"Am Ende der Krise ein wunderbares Erlebnis mit Gott"

Ulrich Stein* (geb. 1971) trat 1992 aus der katholischen Kirche aus, und zwei Jahre später wieder ein. In einem Interview erzählt er, was ihn damals bewegt hat.

1992 sind Sie aus der katholischen Kirche ausgetreten. Gab es für diesen Entschluss ein konkretes Ereignis?

Ulrich Stein: Ein bestimmtes Ereignis gab es nicht. Als Kind bzw. Jugendlicher war ich noch Ministrant, aber ein paar Jahre später, mit dem Übergang zum Erwachsenenalter, hatte ich den persönlichen Bezug zu einem wie auch immer gearteten Gottesglauben verloren.

Was waren die Gründe, die Sie zu diesem Schritt veranlasst haben?

Ulrich Stein: Ich fand es an der Zeit und letztlich nur konsequent, mich aus einer Gemeinschaft von Gottesgläubigen zu verabschieden. Auch spielte natürlich das Argument der „eingesparten“ Kirchensteuer eine gewisse Rolle.

Wie fühlte sich das für Sie an: Im gleichen Ort wohnen zu bleiben, aber nicht mehr zur Pfarrei zu gehören, in der Sie sich als Ministrant engagiert haben?

Ulrich Stein: Mit dem kirchlichen Gemeindeleben verband mich damals nur noch wenig. Von daher fühlte ich nach meinem offiziellen Austritt nichts Besonderes. Ich war nur froh, mit dem „Verein“ nichts mehr zu tun zu haben.

Finden Sie, dass Menschen, die Glaubenszweifel haben, in der Kirche allein gelassen werden?

Ulrich Stein: Ja und nein. Auf der einen Seite sitzt gerade in Kirchenkreisen die Hemmschwelle ziemlich hoch, über Zweifel zu sprechen. Andererseits: wenn jemand in einer Glaubenskrise gezielt das Gespräch sucht, wird er gerade innerhalb der Kirche auf offene Ohren stoßen. Mit ein wenig Glück findet man die richtigen Leute.

War Ihre Familie über Ihren Schritt informiert? Wie haben Ihre Angehörigen darauf reagiert?

Ulrich Stein: Ich erinnere mich nicht. Daher vermute ich, es spielte in meinem Fall keine besondere Rolle.

Wie kam es, dass Sie zwei Jahre nach Ihrem Austritt wieder in die Kirche eingetreten sind?

Ulrich Stein: Ich geriet in eine Lebens- und Sinnkrise, an deren Ende ein wunderbares Erlebnis mit Gott stand. Ich fühlte mich damals wie der Saulus zum Paulus erweckt, praktisch wie neu geboren. Damit verbunden war der starke Wunsch, der Gemeinschaft der Kirche wieder anzugehören.

Wie lief dieser Wiedereintritt bei Ihnen konkret ab?

Ulrich Stein: Ich nahm Kontakt auf zu meinem Ortspfarrer. Wir führten ein intensives Gespräch über Glaubensdinge und meinen persönlichen Lebensweg. Am Ende war er überzeugt und befürwortete meine Wiederaufnahme in die katholische Kirche. Er leitete schließlich alle dafür notwendigen Dinge in die Wege.

Wie sollten Pfarreien Ihrer Meinung nach mit Menschen umgehen, die aus der Kirche ausgetreten sind?

Ulrich Stein: Schwierige Frage. Ich denke zeitnah auf die Leute zugehen und das Gespräch anbieten - ohne sich aufzudrängen - kann nicht verkehrt sein. Auf jeden Fall würde ich alle Türen für einen Weg zurück offen lassen. Das verstehe ich als einen wichtigen Kern der frohen Botschaft.

(*Name von der Redaktion geändert)
Die Fragen stellte Elfriede Klauer, www.pfarrbriefservice.de.

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Text: Elfriede Klauer
In: Pfarrbriefservice.de