Im Himmel verzeichnet

„Geburtstag hat jede Kuh“, sagen manche Katholiken und feiern lieber ihren Namenstag. Bei Jüngeren gerät dieser Brauch immer mehr in Vergessenheit. Thomas Bastar, Journalist aus Hamburg, geht seinen Ursprüngen und seiner spirituellen Bedeutung nach.

Als Kind fand ich meinen Vornamen langweilig. Allein in meiner Grundschulklasse trafen sich vier Thomasse. Nie wusste ich, ob ich gemeint war, wenn jemand meinen Namen rief. Schätzen lernte ich ihn erst, als ich begann, mich mit meinem Namenspatron zu beschäftigten – mit dem Apostel Thomas, der die Auferstehung Jesu erst nicht glauben will, dann aber als einziger der Jünger ein offenes Gottesbekenntnis ablegt („Mein Herr und mein Gott“). Sowohl seinen kritischen Geist wie seine Glaubensstärke kann ich mir zum Vorbild nehmen.

Ist es egal, wie einer heißt? Oder verbindet uns etwas mit unserem Namen?

Beim Namen gerufen

Goethe schrieb: „Der Eigenname eines Menschen ist nicht etwa wie ein Mantel, der bloß um ihn her hängt, (…) sondern ein vollkommen passendes Kleid, ja wie die Haut selbst ihm über und über angewachsen, an der man nicht schaben und schinden darf, ohne ihn selbst zu verletzen.“

Tatsächlich: Der Name sitzt wie angegossen. Wenn wir glauben, dass unser Leben in Gottes Hand steht, wieso dann nicht auch unser Name? Jesus selbst rät seinen Jüngern, sich darüber zu freuen, „dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind“. Er nennt sich selbst den guten Hirten, der seine Schafe einzeln beim Namen ruft.

Der Name jedes Menschen ist heilig

Der Name jedes Menschen ist heilig, heißt es im Katechismus der katholischen Kirche, denn jeder ist von Gott bei seinem Namen gerufen. Das zu glauben mag schwer fallen bei Namen wie Pumuckl und Rasputin, Pepsi-Carola und Solarfried – so nennen manche deutsche Eltern tatsächlich ihre Kinder. Aber auch wenn Gott bei Ikea, Caramel und Chardonney (aktuelle britische Kindernamen) keine Ausnahme macht, wäre es für die Betroffenen sicher besser, sie trügen Namen, die ihnen auch anregendes Vorbild sein könnten.

Taufe unmittelbar nach der Geburt

Vielleicht war es kein schlechter Brauch, dass in früheren Jahrhunderten das Kind nach dem Heiligen benannt wurde, dessen Gedenktag – scheinbar zufällig – auf seinen Geburts- oder Tauftag fiel. Im Mittelalter war dies oft derselbe Tag, da die Kinder direkt nach der Geburt getauft wurden. So bestimmten gewissermaßen die Kinder, nicht die Eltern den Namen. „Das Kind bekommt den Namen, den es in der Faust mitbringt“, sagte man früher in Kärnten. Übrigens erhielt auch Martin Luther den Namen vom Heiligen seines Tauftages. Hätten ihn seine Eltern gleich an seinem Geburtstag, dem 10. November, taufen lassen, wäre er womöglich als Respicius in die Geschichte eingegangen.

Patron und Vorbild

Magie war nicht im Spiel, wenn Eltern ihre Kinder nach heiligen Menschen benannten. Aber sie wussten wohl um die tiefe spirituelle Bedeutung der Namensgebung. Denn damit stellten sie den Getauften unter den besonderen Schutz seines Namensheiligen. Wie Paten für ihre Patenkinder sorgen, so auch die Patrone im Himmel. Sie bitten für sie bei Gott, dem sie ja – so der Glaube – näher sind, als es Menschen auf Erden sein können.

Zugleich soll der Namenspatron ein Vorbild dafür sein, wie christliche Liebe gelebt werden kann. Der „heilige“ Name gliedert den Täufling zudem ein in die Gemeinschaft der Heiligen. So feiern Katholiken – sofern sie den Namenstag noch feiern – dabei nicht sich selbst, sondern eigentlich ihren heiligen Namensgeber.

Weitgehend unbekannt

Doch der Brauch, das „Namensfest“ zu begehen, ist heute zumal bei Jüngeren weitgehend ausgestorben. In einem Internetforum zur Frage „Feiert ihr euren Namenstag?“ kannten die meisten Teilnehmer gar nicht dessen Datum. Einige waren über die neue Idee hoch erfreut. „Super! Hatte vorher nie davon gehört. Jetzt kann nächsten Monat eine riesen Party steigen“, schrieb einer. Eine Teilnehmerin sorgte sich allerdings, dass die Gratulanten, die ihr schon am Geburtstag lästig sind, nun womöglich auch noch am Namenstag anrufen.

Im Himmel verzeichnet

Auf jeden Fall könnte der Namenstag ein Anlass sein, sich einmal mit seinem Namenspatron zu beschäftigen. Für viele Namen gibt es mehrere Namensträger. Auch wer ausdrücklich auf einen von ihnen getauft ist, dem ist es ja nicht verboten, auch von den Anderen Anregungen zu beziehen. Und beim Anzünden der Tauf- oder Osterkerze kann ich mich fragen, ob es vielleicht ein Glück ist, getauft zu sein. Immerhin: Mein Name ist im Himmel verzeichnet.

Thomas Bastar, freier Journalist und Redakteur in Hamburg

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Text: Thomas Bastar
In: Pfarrbriefservice.de