Teilen, nicht töten

Unbequeme Worte zu einer Wirtschaft, die aus den Fugen geraten ist

Was bleibt wichtig, was kann weg? Das sind für mich entscheidende Fragen, wenn ich „zwischen den Jahren“ vor meinem Zettelkasten sitze. Übers Jahr hat sich da eine Menge Papier angesammelt. Da sind die Artikel über Ebola, den Konflikt in der Ukraine, über Terrorakte oder die Auseinandersetzungen im Nordirak und in Syrien. Außerdem  Zeitungsausschnitte zum Tod von Karlheinz Böhm, zu den Schicksalen von Flüchtlingen und mit Ansprachen von Papst Franziskus. Da ich „Sammler und Jäger“ bin, fällt es mir nicht leicht, Artikel wegzuwerfen. Aber zum Glück ist der Platz begrenzt und ich muss mich entscheiden.

Zu den Artikeln, die ich neben anderen aufheben werde, gehören die mit den unbequemen Worten von Papst Franziskus zu einer Wirtschaft, die aus den Fugen geraten ist und Menschen tötet. Für den Papst ist es unglaublich, dass es kein Aufsehen erregt, wenn ein alter Mann, der auf der Straße lebt, erfriert, während ein Minus von 0,5 Prozentpunkten an der Börse Schlagzeilen macht.

Der Jesuitenpater Friedhelm Hengsbach greift die scharfe Kritik des Papstes auf. In seinem Buch „Teilen, nicht töten“, beginnt er die Diskussion mit einem entwaffnenden Wort aus dem Lukas-Evangelium: „Die Wolken am Himmel und die Richtung des Windes könnt ihr deuten. Warum nicht die Zeichen dieser Zeit?“ (Lk 12, 56)

Das verweigerte Teilen

Solch ein Zeichen ist für den Sozialethiker das verweigerte Teilen. „An der Peripherie einer Welt des Wohlstandes entlädt sich eine Gewalt, die mit Waffen wütet, die im Zentrum hergestellt und für das Töten geliefert werden. Sie treibt zahllose Menschen in eine ausweglose Flucht vor Verfolgung und Entbehrung bis an die Grenzen und in die Vorhöfe des Zentrums.“ Aber es gibt auch ein anderes Zeichen: „Immer mehr Menschen zweifeln an der Überzeugungskraft jener Denkströmung, in der es angeblich nur darauf ankomme, dass die einzelnen im Wettbewerb gegeneinander den eigenen Vorteil suchen, während der Markt es schon richten werde, dass der erzeugte Wohlstand auf alle verteilt wird.“

Diese Einsicht  ist ein Hoffnungsschimmer für den Ordensmann, der sich auch nicht damit abfinden will, wie das weltanschaulich neutrale System Wirtschaft Menschen beurteilt: Es gibt nur zwei Kriterien: kreditwürdig oder nicht kreditwürdig. Der Mensch muss sich rechtfertigen vor dem Geld. Vor diesem von ihm gemachten „Gott“, diesem Götzen sind nicht alle Menschen gleich. Dieser „Gott“  ist in der Hand der Mächtigen.

Von unten her denken

Für Friedhelm Hengsbach haben jedoch alle Menschen die gleiche Würde. Und „jeder hat das Recht, auf der Erde das zu finden, was er nötig hat.“ Darum plädiert er in seinem Buch: „Gesellschaftliche Verhältnisse müssen vor denen gerechtfertigt werden, die am wenigsten begünstigt sind.“ Das aber heißt umdenken – von unten her denken - so wie Jesus. Er hat die Geringsten in den Mittelpunkt gestellt und dazu aufgefordert, mit ihnen zu teilen.

Andreas Brauns
Quelle: Katholische Hörfunkarbeit für Deutschlandradio und Deutsche Welle, Bonn, www.katholische-hörfunkarbeit.de, In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Andreas Brauns
In: Pfarrbriefservice.de