Tipps für den Internetauftritt

Bildschirm und Maus statt Kanzel und Beichtstuhl?

von Johannes Simon am 17.06.2013 - 06:50  

Passen Seelsorge und Internet zusammen? Treffen sich da nicht zwei gegensätzliche Welten, die nicht zueinander passen? Die Frage erübrigt sich, denn wer zum Beispiel bei Google das Stichwort „Internetseelsorge“ eingibt erhält etwa 64.400 Treffer (Abruf am 17.6.2013) von der Suchmaschine zurück. Wähle ich als Suchbegriff „Seelsorge“ kann ich mich durch 2.230.000 (Abruf am 17.6.2013) verschiedene Suchergebnisse klicken. Es gibt sie also schon längst: Seelsorge im Internet. Beratungsangebote, Bildungshäuser, theologische Artikel, Pfarrgemeinden und Diözesen finden sich, mehr oder weniger gelungen präsentiert, bereits im weltweiten Datennetz. Die Entwicklung des Internets ist unumkehrbar. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist inzwischen online und es werden täglich mehr. An der Berufsgruppe der Pastoralreferenten der Diözese Würzburg konnte ich dies lebendig mitverfolgen. Hatten vor fünf Jahren weniger als die Hälfte eine E-Mail-Adresse, so sind es heute 85 Prozent der Kolleginnen und Kollegen.

Viel besser ist die Frage zu stellen: Welche Chancen bietet das Internet den Seelsorgerinnen und Seelsorgern, Pfarrgemeinden und kirchlichen Einrichtungen? Da sage ich: Viele! Lassen Sie uns genauer hinschauen:

Bitte eintreten!

Chance Nummer Eins beim Internet ist der unkomplizierte Zugang. Anonym, zu jeder Zeit und mit wenig Kosten kann ich mich über ein Angebot informieren, Nachfragen senden, meine Meinung zu einem Thema in ein Forum eingeben, eine Bestellung machen, Materialien abrufen und mit anderen in Kontakt kommen.

In einer Zeit wachsender Individualisierung erscheint gerade die Anonymität ein Vorzug dieses inzwischen ja nicht mehr neuen Mediums Internet zu sein. Ich muss meine Identität nicht preisgeben, nicht einmal meinen Namen nennen um mir einmal anzusehen, was das Bildungswerk an neuen Themen anbietet, wann in meiner Gemeinde Gottesdienst ist oder welchen Lebenslauf der Seelsorger am Ort hat. Der Anbieter kann so beim Besucher Neugierde wecken und die Lust auf mehr, auch persönlichen Kontakt, wecken.

Frischhaltedatum garantiert Qualität

Qualitätskriterium Nummer Eins ist bei allen Aktivitäten im weltweiten Netz die Aktualität. Der Kalender mit den bereits seit Wochen gelaufenen Terminen oder die Rubrik „Aktuell“ mit dem Schnee von vorgestern sind dem Internetuser ein Dorn im Auge. Er wird so schnell – wenn überhaupt – nicht wiederkommen. Aktuelle Termine, Kontaktadressen, Telefonnummern und Serviceangebote signalisieren dagegen Professionalität. Das Erscheinungsbild der Homepage wird oft auch auf das reale Erscheinungsbild der Einrichtung oder Pfarrei übertragen.

Verpackung allein genügt nicht

Dabei soll bei der Gestaltung einer Homepage nicht das im Vordergrund stehen, was heute technisch machbar ist. Lange grafische Animationen im Eingangsbereich benötigen längere Ladezeiten und oft auch technisch aufwändige Zusatztools. Gar mancher Besucher verlässt beim Aufruf zusätzlicher Downloads jedoch sehr schnell wieder die Seite ohne einzutreten. Im Vordergrund des Seitenaufbaus sollten die Fragen stehen: Für wen machen wir unsere Seiten? Was wollen wir anbieten? Welchen Nutzen haben die Besucherinnen und Besucher davon? Welche Kommunikationsmöglichkeiten möchten wir anbieten? Je mehr es gelingt die Interessen der potentiellen Nutzer in ein Konzept zu bringen, desto größer die Chance, dass Leute immer wieder einmal auf die Seiten gehen. Auch hier trifft wieder der schöne Spruch vom Fisch und dem Angler zu: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Übersetzt: Die Homepage muss in den Augen der Surfer nützlich sein und nicht der bunten Selbstdarstellung der Pfarrei dienen.

www.rumpelstilzchen.de

Ein wichtiger Punkt, damit der Fisch fündig wird, ist der Name der Homepage. Nur der exakte Name erlaubt den Zugriff. Der Name als Eintrittskarte sollte deshalb leicht zu merken und zu schreiben sein. Heute im Meer der Internetadressen noch eine wohlklingende und freie zu finden, ist schon ein größeres Kunststück. Unter http://www.denic.de/de/domains/whois-service/web-whois.html kann für die TLD (Top-Level-Domain) .de die gewünschte Adresse geprüft und nach Alternativen gesucht werden. Ist sie gefunden, kann sie für eine Veranstaltung oder ein Unternehmen auf Aufklebern, in Zeitungen, der Visitenkarte, dem Briefpapier und auf einem Fahrzeug werben.

Seelsorge als Dienstleistung

Die Geschichte vom Wurm an der Angel macht deutlich, dass Kommunikation nie Selbstzweck ist. Kommunikation gelingt, wenn ich die Menschen und ihre Bedürfnisse und Fragen im Blick habe und dementsprechend mein Angebot ausrichte. Seelsorge als Dienstleistung zu begreifen ist das Gebot der Stunde.

Ich verstehe den Begriff im Horizont der Kirche als ursprünglichen Dienst im Sinne Jesu: Dienst an den Menschen. Hilfe zum Leben und Zusammenleben. Die Botschaft so weitersagen, dass die Menschen zu ahnen beginnen, dass diese Botschaft ihr Leben verändert und bereichert.

Und ich bin überzeugt, dass viele Menschen heute auf der Suche sind nach dem tieferen Sinn ihres Lebens, nach Orientierung und Wertmaßstäben für ihr Handeln sowie nach Anknüpfungspunkten zu Gemeinschaftserlebnissen. Hier bietet das Internet durch seinen unkomplizierten und anonymen Zugang neue Chancen der Kommunikation für alle Altersgruppen. Einige praktische Beispiele zeige ich dazu auf.

www.unsere-pfarrei.de

In einer mobilen Gesellschaft wie der unsrigen ist der Kontakt mit der Kirchengemeinde am Ort nicht mehr selbstverständlich. Wie heißt unser Seelsorger? Wann ist Gottesdienst? Gibt es hier einen Kirchenchor? Was ist das Besondere meiner Pfarrei? Solche und andere Fragen kann die Pfarreihomepage beantworten. Namen und Einrichtungen sowie Gruppen vorstellen und Kontaktadressen nennen kann der erste Brückenschlag zum interessierten Besucher sein. In einer visuell geprägten Gesellschaft kommen Fotos der betreffenden Personen und Gruppen gut an. Ganz wichtig ist die Möglichkeit an die Seelsorger und andere genannten Personen ein persönlich adressiertes Mail zu schreiben. Diese genannten Daten lassen sich ähnlich wie bei einem Prospekt für Neuzugezogene, das ihnen bei einem Besuch überreicht wird, einmal einpflegen und von Zeit zu Zeit aktualisieren. So kann die Standardversion einer pfarreilichen Homepage aussehen, die sich auch für den Verantwortlichen für diese Seiten als relativ pflegeleicht erweist.

Erweitern lässt sich das Angebot mit aktuellen Einladungen zu besonderen Veranstaltungen, Informationen und Artikeln zu Vorhaben rund um das Gemeindeleben. Damit jedoch kommt der Verantwortliche in die Verpflichtung des Frischhaltedatums. Vergangene Veranstaltungshinweise müssen gelöscht und neue ständig eingepflegt werden, wenn die Seiten als aktuell gelten sollen. Sonst gleicht im Zweifelsfall der Internetauftritt einem Schaukasten, in dem das Plakat vom letzten Fasching noch kurz vor Ostern vor sich hin gilbt. Moderne Redaktionssysteme, die in manchen Diözesen verwendet werden, übernehmen diese Funktion selbstständig und entlasten von der Pflicht dauernd dran zu bleiben. Mit dieser Software lassen sich Nachrichten und Veranstaltungshinweise einpflegen, zu einem bestimmten Datum veröffentlichen und nach der Durchführung selbsttätig löschen.

Sehr kundenfreundlich, wenn ich das so formulieren darf, machen sich auf der pfarreilichen Seite Hinweise für verschiedene Anlässe: Wie ist der Weg für die Taufe meines Kindes? Was ist bei der Planung einer kirchlichen Trauung zu beachten? Wie wird in der Pfarrei auf die Erstkommunion und Firmung vorbereitet? Mein Vater liegt im Sterben? Wie verhalte ich mich?

Um das letzte Beispiel aufzugreifen: Gerade für den Trauerfall sind die Beerdigungsinstitute mit einer umfassenden Homepage online. Besuchen Sie doch einmal http://www.bestattungsinstitut.de/ und klicken sich durch die verschiedenen Themen. Da wird Dienstleistung im Internet groß geschrieben ohne technische Raffinessen.

Letztlich geht es immer um den wohlwollenden Blick für die Situation der Menschen. Wenn heute über 85 Prozent der Katholiken keinen regelmäßigen Kontakt mehr zur Pfarrei pflegen, kann Vieles nicht mehr als bekannt vorausgesetzt werden. In einer mobilen Gesellschaft, in der die Paare alleine ohne Eltern und Großeltern in einer Stadt leben fällt die Rückfragemöglichkeit an die Generation mit religiösem Traditionswissen weg. Hier kann das Internet elegant die ersten Fragen beantworten, die Schwellenangst nehmen und einen direkten Kontakt zum Pfarrbüro und den Seelsorgerinnen und Seelsorgern anbahnen.

Bei allen möglichen Risiken und negativen Nebenwirkungen, die dieses Medium sicher auch hat, schätze ich die Vorzüge und möchte sie nicht missen. Wie immer beim Umgang mit Medien: Es kommt darauf an, was man daraus macht. Wer sich einmal in Ruhe umschaut, wird viele Vorteile entdecken und gelungene Beispiele, wie man es machen kann. Für mich ergeben Kanzel und Tastatur, Beichtstuhl und Bildschirm einen Sinn. Es sind verschiedene Wege mit dem gleichen Ziel: mit Menschen in Kontakt zu kommen und ihnen in ganz verschiedener Weise die Botschaft des menschenfreundlichen Gottes zu kommunizieren.

Johannes Simon

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