Warum ein Pfarrbrief als Magazin den Aufwand lohnt

In der medialen Vielfalt spielt das Printprodukt seine Stärken aus – wenn man es lässt

von Johannes Simon am 06.08.2021 - 06:00  

Digitale Medien scheinen den Ton anzugeben. Doch auch der gedruckte Pfarrbrief hat seine Stärken, wenn man ihn lässt.

„Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“ Diese Binsenwahrheit aus der Welt des Marketings lernte ich bei meiner Ausbildung in Sachen Öffentlichkeitsarbeit schätzen. Sie buchstabiert anschaulich, was ich in der Pastoraltheologie gelernt und in der Praxis begriffen habe: Wenn das, was ich sagen oder ausdrücken will, keinen Andockpunkt in der Lebenswelt des anderen hat, dann kommt keine gelingende Kommunikation zustande. Das, was ich sage, muss eine Relevanz für ihn haben. Und, um im Bild zu bleiben: Der Wurm muss erst einmal zum Fisch durchdringen und von ihm wahrgenommen werden.

Keine leichten Voraussetzungen für gelingende Kommunikation in einer Zeit der Medienüberflutung und beständigen Reize für die Sinne. Und, so habe ich mir von einem passionierten Angler sagen lassen, es genügt auch nicht ein Wurm, sondern ich brauche verschiedene Würmer, wenn ich eine Vielfalt an Fischen ködern will. Nun, jedes Bild hat seine Grenzen. Ich will es nicht überstrapazieren. Aber es taugt zum Ausgangspunkt für Überlegungen, wie ein Pfarrbrief als Printprodukt auch heute noch den Aufwand lohnt. Nämlich dann, wenn er sich zu einem Magazin weiterentwickelt. „Ein Magazin informiert nicht nur sachlich, sondern auch auf unterhaltsame Weise. Es macht Lust aufs Durchblättern und Lesen. Durch eine ansprechende Gestaltung und interessante, leserrelevante Themen wird es gerne in die Hand genommen.“ (Pfarrbriefmagazin, S. 6)

Größere Räume. Größere Entfernung. Größerer Bedarf an Bindung.

Quer durch Deutschland erleben wir zurzeit, wie Seelsorge und damit das Leben und Zusammenwirken der Christen in immer größeren Räumen strukturiert werden. Hauptamtliche und Ehrenamtliche verfügen damit im besten Falle über eine größere Vielfalt an Fähigkeiten, die sie miteinander einbringen. Gleichwohl wird der Kontakt zu den Menschen anspruchsvoller. Die streckenmäßigen Entfernungen werden weiter. Die Bedürfnisse der Menschen sind breit gestreut. Die innerliche Verabschiedung aus eingeübten Traditionen und Bindungen nimmt zu. Dennoch ist und bleibt die Kirchenerfahrung, die Menschen an ihrem Wohn- und Lebensort machen, für deren Glaube eine sehr relevante Größe. Hier erleben Menschen, dass sie mit ihrer Überzeugung und Lebensart akzeptiert und mit der lebensbejahenden Botschaft Jesu gestärkt Feste feiern, Lebenswenden gestalten, Trost finden und Zusammenleben gestalten können. Oder eben auch nicht. Vielfalt und Weitwinkel sind hier in einer sich rasant verändernden Welt Grundvoraussetzungen für die Kommunikation. Vielfalt und Weitwinkel braucht es auch für die Konzeption eines Pfarrbriefs als Magazin, das sich an alle Kirchenmitglieder richtet.

Pushmedium Pfarrbrief versus Homepage?

„Warum der ganze Aufwand? Wir haben doch eine Homepage“, wird vielleicht mancher sagen. Gerne werden diese beiden Medien zusammen genannt. Und selbstverständlich ist die Homepage wichtig und unverzichtbarer Standard für aktuelle Informationen, Kontaktmöglichkeiten und eine allgemeine Übersicht. Allerdings darf man deren Wirkung nicht überschätzen. Die Homepage ist im Gegensatz zum Pfarrbrief ein „Ich muss hingehen“-Medium. Gerade einmal zehn von hundert Katholiken besuchen regelmäßig kirchliche Internetseiten. Der Pfarrbrief hingegen landet als Magazin der Kirchengemeinde unaufgefordert im Briefkasten und wird von 64 von 100 Katholiken gelesen. Von kirchlich stark Verbundenen bis zu denen, die nur losen oder keinen Kontakt mehr zu ihrer Kirche haben. Das Printprodukt Pfarrbrief erreicht so als Pushmedium alle Mitglieder, wenn es an diese verteilt wird und die Redaktion die Themen an der Lebenserfahrung der Leser ausrichtet.

Vielfalt statt Einfalt

„Früh verwitwet: plötzlich allein.“ „Krise verändert!?“ „Essen als Rebellion.“ „Hey Sportler, du bist mein Vorbild.“ „Ein bisschen Nikolaus gegen Egoismus, Rücksichtslosigkeit und Eigennutz“ „Lasst uns hoffen“ „Erstkommunion: Was bleibt?“ „Ich war im Gefängnis und ihr …“ Themen für den Pfarrbrief? Ja, sagt die Redaktion von Pfarrbriefservice.de, dem bundesweiten Portal der deutschen Bistümer für die Pfarrbriefarbeit. Inzwischen hat die Redaktion 150 Themenpakete für die Pfarrbriefleute geschnürt, die den Leserinnen und Lesern mehr als Rückblicke auf gemeindliche Aktivitäten bieten wollen. Die Themenpalette ist so bunt wie das Leben selbst. Zu jedem Thema gibt es kostenfreie Bilder und Texte. Aber auch Tipps, wie Pfarrbriefredaktionen die Leser vor Ort beteiligen können durch Meinungsumfragen oder persönliche Statements zu einem Thema. So sind die Schwerpunktthemen zum einen eine Steilvorlage, eine aktuelle Frage aufzugreifen. Zum anderen aber auch eine Fundgrube, zu einem geplanten Thema zu recherchieren.

Pfarrbriefservice.de schafft damit die Voraussetzung, jede Ausgabe inhaltlich und gestalterisch aus verschiedenen Perspektiven und mit einem unverwechselbaren lokalen Bezug zu einem Thema zu gestalten, das Interesse weckt und so auch die unterschiedlichsten Zielgruppen ansprechen kann. Auf Pfarrbriefservice.de sind unter dem Navigationspunkt „Bilder & Texte“ alle Schwerpunktthemen übersichtlich gelistet.

Jesus als Meister der Kommunikation

„Während seines Erdenwandels erwies sich Christus als Meister der Kommunikation. In der ‚Menschwerdung‘ nahm er die Natur derer an, die einmal die Botschaft, welche in seinen Worten und seinem ganzen Leben zum Ausdruck kam, empfangen sollten. Er sprach ihnen aus dem Herzen, ganz in ihrer Mitte stehend. Er verkündete die göttliche Botschaft verbindlich, mit Macht und ohne Kompromiss. Andererseits glich er sich ihnen in der Art und Weise des Redens und Denkens an, da er aus ihrer Situation heraus sprach. Tatsächlich ist Kommunikation mehr als nur Äußerung von Gedanken oder Ausdruck von Gefühlen; im Tiefsten ist sie Mitteilung seiner selbst in Liebe. Die Kommunikation Christi ist Geist und Leben.“ (Communio et Progressio, Abschnitt 11)

Auf Augenhöhe. In alltagstauglicher Sprache. Mit Interesse für die Lebenswelt seiner Mitmenschen. Authentisch. Angemessen. – Diese Stichworte fassen für mich zusammen, was die Pastoralinstruktion Communio et Progressio nach dem II. Vatikanischen Konzil zu Jesus als Meister der Kommunikation formuliert hat. Jesus selbst steht in seiner Art und Weise zu reden und zu handeln als maßgebend für die Kommunikation der Kirche.

Jesus macht vor, dass die Botschaft vom angebrochenen Wirken Gottes mitten unter den Menschen für Frauen, Männer, Kinder, Kaufleute, Arme, Sünder, Kranke, Hohepriester und Schriftgelehrte zwar den gleichen Botschaftskern hat, aber in der Situation angemessen mit anderen Worten und Gesten geschieht. Bei ihm bildet oft die Lebenssituation die Brücke zum anderen, zum Gespräch, zur Begegnung. Ein Beispiel unter vielen ist die Heilung des Blinden, die bei Markus im 10. Kapitel berichtet wird. Jesus heilt nicht einfach seine Blindheit, die ja offensichtlich ist. Jesus fragt: „Was soll ich dir tun?“ Er geht auf Augenhöhe mit ihm. Er will es von ihm wissen und hören: „Ich möchte wieder sehen können.“ Fragen stellen. Zuhören. Blickkontakt zum anderen suchen. Dem anderen zeigen, dass er angesehen und geschätzt ist mit seiner unverwechselbaren und einzigartigen Lebensgeschichte. Das und mehr können wir für die Kommunikation heute bei Jesus lernen.

Die Mediengesellschaft prägt die Wahrnehmung der Menschen

„Keiner kniet in Andacht nieder und liest den Pfarrbrief von der ersten bis zur letzten Zeile.“ So bringe ich manchmal bei Seminaren die Tatsache auf den Punkt, dass wir in einer mediengeprägten Gesellschaft leben. In dieser entwickeln verschiedene Altersgruppen und Milieus unterschiedliche Lese- und Sehgewohnheiten, die sie nicht ablegen, wenn sie einen Pfarrbrief oder eine andere Publikation in die Hand nehmen. Sie suchen auch hier – meist unbewusst – anhand der Überschriften, der Bilder und der Bildunterschriften für sie interessante Themen heraus. So gilt es, neben der entsprechenden Themensetzung auch die Gestaltung der Publikation attraktiv anzugehen. Großformatige Bilder, informative und anregende Überschriften, ein klares und übersichtliches Layout des Heftes – wie in einem Magazin – ziehen die Blicke der Leserinnen und Leser auf sich. Und, so empfehlen die „15 Tipps für Ihren Pfarrbrief“ von Pfarrbriefservice.de: „Ihr Gemeindeleben vor Ort ist bunt. Unterstreichen Sie dies durch verschiedene journalistische Darstellungsformen und geistliche Stilformen in Ihrem Pfarrbrief: Nachricht, Reportage, Interview, Porträt, Umfrage, Kommentar sowie Meditation, Gebet, Lied oder Zitat. Tipps dazu finden Sie auf Pfarrbriefservice.de im Navigationspunkt ‚Tipps & Tricks‘ unter ‚Onlinekurs Pfarrbrief‘ aufbereitet.“

Viele der an Pfarrbriefservice. de eingesandten Hefte zeigen, dass die Redaktionen vor Ort den Pfarrbrief mittlerweile als Magazin gestalten. Mit wechselnden Schwerpunktthemen und mit einer angemessenen Gestaltung motivieren sie viele Leserinnen und Leser, das Heft in die Hand zu nehmen, darin zu blättern und zu lesen. Das eingangs beschriebene Andocken an die Themen und Lesegewohnheiten der Menschen gelingt ihnen sehr gut. Hier liegt die Zukunft medialer pfarrlicher Kommunikation. Für alle, die sich auf diesen Weg machen wollen: In einem 80 Seiten starken „Pfarrbriefmagazin“ hat das Netzwerk Pfarrbriefservice.de alle Tipps und Trends mit Beispielen und Bildern in ein Heft gebracht. Es kann ebenfalls unter „Tipps & Tricks“ auf der Homepage bestellt werden.

Digitalisierungsschub Corona und Co.

Schon vor der Pandemie, aber durch sie verstärkt, stellt sich die Frage, ob und mit welchen digitalen Medien die Kommunikation mit den Pfarreimitgliedern sinnvoll und möglich ist. Das „ob“ beantworte ich mit einem klaren Ja. Welche digitalen Medien bespielt werden, hängt zum einen von den personellen Ressourcen ab und zum anderen von der Frage, welche Medien welche Menschen erreichen.

Ich erlebe es selbst bei einem monatlichen Gottesdienstprojekt auf Landkreisebene, dass zusätzlich zu den Ankündigungen in Printmedien wie Pfarrbrief, Zeitung, Plakat und Terminkärtchen ein elektronischer Newsletter und eine Nachricht via Whatsapp und andere Messengerdienste eine sehr stabile und verlässliche Kommunikation ermöglichen. Gerade zu Beginn der Pandemie, als kein anderer Kontakt möglich war, habe ich sehr geschätzt, dass ich mit den Abonnenten in Verbindung bleiben konnte und kann. Zentrale Bedeutung hat hier auch die Homepage, die Aktualisierungen zulässt und 24 Stunden 7 Tage die Woche erreichbar ist. Ergänzt wurde diese durch einen Facebook-Account, der wiederum andere Menschen und Gruppen erreicht.

Vernetzt denken und arbeiten

Vernetztes Denken empfiehlt deshalb auch Pfarrbriefservice.de für die Pfarrbriefredaktion: „Nutzen Sie den Pfarrbrief auch, um die Homepage Ihrer Pfarrei bekannter zu machen – und nutzen Sie Ihre Homepage und Social-Media-Kanäle, um die Reichweite Ihres Pfarrbriefs zu erhöhen. Verweisen Sie zum Beispiel im Heft auf den gut gepflegten Online-Terminkalender oder eine Fotogalerie. Wenn Sie Ihren Pfarrbrief auch online zugänglich machen möchten, können Sie ihn zum Beispiel als PDF-Datei zum Download anbieten oder an einen E-Mail-Newsletter anhängen. Achten Sie bei der Online-Verwendung auf entsprechende Nutzungsrechte von Bildern und Texten und verschärfte Datenschutzrichtlinien.“ (15 Tipps von Pfarrbriefservice.de)

Neue Zeiten – neue Anstrengungen – neue Chancen

Wenn ich die knapp 20 Jahre im Netzwerk Pfarrbriefservice.de und die 40 Jahre in der aktiven Pfarrbriefarbeit betrachte, dann stelle ich einen enormen Wandel fest, den der Pfarrbrief als Medium erlebt. Immer mehr Pfarrbriefe entwickeln sich zu Magazinen, die über Gestaltung, Inhalt und einer Vielfalt an Themen ganz bewusst nicht nur zehn, sondern 100 Prozent der Katholiken erreichen wollen. Hier liegt das Potential, das es auszubauen und ggf. zu heben gilt.

Dabei kommen zu den Umbrüchen in der strukturellen Aufstellung der Pastoral oft auch Umbrüche in den Redaktionen. In der neuen Konstellation eines Pastoralen Raumes oder Seelsorgeverbundes müssen sich Redaktionen neu finden, ein neues Konzept entwickeln und oft auch neue Pfarrbriefleute gewinnen – und das bei einem Erscheinungsbild der Kirche heute, das wenig attraktiv wirkt. Wie so oft wird es auf Persönlichkeiten ankommen, die überzeugend und offen auf andere zugehen können und für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe werben. Die Erfahrung zeigt: Neue Leute sind zu gewinnen, wenn sie entsprechende Unterstützung, kreativen Freiraum und ein verlässliches Redaktionskonzept als Arbeitsgrundlage haben.

Die Vielfalt von Kirche, Glauben und Glaubensleben in einer medialen Gesellschaft ins Wort und ins Bild zu bringen, dafür setzen sich tausende Pfarrbriefredaktionen ein. Wir von Pfarrbriefservice.de unterstützen diese mit kostenfreien Bildern, Texten und Knowhow. Immer häufiger werden unsere Materialien auch für Homepages und Social Media verwendet. Das ist gut so. Die vielfältigen Interessen und Kommunikationswege der Menschen heute brauchen eine Vielfalt an Medien. Pfarrbriefe als Magazine spielen da weiter ganz vorne mit, wenn sie als Brückenschlag zu den Menschen mit interessanten Themen unaufgefordert und ansprechend gestaltet in deren Briefkasten landen.

Johannes Simon, Leitung Pfarrbriefservice.de
mit freundlicher Genehmigung aus: Anzeiger für die Seelsorge, Ausgabe 7/8-2021, www.anzeiger-fuer-die-seelsorge.de

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