Mobbing-Phasen

Die Erfahrung zeigt: Mobbing läuft in der Regel in mehreren aufeinanderfolgenden Phasen ab, wobei nicht alle Mobbingfälle alle Phasen durchlaufen müssen, d.h. es können auch einzelne Phasen übersprungen werden bzw. es kann auch frühzeitig gelingen, das Mobbing z. B. durch ein klärendes Gespräch zu stoppen.

Das folgende Modell beschreibt den „klassischen“ Mobbingverlauf, der von Anfang bis Ende vier Phasen durchläuft.

Phase 1: Ungelöster Konflikt

Ein Konflikt steht im Raum und bleibt ungelöst. Es kommt zu ersten Schuldzuweisungen und vereinzelten persönlichen Angriffen.

Phase 2: Der Psychoterror beginnt

Es kommt Bewegung in die Sache. Der eigentliche Konflikt gerät in den Hintergrund, während die betroffene Person immer häufiger zur Zielscheibe systematischer Schikanen wird. Damit einhergehen ein Verlust des Selbstwertgefühls sowie Isolation und Ausgrenzung.

Phase 3: Arbeitsrechtliche Sanktionen

Die ganze Sache eskaliert. Die gemobbte Person ist stark verunsichert, kann sich nicht mehr konzentrieren, macht Fehler – sie gilt zunehmend als „problematisch“. Die Folgen: arbeitsrechtliche Sanktionen wie Abmahnung, Versetzung, Androhung der Kündigung.

Phase 4: Der Ausschluss

Das Ziel der Mobber ist erreicht: Die betroffene Person kündigt oder ihr wird gekündigt bzw. sie willigt in einen Auflösungsvertrag ein.

Mobbing erkennen ist am Anfang gar nicht so einfach. Rund ein Viertel der Mobbingopfer können im Nachhinein nicht einmal mehr sagen, wann der Terror eigentlich angefangen hat – sie haben es am Anfang schlicht nicht bemerkt. Eigentlich kein Wunder, schließlich geschieht vieles zunächst hinter ihrem Rücken. Da werden Gerüchte und Unwahrheiten gestreut, da wird „vergessen“, einen Mitarbeiter zu einer Arbeitssitzung einzuladen, da wird für das Geburtstagspräsent des Chefs gesammelt, ohne dass eine bestimmte Mitarbeiterin davon etwas mitbekommt, oder es werden Witze auf Kosten des Auszubildenden gemacht usw.

Jedes solcher Vorkommnisse für sich allein genommen kann durchaus auf Zufall beruhen. Und viele Mobbingopfer reden sich auch lange – oft zu lange – ein, dass diese Dinge zufällig passiert sind. Schließlich sind sie sich keiner Schuld bewusst, erledigen ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen, grüßen bei Arbeitsbeginn die Kollegen mit einem freundlichen „Guten Morgen“ und vergessen am Mittag auch das obligatorische „Mahlzeit“ nicht.

Gut, da war mal ein bisschen Theater mit Kollege XX oder Kollegin XY, aber das liegt schon lange zurück und hat mit den unglücklichen Zufällen sicher nichts zu tun…

Wenn der Zufall allerdings immer die gleiche Person benachteiligt, wenn für die Witze immer derselbe die Zeche zahlen muss, wenn immer eine bestimmte Mitarbeiterin „schlecht aussieht“, ist es nicht unwahrscheinlich, dass eine Kollegin oder ein Kollege hinter den Attacken steckt.

Was zu Anfang für die Betroffenen noch möglich war – das Mobbing einfach zu ignorieren – ist im fortgeschrittenen Stadium kaum noch möglich. Die Attacken werden heftiger und systematischer. Zudem hat der Mobber bzw. die Mobberin inzwischen andere „infiziert“, die sich nun ebenfalls am Mobbing beteiligen, sodass das Opfer einer unsichtbaren Mauer aus Missgunst und Feindseligkeiten gegenübersteht. Und diese Mauer wird immer höher und unüberwindlicher.

Grundsätzlich gilt: Je länger der Mobbingprozess andauert, umso mehr Personen fühlen sich berufen, mitzutun. Diese Erfahrung machten jedenfalls rund drei Viertel der Mobbingbetroffenen – Grund genug, das Mobbing möglichst im Ansatz zu ersticken. Denn rollt die Schlammlawine erst einmal, ist sie nur noch schwer zu stoppen.

In der Praxis scheint dies allerdings derzeit nicht gut zu funktionieren. Annähernd 90 Prozent der Mobbingopfer erleben und erleiden diesen offenen, massiven Psychoterror, der nicht folgenlos bleibt: Das Opfer zieht sich zurück, wird unsicher und macht stressbedingt Fehler.

Auch das bleibt auf Dauer nicht folgenlos, der Vorgesetzte bzw. die Personalleitung wird auf die Fehlleistungen des Mobbingbetroffenen aufmerksam und schreitet ein. Leider oft nicht, um dem Opfer beizustehen und die Übeltäter zur Rede zu stellen. Im Gegenteil: In 60 Prozent aller Mobbingfälle wird das Opfer mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie Abmahnung, Versetzung oder Kündigungsdrohung überzogen – schließlich gilt der Gemobbte im Betrieb mittlerweile als problematischer und unzuverlässiger Mitarbeiter – eben als ein Querulant und Störenfried, der das Betriebsklima gefährdet…

So „angezählt“ ist es dann nicht mehr weit bis zum Ausschluss: Der oder die Gemobbte geht oder „wird gegangen“. Dabei ist für einige der Verlust ihres Arbeitsplatzes zugleich auch der Abschied von der Arbeitswelt überhaupt: Zermürbt, psychisch und physisch angegriffen, oft an psychosomatischen Erkrankungen leidend, steht am Ende eines jahrelangen Mobbingterrors die Berufs- bzw. Arbeitsunfähigkeit.

Quelle: Broschüre „Wenn aus Kollegen Feinde werden … Der Ratgeber zum Umgang mit Mobbing“, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 6. Auflage. Dortmund: 2010. http://www.baua.de/de/Publikationen/Broschueren/A12.html  

Verknüpft mit:

Das Schwerpunktthema für Juli 2012

Vor dem Herunterladen:

Datei-Info:
Dateiformat: .doc
Dateigröße: 0,03 MB

Sie dürfen den Text NICHT in sozialen Medien nutzen (z.B. Facebook, Twitter, Instagram, YouTube, etc.)

Beispiel für den Urhebernachweis, den Sie führen müssen, wenn Sie den Text nutzen

Text: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
In: Pfarrbriefservice.de