Reisetipp – Wie wäre es mit einem Freiwilligendienst in einem Workcamp?

Ein Interview mit Ulla Bolder-Jansen

Einmal ganz andere Ferien verbringen? Sich im Urlaub für den Frieden einsetzen. Für soziale Projekte. Für Umwelt- und Klimaschutz. Das ist möglich. In sogenannten Workcamps. Angeboten werden sie von der gemeinnützigen, internationalen Organisation „Service Civil International“ (SCI). Ob das etwas für Sie ist? Ulla Bolder-Jansen hilft Ihnen, es herauszufinden. 

Ein Workcamp - Was ist das denn?

Ulla Bolder-Jansen: In einem Workcamp engagieren Sie sich in einer internationalen Gruppe für ein gemeinnütziges Projekt und arbeiten vier bis sechs Stunden pro Werktag. Meistens sind in einer Gruppe 10 bis 20 Freiwillige aus verschiedenen Ländern.

Was ist der große Vorteil davon, dass meine Gruppe international ist?

Der Ursprungsgedanke der Workcamps ist, Kriege vermeiden zu können, indem die Menschen in Kontakt miteinander kommen, sich deutlicher wahrnehmen und Zeichen setzen. Durch dieses zusammen Leben, Arbeiten, Diskutieren, Kochen, Spielen und Feiern sollen sie Stereotypen und Vorurteile in Frage stellen können, die inneren Bilder, die sie mitbringen korrigieren und eine neue Qualität an Beziehung aufbauen.

Was ist das Besondere an den Camps des SCI?

SCI heißt „Service Civil International“. Wir sind eine der ältesten internationalen Friedens- und Freiwilligenorganisationen, die im nächsten Jahr 100 Jahre alt wird. Der SCI ist eine Art Familie mit einem internationalen Vermittlungsnetzwerk und gemeinsamen Werten und Zielen. In über 40 Ländern gibt es SCI-Zweige und in den übrigen Ländern arbeiten wir mit Partnerorganisationen zusammen. Bei uns geht es um die Begegnung von Menschen aus verschiedenen Ländern, die zeigen, dass zusammen arbeiten und leben möglich ist und die ihre Konflikte gewaltfrei austragen.

Das hört sich interessant an. Ich würde gerne einen Friedensdienst in meinem Urlaub machen. Ist das möglich?

Ja, die Workcamps dauern zwei bis vier Wochen.

Und was kostet das?

Es wird eine kleine Vermittlungsgebühr fällig. Die Fahrtkosten übernehmen Sie selbst. Verpflegung und Unterkunft sind kostenlos.

Welche Projekte gibt es denn?

Es gibt den Projektbereich Antifaschismus-Antirassismus, Arbeit in KZ-Gedenkstätten, Friedensarbeit, soziale Projekte mit Kindern, mit Menschen mit Behinderung oder alten Menschen. Wir haben auch einen großen Bereich Ökologie und Klimaschutz. Außerdem gibt es kulturelle Projekte und Gemeinschaftsprojekte.

Die Arbeit in KZ-Gedenkstätten interessiert mich sehr. Welche Aufgaben kommen auf mich zu?

Wir arbeiten zum Beispiel mit den großen KZ-Gedenkstätten in Ravensbrück, Buchenwald, Neuengamme oder Dachau zusammen. Sie arbeiten mit Ihrer Gruppe im Archiv und übersetzen Texte. Oder Sie jäten Unkraut im Gelände, graben Fundstücke aus oder machen Freilegungsarbeiten.

Das ist genau das Richtige für mich. Wie kann ich mich anmelden?

Sie schauen sich auf unserer Internetseite die internationale Workcamp-Datenbank an und bekommen im Zeitraum, den Sie ausgewählt haben, alle Workcamps angezeigt, die weltweit angeboten werden. Wir versuchen Sie in das Projekt zu vermitteln, das Sie interessiert. Sie bekommen von uns ein Infosheet mit allen notwendigen Infos.

Muss ich etwas mitbringen?

Wir gehen davon aus, dass die Menschen, die zu uns kommen, Gedanken, Erfahrungen, Ideen und Wissen mitbringen. Das Workcamp soll daher ein Ort des Teilens sein. An dem Menschen ihre Kompetenzen einbringen können und sich trauen, sich zu öffnen. Umso stärker ein Gemeinschaftsgedanke erfüllt wird und ein Ort des Vertrauens da ist, umso mehr sind die Teilnehmenden bereit, sich einzubringen.

Wie sieht mein Alltag vor Ort aus?

Sie wohnen mit Ihrer Gruppe in einer gemeinsamen Unterkunft. Die ist oft einfach gehalten, kein Einbettzimmer im 3-Sterne-Hotel. Sie organisieren Ihr Leben unter nachhaltigen Aspekten selbst. Das heißt, sie kaufen zusammen ein, essen, kochen, putzen und arbeiten. Es gibt Campleiter, die Ansprechpersonen für die Teilnehmenden sind. Sie heißen die Menschen willkommen und leiten die Gruppe zur Selbstorganisation an.

Ich arbeite rund sechs Stunden pro Werktag. Lerne ich auch etwas über das Projekt?

In unseren Workcamps gibt es den sogenannten „Study-Part“. Für uns ist es wichtig, dass die Leute mit den Anliegen des Projektpartners vor Ort und mit den gesellschaftlichen Themen vertraut werden. Dass sie Informationen und Wissen erlangen und so ins Gespräch kommen. Wir wollen neue Impulse setzten und im Workcamp einen kleinen Globus abbilden, auf dem sich Menschen konkret miteinander auseinandersetzen und eine bessere Welt schaffen.

Wie sieht so ein Study-Part aus, wenn ich einen Freiwilligendienst in einer KZ-Gedenkstätte mache?

Dort gibt es Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die der Gruppe Führungen und Wissensvermittlung anbieten können. Oder sie halten einen Vortrag, weil sie im Archiv arbeiten und viele Details erzählen können.

Warum sollte ich mich in meinem Urlaub ausgerechnet für ein Workcamp entscheiden?

Das Workcamp ist etwas für Sie, wenn Sie Lust auf eine internationale Gruppe haben. Wenn Sie Kontakte knüpfen oder tiefe Freundschaften schließen möchten. Wenn Sie das Bedürfnis haben mit anzupacken. Oder, wenn Sie einen eigenen Beitrag zu einer besseren Welt leisten möchten. Bei einem Workcamp haben Sie die Gelegenheit, eine ganz neue Urlaubsqualität zu erleben. Denn Ihr Projektpartner arbeitet und lebt mit seinem Umfeld unter realen Bedingungen und bietet Ihnen eine Normalität mit all ihren Problemen und Komplexitäten an. In dem Sie mitarbeiten, lernen Sie das Land viel besser kennen. Sie haben die Gelegenheit so nah dran zu sein, wie Sie es nie zuvor waren.

Weiter Informationen erhalten Sie unter: https://www.sci-d.de/

von: Ronja Goj, In: Pfarrbriefservice.de

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Das Schwerpunktthema für Juli und August 2019

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Text: Ronja Goj
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