Von Störenfrieden und Glücksbringern

Oder: Vom Mut, Unterbrechungen als Chance zu sehen

Gerade die Urlaubszeit ist gut für Träume vom schönen Leben, einem ungestörten Tag, der lange gewünschten Reise. Und dann klingelt das Telefon und es ist ein Anruf, den Sie oder ich jetzt, ja gerade jetzt, nicht gebraucht hätten. Unerwartet, ungeplant ist jetzt plötzlich alles anders, die angenehme Stimmung, das gute Gefühl der Ruhe, die interessante Überlegung dahin.

Aber nicht nur im Urlaub passiert uns das. Auch im Alltag kann es sein, dass wir gerade mit einer Arbeit beschäftigt sind, an etwas denken oder werkeln und dann klingelt es an der Haustüre oder die Tochter oder der Sohn fragen, ob wir sie nicht mal eben schnell dahin oder dorthin fahren könnten.

Möchten Sie, möchte ich da nicht manchmal einen dicken Strich ziehen, alles stehen und liegen lassen, einfach einmal nur Ruhe, ungestörte Ruhe haben? Noch nicht einmal im Kloster ist man scheinbar vor unerwünschten Störungen sicher. Davon erzählt der Film „Musca“. Er zeigt eine mittelalterliche Klosterstube, in der ein Mönch über den Noten für seinen neuen Choral brütet. Plötzlich bringt eine kleine Fliege seine Gedanken durcheinander. Erst versucht er es mit Nichtbeachtung. Dann beginnt er eine wilde Jagd. Er kommt dem Störenfried nicht bei. Die Fliege krabbelt derweil auf dem Tintenfass umher und anschließend auf dem Papier. Der Mönch ist außer sich - bis er in den Spuren auf dem Papier die Tonfolge seines neuen Chorals erkennt. Liebevoll entlässt er die nervös an der Fensterscheibe surrende Fliege in die Freiheit.

Wie geht es Ihnen mit dem Schluss des Filmes? Kurz vor knapp tritt die überraschende Wende ein: Der Eindringling erweist sich als Glücksbringer. Die Störung wird zur Lösung. Der vermeintliche Feind zum Freund.

Ist dieser Film, ist diese Botschaft alltagstauglich? Ich glaube, nicht immer, aber manchmal! Wenn ich den Ausgang des Films auf mich wirken lasse, dann ist es manchmal durchaus so, dass Störendes, etwas so überhaupt nicht Geplantes sich im Nachhinein als wertvoll entwickelt hat. Natürlich habe ich auch erst einmal dagegen angekämpft, wollte mit der Faust auf den Tisch schlagen, war außer mir, aber zurückblickend war ich froh, dass es sich so ereignet hat, wie es war.

Mir macht dieser Film Mut, Unterbrechungen meines Wohlgefühls oder meiner Konzentration nicht nur negativ zu sehen, sondern auch als Chance. Fliegen, Verpflichtungen, übernommene Verantwortung, Sorgen und Schicksalsschläge - die Liste kann jede und jeder selbst fortschreiben - sie gehören zu unserem Leben als Menschen. Ich wünsche Ihnen und mir Mut, damit in guter Weise leben zu lernen.

Johannes Simon, Pastoralreferent, Bistum Würzburg

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Das Schwerpunktthema für Juli 2011

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Text: Johannes Simon
In: Pfarrbriefservice.de