Neue Datenschutzgesetze: Was ändert sich für den Pfarrbrief?

Ein Überblick

von Christian Schmitt am 30.05.2018 - 08:00  

Die Absicht, die hinter den neuen Datenschutzgesetzen steht, ist die Fürsorge für das Individuum. Dessen Privatsphäre und persönliche Daten sind gerade in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung gefährdeter denn je. Diese sollen durch verbindliche, staatlich genormte Spielregeln für alle geschützt werden.

Mit Blick auf die neue Gesetzeslage seit dem 24.5.2018 sind viele Verantwortliche in den Gemeinden verunsichert und fühlen sich teilweise auch überfordert. Was ist zukünftig noch erlaubt, beispielsweise im Zusammenhang mit Fotos von Veranstaltungen, auf denen Personen erkennbar sind? Und was ist mit Namen, die im Pfarrbrief veröffentlicht werden?

Europaweit einheitliches Datenschutzrecht

Das Kirchliche Datenschutzgesetz (KDG) der katholischen Kirche, das am 24.5.2018 in Kraft getreten ist, orientiert sich in wesentlichen Punkten an dem neuen europäischen Datenschutzrecht. Tatsächlich wurde dessen Wortlaut sogar zu weiten Teilen übernommen. Das Regelwerk gilt grundsätzlich für jede Form der Verarbeitung personenbezogener Daten, unabhängig davon, ob diese automatisiert oder manuell, elektronisch oder handschriftlich erfolgt. Personenbezogene Daten sind nach Definition des Gesetzes geeignet, sie mit einer natürlichen Person direkt in Verbindung zu bringen. Der Anwendungsbereich des KDG sind kirchlich verfasste Institutionen, wozu unter anderem Kirchengemeinden, Kirchenstiftungen und Kirchengemeindeverbände, sowie deren Einrichtungen zählen. Auch der Pfarr- oder Gemeindebrief, das Pfarrmagazin und die Gottesdienstordnung fallen darunter: Jedenfalls solange der Herausgeber laut Impressum das Pfarramt oder der Pfarrgemeinderat ist – was oft bis meistens der Fall sein dürfte. Aber selbst wenn das KDG im Einzelfall nicht zur Anwendung kommt, greift automatisch die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die bereits vor zwei Jahren in Kraft gesetzt wurde.

Warum betrifft das neue Gesetz auch Fotografien im Pfarrbrief?

Grundsätzlich kennt das neue Datenschutzgesetz keine Unterscheidung, in welcher Form personenbezogene Daten erfasst und verarbeitet werden. Sobald jemand Personen mit einer Digitalkamera fotografiert, ist deren Identifizierung vorstellbar und technisch möglich. Daher gilt schon das Anfertigen digitaler Fotografien als Erfassung personenbezogener Daten und bedarf laut Gesetz der Einwilligung dieser Personen, sofern kein sonstiger Erlaubnistatbestand erfüllt ist. Im Falle der Berichterstattung im Pfarrbrief, z.B. über eine öffentliche Veranstaltung, liegt ein kirchliches bzw. berechtigtes Interesse nach KDG Art. 6 Abschnitt 1 lit. f bzw. g vor: Die Pfarrgemeinde möchte die in ihrem Zuständigkeitsbereich ansässigen Menschen über das Gemeindeleben informieren. Damit ist das digitale Fotografieren im Rahmen der redaktionellen Tätigkeit für den Pfarrbrief gesetzeskonform, auch ohne Zustimmung der fotografierten Personen (vgl. dazu: „Erläuterungen zu Fragen im Umgang mit Bildern und Fotografien“ der Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten vom 10.7.2018).

Vom Fotografieren getrennt ist das Publizieren zu betrachten, also das Veröffentlichen einer Fotografie. Hierfür ist eine gesonderte schriftliche Einverständniserklärung aller abgebildeten Personen erforderlich. Auch hier gilt wieder: sofern es keinen sonstigen Erlaubnistatbestand gibt. Im Falle einer Presseberichterstattung darf ein berechtigtes Interesse der Gemeinde, die Fotos von ihrer öffentlichen Veranstaltung z.B. im Pfarrbrief zu veröffentlichen, als gegeben vorausgesetzt werden (siehe oben). Ausnahmen vom Verbot der Veröffentlichung von Personenfotografien gestattete in der bisherigen Rechtssprechung auch das Kunsturhebergesetz (KUG). Unter Rechtsexperten wird teilweise diskutiert, ob das KUG weiterhin anwendbar ist (siehe nächster Abschnitt). Dennoch kann nach derzeitigem Stand davon ausgegangen werden, dass diese Regelungen weiterhin anwendbar sind.

Zwischenfazit 1:

Vieles spricht dafür, dass es weiterhin erlaubt sein wird, beispielsweise im Rahmen der zeitnahen Berichterstattung einer Veranstaltung Fotos von Personen anzufertigen und zu veröffentlichen, auch ohne deren Zustimmung einzuholen.

Anwendung des Kunsturhebergesetzes (KUG)

Diskussionsgegenstand unter Rechtsexperten ist die Anwendbarkeit des deutschen Kunsturhebergesetzes (KUG), das bisher konkret benannte Ausnahmen vom Datenschutz erlaubte. So durften nach § 23 KUG:

  • Bilder von Personen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (z.B. die Bürgermeisterin in Ausübung ihres Amtes)
  • Bilder von Personen, die nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen
  • Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben

… auch ohne die Zustimmung der Betroffenen veröffentlicht werden. Vor allem in diversen Internetforen wurde sehr kontrovers diskutiert, ob und warum das deutsche KUG künftig von den neuen Datenschutzgesetzen gebrochen wird. Jedoch stellt das Bundesministerium des Inneren in einem hier zitierten Brief klar, dass das KUG weiterhin anwendbar bleibt. Ebenso ist dort die Antwort aus demselben Ministerium auf die Anfrage eines Bundestagsabgeordneten zitiert, welche in die gleiche Richtung weist.

Besondere Schutzbedürftigkeit von Personen unter 16 Jahren

Der besonderen Schutzbedürftigkeit von minderjährigen Personen unter 16 Jahren trägt die Konferenz der Diözesandatenschutzbeauftragten mit Beschluss vom 17.04.2018 Rechnung. Danach ist für die Veröffentlichung von Fotos, auf denen Kinder abgebildet sind, grundsätzlich die schriftliche Einwilligung aller Personensorgeberechtigten erforderlich. Die Interessen der betroffenen Personen wiegen hier grundsätzlich schwerer als die Erlaubnistatbestände, die das KDG vorsieht. Lediglich die oben angeführten Ausnahmen nach dem KUG erlauben eine Veröffentlichung auch ohne Genehmigung. Am 04.05.2019 gab es dazu einen weiteren Beschluss der Datenschutzbeauftragten, welcher die getroffenen Regelungen vom 17.04.2018 ersetzt. Siehe dazu unseren Beitrag „Neue Datenschutzgesetze: Was ändert sich für den Pfarrbrief (Fortsetzung)“.

Zwischenfazit 2:

Vieles ist noch im Fluss. Letztlich wird die Rechtssprechung der kommenden Monate und Jahre aufzeigen, wie die neuen gesetzlichen Regelungen konkret auszulegen sind. Das KDG soll ebenfalls nicht in Stein gemeißelt sein, sondern in spätestens drei Jahren einer Überarbeitung unterzogen werden. Es bleibt zu hoffen, dass es nachgebessert und den praktischen Erfordernissen des kirchlichen Lebens und der Seelsorge angepasst wird. Praxisferne Regelungen, die in ihrer Strenge über die EU-DSGVO hinausgehen, sollten überdacht werden. Siehe dazu den Kommentar von Felix Naumann auf katholisch.de

Zwischenfazit 3:

Inzwischen (Stand 4.5.2019) wurde hier seitens der Datenschutzbeauftragten nachgebessert, vor allem was den Umgang mit Fotos von Personen unter 16 Jahren betrifft.

Tipps für den Umgang mit Fotos im Pfarrbrief:

  • Holen Sie das Einverständnis der Personen ein, die Sie fotografieren und deren Fotos Sie im Pfarrbrief veröffentlichen möchten. Das sollte am besten schriftlich erfolgen. Das KDG schreibt die Schriftform sogar ausdrücklich vor. Bei Personen unter 16 Jahren ist zusätzlich das Einverständnis aller Sorgeberechtigten erforderlich. Eine Muster-Zustimmungserklärung zur Veröffentlichung von Fotos finden Sie hier.
  • Fotos von öffentlichen Veranstaltungen, die Personen zeigen, dürfen zustimmungsfrei im Pfarrbrief abgedruckt werden. Wie bisher gilt hierbei: Der Bezug des Fotos zur Veranstaltung muss erkennbar sein, es muss zeitnah berichtet werden und es dürfen keine einzelnen Personen im Bildfokus stehen (beispielsweise durch „Heranzoomen“ einzelner Gottesdienstbesucher).
  • Wenn Sie ein Interview machen und den Interviewpartner fotografieren, versteht es sich von selbst, dass Sie sich vorher dessen Erlaubnis ausdrücklich geben lassen. Auch hier ist künftig die Schriftform der Standard.
  • Fotos von Pfarrbriefservice.de dürfen Sie wie bisher für den Pfarrbrief wie für die kirchliche Öffentlichkeitsarbeit verwenden (z.B. Pfarrei-Homepage).

Persönliche Daten sind sensible Daten. Der Umgang damit und erst recht deren Veröffentlichung sollte mit Umsicht und äußerster Sorgfalt geschehen.

Jubiläen, Sakramentsspendungen, Todesfälle – Namen im Pfarrbrief

Dürfen die Namen von Jubilaren künftig noch im Pfarrbrief veröffentlicht werden? Oder von Kommunionkindern und Täuflingen? Unser ausführlicher Artikel befasst sich mit dem Thema. Allerdings gibt es leider auch hier zum Teil unterschiedliche Auffassungen der Datenschutzbeauftragten der Diözesen.

Tipps für die Veröffentlichung von Namen im Pfarrbrief

  • Gestalten Sie Jubiläen: Statt einer kleinen, versteckten Zeile im Pfarrbrief könnte es doch auch einen jährlichen „Jubilars-Gottesdienst“ geben. Es gibt gerade mit „Sonder“-Gottesdiensten für Silber- und Goldhochzeitspaare hervorragende Erfahrungen. Und Sie schlagen mehrere Fliegen mit einer Klappe: Sie ehren alle zu Ehrenden sehr öffentlichkeitswirksam auf einmal, die Zustimmung zu einem (Gruppen-)Foto fällt so viel einfacher und Sie leisten gleichzeitig noch einen wichtigen Beitrag zur „Mitgliederbindung“ (und tolle Fotos sind auch möglich …). Dieser Tipp stammt von Stefan Schneider, Bistum Trier, in seinem Beitrag „Welche Adressen müssen bzw. dürfen in den Pfarrbrief“.
  • Veröffentlichen Sie bei Privatpersonen grundsätzlich nur Namen und Daten, für die Ihnen die vorherige schriftliche Erlaubnis vorliegt.
  • Oft ist es sinnvoll, Kontaktdaten von Ehrenamtlichen (z.B. Ansprechpartnerin des Katholischen Frauenbunds oder Vorsitzende des Arbeitskreis Eine-Welt) im Pfarrbrief abzudrucken. Das kann die innergemeindliche Kommunikation mitunter erleichtern. Allerdings sollten Sie, da es sich um Privatpersonen handelt, hierfür grundsätzlich die schriftliche Einwilligung der Betroffenen einholen.
  • Kontaktdaten von Hauptamtlichen, zum Beispiel von Mitgliedern des Pastoralteams, dürfen Sie ohne vorherige Einwilligung abdrucken. Allerdings gilt auch hier das Prinzip der Datensparsamkeit: veröffentlichen Sie nur die unbedingt notwendigen Daten – am besten nur die dienstlichen Kontaktadressen (z.B. dienstliche E-Mail-Adresse, Büroanschrift). Oft bietet es sich auch an, auf einer Serviceseite die hauptamtlichen Ansprechpartner mit Kontaktdaten und Foto vorzustellen. Aber Vorsicht: So begrüßenswert Fotos im Pfarrbrief sind – denken Sie auch hier daran, die Erlaubnis der betroffenen Personen einzuholen.

Der Pfarrbrief zählt nicht als Werbung.

Darf der Pfarrbrief trotz der Aufschrift „Bitte keine Werbung“ oder „Bitte keine kostenlosen Zeitungen“ in den Briefkasten eingeworfen werden?

Zu diesem Thema äußert sich der Diözesandatenschutzbeauftragte der norddeutschen Bistümer in einem im September 2018 veröffentlichten Informationsblatt, welches Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Datenschutz gibt. Demnach sind Pfarrbriefe keine Werbung und auch keine kostenlosen Zeitungen. Da es sich vielmehr um eine kirchliche Aufgabe handelt, ist die Zustellung des Pfarrbriefs rechtmäßig (vgl. KDG Art. 6 Abschnitt 1 lit. f, g).

Praxistipp: Ungeachtet der Rechtslage empfiehlt es sich sorgfälig abzuwägen. Wenn jemand partout den Pfarrbrief nicht haben möchte, und dies auch eindeutig bekundet, beispielsweise durch einen Anruf im Pfarramt, dann sollte / muss der Wille dieses Mitmenschen berücksichtigt werden.

 

Zuletzt bearbeitet am 27.5.2019 / cs

Für die Veröffentlichung in verschiedenen Medien

von

Pfarrbriefservice.de

Warum dieses Formular? Jede Person hat das Recht, über die Verwendung ihrer persönlichen Daten, wozu auch digital gespeicherte Fotografien zählen, selbst zu entscheiden.

Pfarrbriefservice.de führt Sie hindurch

von

Pfarrbriefservice.de

Wer Bilder veröffentlichen möchte, sieht sich oft mit rechtlichen Fragen konfrontiert. Viele verschiedene Belange gilt es zu beachten, möchte man dem Risiko rechtlicher Schwierigkeiten aus dem Weg gehen. Mit einem Flussdiagramm (engl. „Flowchart“) möchte Pfarrbriefservice.de hierfür Orientierung geben.

Muster-Formular

von

Pfarrbriefservice.de

Warum dieses Formular? In Deutschland hat jede Person das Recht, über die Veröffentlichung seiner personenbezogenen Daten, wie Name, Anschrift, Telefonnummer, etc. selbst zu entscheiden.

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