschheit; sie ist ein allgemeines Gut. Deshalb müssen Umwelt- und Klimaschutz national und global organisiert und aufeinander abgestimmt werden. Das katholische Hilfswerk Misereor oder die Kommission Justitia et Pax tragen mit ihrer Arbeit auch zur Sensibilisierung für diesen wichtigen Aspekt bei.

Mit wachem Blick die Zukunft der Schöpfung gestalten

Ein „Weiter so“ im Umgang mit der Schöpfung trägt nicht über den Tag hinaus. Die wissenschaftliche Disziplin der Umweltethik, die grundlegend ist für die kirchliche Sicht auf die Schöpfungsverantwortung, steht daher vor der Aufgabe, immer wieder zu verdeutlichen, wie die Schöpfungsverantwortung etwa bei der Agro-Gentechnik, in der Landwirtschaft, beim Umgang mit Biopatenten oder den erneuerbaren Energien verwirklicht werden kann.

Ein Dialog zwischen Kirche, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft kann zur Lösung der anstehenden ökologischen Herausforderungen beitragen und den Blick auf Solidarität, Gemeinwohl und Gerechtigkeit als ethische Urteilskriterien schärfen. Die Zukunft der Schöpfung und damit auch des Menschen liegt letztlich in den Händen Gottes. Dies entbindet den Menschen jedoch nicht von seiner Verantwortung für sich selbst, seine Mitmenschen und die Umwelt.

Brigitte Haneder, www.katholisch.de  

Zur Autorin

Brigitte Haneder war Referentin für gesellschaftspolitische Grundsatzfragen im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz und arbeitete als Geschäftsführerin der Arbeitsgruppe für ökologische Fragen der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen (VI) der Deutschen Bischofskonferenz. Gegenwärtig ist sie in der Erwachsenenbildung tätig und promoviert in Christlicher Sozialethik.

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Das Schwerpunktthema für August 2011

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Text: Brigitte Haneder
In: Pfarrbriefservice.de