Die Folgen von sexueller Gewalt

Sexuellen Missbrauch erleben Mädchen und Jungen als ein extremes, überflutendes Ereignis, dem sie nicht ausweichen können. Fachleute sprechen hier von einem Trauma, einer seelischen Verletzung. Es ist mit Gefühlen der Angst, Erregung, Hilflosigkeit und eventuell auch mit heftigen körperlichen Schmerzen verbunden. Gleichermaßen belastend ist das Miterleben sexueller Gewalt, die gegen eine andere Person gerichtet ist, zum Beispiel für Kinder, die den Missbrauch ihrer Geschwister miterleben. Durch diese existenzielle Bedrohung erleben viele Opfer einen Zusammenbruch jeder Abwehrmöglichkeit. Sie wissen nicht, was sie tun sollen und können das Geschehen nicht in bekannte Erfahrungen einordnen. Vor allem für sehr junge Opfer sexueller Gewalt ist es kaum möglich, das Geschehen zu begreifen. Ihnen fehlen die Sprache oder die entsprechenden Worte, um die Gewalterfahrungen zu benennen. …

Bruchstückhafte Erinnerung

Sexueller Missbrauch wird von Mädchen und Jungen wie ein sich ständig wiederholender schwerer Unfall erlebt, an den sie sich oftmals überhaupt nicht mehr oder nur bruchstückhaft erinnern können. Einem Kind fällt zum Beispiel nur noch ein, dass es mehrfach mit dem Täter gespielt hat. Doch was sonst passiert ist, hat das Kind vergessen. …

Überfallartige „Erinnerungsblitze“

Mädchen und Jungen können die sexuellen Gewalterfahrungen allein nicht verarbeiten. Erinnerungen daran überfluten das Opfer unkontrollierbar in Form von „Erinnerungsblitzen und -filmen“ (sie erleben das Geschehen noch einmal, als ob ein Film vor ihrem inneren Auge abläuft), Albträumen oder Körpererinnerungen (ihr Körper fühlt sich an, als ob sie den Missbrauch nochmals erleben: Ekel, Schmerzen, Starre etc.), häufig ohne dass diese entziffert werden können oder die Betroffenen wissen, weshalb sie so reagieren.

Psychosomatische Beschwerden

Viele sexuell missbrauchte Mädchen und Jungen leiden unter psychosomatischen Beschwerden, Ängsten und starken Stimmungsschwankungen. Sie werden häufig in ganz alltäglichen Situationen plötzlich von Gefühlen „überflutet“: Von einem Augenblick zum anderen sind sie ohne ersichtlichen Anlass ängstlich, traurig, wütend oder sie schämen sich.

Typisches Folgeverhalten von Mädchen und Jungen ist ebenso das Vermeiden von Aktivitäten oder Situationen, die Erinnerungen an die sexuellen Gewalterfahrungen hervorrufen. Ebenso leiden viele betroffene Mädchen und Jungen unter Ein- oder Durchschlafproblemen, Konzentrationsstörungen, chronischer Erschöpfung, extremer Müdigkeit, einer übertriebenen Wachsamkeit, Schreckreaktionen, Reizbarkeit und Weinkrämpfen oder Wutausbrüchen, deren Heftigkeit nicht im Verhältnis zu der vermeintlichen Geringfügigkeit des Anlasses steht. …

Wachsam sein

Kinder bringen ihre Gewalterfahrungen auf sehr unterschiedliche Art und Weise zum Ausdruck. … Rund 40 Prozent der sexuell missbrauchten Kinder zeigen zudem in ihrem Verhalten keine Auffälligkeiten. Bei den anderen ist die Ursache der Verhaltensauffälligkeiten nicht immer leicht für die Umwelt zu erkennen, denn viele der Signale können, müssen aber nicht sexuelle Gewalterfahrungen zur Ursache haben. Sie können auch auf andere Belastungen des Kindes hinweisen, beispielsweise auf andere körperliche Gewalterfahrungen oder familiäre Belastungen. Wichtig jedoch bleibt der Versuch, die Sprache des jeweiligen Kindes zu verstehen und Mitteilungsversuche nicht einfach zu ignorieren.

aus: „Mutig fragen – besonnen handeln. Informationen für Mütter und Väter zum sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen“, Broschüre des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2004.

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Das Schwerpunktthema für Juli 2009

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Text: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
In: Pfarrbriefservice.de