Alt sein ist auch gut

Wie unsere Gesellschaft von alt gewordenen Menschen profitieren kann

Jeder möchte alt werden, aber keiner möchte alt sein. Und viele werden auch alt. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt heute bedeutend über der unserer Großeltern. Aber obwohl so die Gruppe der Alten immer größer wird, wird das Alt-sein in unserer Gesellschaft eher nicht geschätzt. Keiner will alt sein. Mit viel Energie und auch finanziellem Aufwand versuchen viele, ihr wahres Alter zu verbergen; jede und jeder möchte jung sein. In der Werbung kommen alte Menschen nur als jung gebliebene Senioren vor. Möglichst sportlich und attraktiv, so als ob der 80jährige, der Tennis spielt, Fahrrad fährt und Hochgebirgstouren unternimmt, der Regelfall wäre. Selbst bei der Werbung für einen Treppenlifter sind die Alten so fit, dass man sich fragt, wozu brauchen die eigentlich einen Treppenlifter.

Es gibt eine eigene Anti-Aging-Medizin. Eine Medizin gegen das Altern. Als wäre Altwerden so etwas wie eine Krankheit, die man aufhalten muss. Das Ziel dieser Medizin: die alterslose Gesellschaft. Wunderbar: Jeder bleibt jung bis zu seinem Tod.

Die Jungen brauchen die Alten

Ich befürchte, wenn auch die Alten nur noch jung sind, dass unsere Gesellschaft noch mobiler, hektischer und unruhiger wird. Man noch mehr allen möglichen Modetrends hinterherläuft. Dass Gelassenheit und Weisheit immer mehr verloren gehen. Sicherlich: Nicht jeder Mensch wird weise und gelassen, nur weil er alt wird. Aber die Möglichkeit besteht. Neben dem Altersstarrsinn gibt es auch die Altersweisheit. Wenn alte Menschen akzeptieren, dass sie nicht mehr alles können, dass ihre körperlichen Kräfte nachlassen, erlebe ich oft diese Gelassenheit und Weisheit des Alters. Weil sie nicht mehr alles mitmachen und auf eine gewisse Distanz zum aktiven Leben gehen, können sie mit Ruhe die Dinge des Lebens betrachten. Und bestenfalls mit Güte auf das eigene und das Leben der andern schauen. Deshalb wurde in vielen Kulturen der Rat der Alten, der Ältestenrat, immer sehr geschätzt. Die Jungen brauchen sie, die alt gewordenen Menschen. Jung gebliebene, oder welche, die glauben, jung geblieben zu sein, gibt es schon genug.

Karl-Heinz (Kalle) Grundmann
Quelle: Katholische Hörfunkarbeit für Deutschlandradio und Deutsche Welle, Bonn, www.katholische-hörfunkarbeit.de, In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Karl-Heinz (Kalle) Grundmann, www.katholische-hörfunkarbeit.de
In: Pfarrbriefservice.de