Wallfahrten - religiöse Praxis in allen Religionen

Wallfahren ist in – nicht erst seit Hape Kerkeling im Mai 2006 sein Buch »Ich bin dann mal weg« über seine Pilgerreise auf dem Jakobsweg bis nach Santiago de Compostela veröffentlicht hat. Der Jakobsweg durch Nordspanien ist inzwischen überlaufen, nicht nur fromme Pilger, sondern auch Sportbegeisterte und mancherlei esoterisch Angehauchte, dazu Fahrradfahrer und Bustouristen bevölkern den alten Weg.

Doch Pilgern ist nicht auf dieses Ziel beschränkt. Alle Religionen kennen heilige Orte, zu denen hin sich Menschen auf den Weg machen. Solche Pilger verstehen diese heiligen Wege als Symbol für ihren Lebensweg. Sie suchen oft in bestimmten Lebenssituationen nach Neuorientierung und Rat, manche haben ein Gelübde abgelegt, das sie auf ihrem Weg erfüllen wollen.

Pilgern im Christentum

Santiago ist nur einer der christlichen Pilgerorte. Der erste war und ist Jerusalem und das Heilige Land. Schon Kaiserin Mutter Helena pilgerte dorthin. Und dann – so der Volksmund – führen alle Wege nach Rom. Ob diese Stadt immer so heilig war und ist, sei dahingestellt; Kirchen aber gibt es dort mehr als genug. Jerusalem, Santiago und Rom sind die großen Orte, andere christliche Pilgerorte haben wie Santiago auch ein Apostelgrab, z.B. Trier mit dem heiligen Matthias. Und überall in Europa gibt es Kirchen mit bedeuten- den Reliquien, die zu Wallfahrten Anlass gegeben haben: In Köln sind es die »Knochen der Drei Könige«; nach Aachen führt die Heiligtumsfahrt zu den Windeln (!) Jesu. Fromm ist entscheidend, nicht historisch korrekt.

Pilgern im Judentum

Das Pilgern haben die Christen von den Juden übernommen. Die kannten in der alten Zeit drei Wallfahrtsfeste, bei denen man aus dem ganzen Land zum Tempel in Jerusalem pilgerte. Das wichtigste war das Pessahfest (Pascha), bei dem man an den Auszug aus Ägypten dachte und dankbar die Befreiung durch Gott feierte. Aber auch das Wochenfest (Schawuot, unser Pfingstfest) war mit einer Wallfahrt ver- bunden, ebenso das Laubhüttenfest Sukkot. In der Zeit vor dem Tempelbau kannte man Wallfahrten auch an andere heilige Orte, nach Mamre, Bethel, Sichem, Hebron, Gilgal, Beerscheba und Sichem – Bewegung genug für das Volk Gottes.

Pilgern im Islam

Für Muslime ist die Wallfahrt nach Mekka eine der fünf Säulen ihres Glaubens: Jeder soll mindestens einmal im Leben diese Wallfahrt unternommen haben, am besten im Fastenmonat Ramadan. Wer auf der Hadsch war, wird danach mit dem Ehrentitel Hadschi benannt (kann man bei Karl May nachlesen). Die Hadsch nach Mekka erinnert an Adam, der hier die Kaaba erbaut hat, und an Abraham (arabisch Ibrahim), der die Kaaba vom Götzendienst gesäubert hat (Gleiches tat dann 2000 Jahre später Mohammed). Im schiitischen Islam gibt es neben Mekka auch eine Reihe anderer Wallfahrtsorte, Kerbala im Irak etwa oder Qom (Ghom) und Maschad im Iran. Aber auch Medina in Saudi-Arabien und natürlich Jerusalem stehen auf der Liste muslimischer Pilger.

Pilgern im Hinduismus

Prozessionen mit Götterstatuen, aber auch Wallfahrten sind wichtige Formen hinduistischer Frömmigkeit. Im Vordergrund steht natürlich der heilige Fluss Ganges und daran gelegen die Stadt Varanasi. Hierhin zu pilgern und dann zu sterben verheißt Befreiung aus dem Leidenskreislauf der vielen Wiedergeburten. Und wer dort stirbt, dessen Leichnam wird in den Ghats am Ganges verbrannt und die Asche in den heiligen Fluss gestreut. Alle drei Jahre gibt es in Indien an vier heiligen Orten ein riesiges Pilgerfest: Kumbh Mela. Dann setzen sich viele Millionen Pilger in Bewegung und feiern das größte religiöse Fest der Welt. Doch Pilgerziel der Saddhus und Asketen bleibt der heilige Himalaya und darin der Berg Kailash, der Thron der Götter.

Pilgern im Buddhismus

Auch Buddhisten pilgern zum Kailash, vor allem die tibetischen Gläubigen. Alle Buddhisten versuchen die vier heiligen Orte ihrer Religion zu besuchen: Lumbini – wo Buddha geboren wurde (heute Nepal); Bodh Gaya – wo er zur Erleuchtung fand; Sarnath bei Varanasi – wo er die erste Lehrrede hielt; Kushinagara, wo er ins Nirvana einging (die letzten drei in Nordindien). Japanische Buddhisten kennen Pilgerwege, die zu 88 Tempeln führen.

Pilgern im Daoismus

Die chinesische Religion kennt fünf heilige Berge (nach den fünf Himmelsrichtungen). Zu ihnen pilgern große Menschenmengen und bitten die Götter um Kraft für ihren Lebensweg.

Autor: Hermann-Josef Frisch
Quelle: Pfarrbrief im PfarrVerband Overath, Ausgabe 01/2012

 

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Text: Hermann-Josef Frisch
In: Pfarrbriefservice.de