„Prüft alles, und behaltet das Gute!“

Ein Gespräch mit Michael Pflaum über sein Buch „Exerzitien der Nächstenliebe“

Herr Pflaum, wie sind Sie selbst denn zur Gewaltfreien Kommunikation (GFK) gekommen?

Michael Pflaum: Durch einen Zufall, ich glaube, ich hatte einen Flyer eines Buchverlags, der viele GFK-Bücher im Programm hat. Da habe ich mir das Buch von Rosenberg gekauft, weil ich mich schon immer für viele psychologische Dinge interessiere.

Vermutlich das Buch „Gewaltfreie Kommunikation – eine Sprache des Lebens“ von Marshall B. Rosenberg?

Michael Pflaum: Genau, das habe ich gelesen und fand es richtig klasse. Und dann habe ich einfach mehrere Sachen gekauft. Also es war wirklich über einen Flyer (lacht). Den Hinweis auf Byron Katie „The Work“ habe ich in einem anderen Buch entdeckt. Und Naikan, das haben Freunde mir empfohlen. Also, es ist manchmal ganz unterschiedlich, wo man Dinge herbekommt.

Wie kam die Idee, in Ihrem Buch „Exerzitien der Nächstenliebe“ die drei Übungswege GFK, The Work und Naikan zu kombinieren?

Michael Pflaum: Die Idee ist entstanden zwischen Burg Katz und Burg Maus auf dem Rheinsteig (lacht) beim Wandern. Da sind mehrere Sachen zusammen gekommen. Einerseits beobachtete ich immer wieder Leute, die viele Exerzitien machen, aber die trotzdem im zwischenmenschlichen Bereich regelmäßig eher konfliktreich unterwegs sind. Wo man gerade als Außenstehender sagt, da können nicht immer nur die anderen Schuld sein. Da fragte ich mich, woran liegt das? Franz Jalics hat gesagt, wir können leicht der Illusion erliegen, unsere Beziehung zu Gott sei sehr gut, und dann verdrängen wir oder teilen es sozusagen ab, dass viele unserer Beziehungen zu den Mitmenschen problematisch sind. Aber diese Beziehungen hängen eben zusammen. Daher: Vielleicht brauchen wir nicht nur Exerzitien, die sich auf die Gottesbeziehung konzentrieren, sondern auch Exerzitien, die sich um die Beziehung zum Nächsten kümmern. Ich hatte ja diese drei Übungswege studiert und dann kam mir der Gedanke: „Ergeben nicht diese drei, gerade in ihrer jeweiligen Besonderheit kombiniert, Exerzitien der Nächstenliebe?“. Da war die Idee geboren, sozusagen als Pendant zu den klassischen Exerzitien in Bezug auf die Gottesliebe.

Kontemplative Exerzitien können etwas ganz Wunderbares sein – in die Nähe zu Gott zu kommen und auch in den Dialog mit ihm. Aber ich kann das bestätigen: Es muss sich nicht unbedingt auf den ganzen Alltag auswirken, speziell, was die Beziehung zu meinen Mitmenschen angeht.

Michael Pflaum: Genau, und da ist das, was Franz Jalics sagt, ein bisschen zu vereinfachend: Wenn die Beziehung zu Gott im Gebet sich verbessert, würde sich automatisch auch die Beziehung zum Nächsten verbessern. Natürlich gehören die Beziehungen zusammen, also die Beziehung zu Gott und zum Nächsten. Aber es sind trotzdem unterschiedliche Ebenen. Es lohnt sich einfach, auf jeder Ebene zu üben.

Bei Exerzitien denkt man ja nicht zuallererst an GFK …

Wenn man die Geschichte der Übungen betrachtet, die in den Exerzitien praktiziert werden, stellt man fest, dass die christlichen Exerzitien viele Übungen der stoischen Philosophie aufgegriffen haben, zum Beispiel die Gewissenforschung. Es ist also interessant zu sehen, woher auch unsere „klassischen“ Exerzitien kommen. Diese Übungen sind eigentlich ein Synkretismus*, ein guter Synkretismus, das heißt wir nehmen da etwas auf und stehen damit in der paulinischen Tradition: „Prüft alles, und behaltet das Gute!“. Das habe ich in „Exerzitien der Nächstenliebe“ mit GFK, Naikan und The Work versucht.

Vielen Dank, Herr Pflaum für dieses Gespräch!

Michael Pflaum: Sehr gerne.

* Synkretismus wird hier verstanden als die Synthese von Ideen, Übungen, Traditionen zu etwas Neuem (Anm. d. Verf.)

Interview: Christian Schmitt, In: Pfarrbriefservice.de

Weitere Materialien

Einführung und Einübung in Gewaltfreie Kommunikation, Naikan und The Work im Licht der Ethik Jesu

von

Christian Schmitt

„Exerzitien der Nächstenliebe“ hat mich in mehrerer Hinsicht neugierig gemacht. Erstens wurde das Buch von einem katholischen Priester geschrieben. Zweitens ist es als Begleiter für persönliche Exerzitien im Alltag konzipiert.

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Text: Christian Schmitt
In: Pfarrbriefservice.de