Warum Jugendliche Probleme mit der katholischen Kirche haben

Vier Statements von Jugendlichen

Lisa, 23 Jahre alt:

„Die Kirche könnte attraktiver werden, wenn sie die Missbrauchsfälle gänzlich aufarbeiten würde und hart dagegen vorgeht. Zusätzlich müsste sie dafür sorgen, dass sowas nicht wieder vorkommt, zum Beispiel mit Aufhebung des Zölibats. Das ist sowieso ein sehr veraltetes Konzept, das früher Mal Sinn ergeben hat, heute aber zur Auslebung der Sexualität der Priester hinter verschlossenen Türen führt.

Die Kirche hat ein Personalproblem, was durch Zulassung von Frauen zum Priesteramt gelöst werden könnte. Außerdem ist die Verweigerung eines Amtes aufgrund des Geschlechts äußerst sexistisch und definitiv nicht mehr zeitgemäß. Es gibt keine logische unsexistische Begründung, dass Frauen keine Priester sein können.

Zudem ist die Homophobie in der Kirche ein sehr großes Problem. Das stößt weltoffene Jugendliche und junge Erwachsene ab. Vielmehr ist es aber ein Problem für Homosexuelle selber, die von gläubiger Verwandtschaft ausgestoßen werden oder sich selber für krank halten, weil die Kirche das behauptet. Dabei ist mittlerweile eindeutig bewiesen, dass eine sexuelle Orientierung keine Krankheit ist.“ 

Hanna, 19 Jahre alt: 

„Ich muss ehrlich gestehen, dass mich die meisten Themen der Kirche nicht interessieren. Der Grundgedanke mit Nächstenliebe ist definitiv gut und wichtig, aber durch die Engstirnigkeit der katholischen Kirche an sich und die ganzen Skandale, die eben nicht hinter der Nächstenlieben stehen, entwickle ich eine immer stärkere negative Einstellung gegenüber der Kirche." 

Linus, 17 Jahre alt:

Die katholische Kirche hat ein Imageproblem. Fragt man junge Menschen auf der Straße, was ihnen zum Thema Kirche einfällt, streiten sich Missbrauchsfälle, Sexismus, Homophobie und veraltete Strukturen um die vordersten Plätze, während Angebote der Caritas oder Johanniter nur von den wenigsten genannt werden. 

Die Kirche ist definitiv eine unverzichtbare Institution, abseits der Wirtschaft oder des Staates. Nur das weiß niemand. Die meisten Eltern gehen nicht in die Kirche, also tuen es die Kinder auch nicht. Stattdessen ist da nur das eine, traurige Bild aus der Presse. Die Kirche sollte deshalb nicht nur ihre strukturellen Missstände beheben, sondern darüber hinaus noch aktiv in Bereichen wie Sexismus, Missbrauch und Homophobie agieren. Betroffene von Diskriminierung und Misshandlung sollten das Gefühl haben, die Kirche sei die beste Anlaufstelle für solche Lebenskrisen. Doch solch ein Handeln wäre zurzeit völlig unglaubwürdig. Denn während der Arbeitgeber Kirche schon längst in solchen Bereichen agiert, Sozialarbeiter ausbildet und Menschen in Krisen beisteht, ist die Kirche als Institution noch längst nicht im Hier und Jetzt angekommen. 

Umstrukturierungs- und Modernisierungsmaßnahmen müssen nicht in den nächsten Jahren, sondern jetzt erfolgen. Dann muss die Kirche zeigen, dass sie sich mit all ihrer Kraft für die christlichen Grundwerte einsetzt und diese auch durchsetzt. Immerhin hat der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland durchaus Schlagkraft. Nicht nur bei uns, sondern in vielen Teilen der Welt. Die Kirche hätte so große Chancen, wieder an Zulauf und Zustimmung zu gewinnen. Tut sie das nicht, wird ihr Einfluss aber weiter schwinden.

Silvia, 18 Jahre alt:

„Die Kirche sollte junge Menschen, die Zeit haben als Zielgruppe im Blick haben. Sie sollte junge Menschen zum Beispiel direkt nach der Kommunion oder Firmung dabei behalten oder nach dem Abi. 

Man könnte eine Art FSJ anbieten und man könnte als „Gegenleistung“ für das Engagement der jungen Leute Ausflüge organisieren. Zum Beispiel eine Jugendreise in den Vatikan oder dass man den Jakobsweg entlangpilgert. Man könnte jungen, gläubigen Menschen berufliche Perspektiven anbieten oder in Kooperation mit dem Reli-Unterricht an den Schulen Projekte veranstalten. Dann bekommen die Kinder Spaß daran sich zu engagieren. 

Um Jugendliche stärker zu motivieren in den Gottesdienst zu gehen, könnte man mehr Möglichkeiten anbieten, sich direkt am Gottesdienst zu beteiligen. Ich fand es immer recht langweilig einfach nur im Gottesdienst zu sitzen und nichts zu machen. Die Leute könnten irgendwas vorlesen. Und die Kirche könnte sich mit Musikschulen zusammentun und mehr Musik in den Gottesdienst einfließen lassen und nicht immer nur zwingend Orgel.“
 

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Text: Zusammengetragen von Ronja Goj
In: Pfarrbriefservice.de