Papst Franziskus schreibt an das „Volk Gottes“ zum Thema sexueller Missbrauch

Er brandmarkt Klerikalismus und ruft zur Umkehr auf – Einschätzungen von Bischof Ackermann

von Pressemitteilung DBK / EK am 22.08.2018 - 04:00  

In einem „Brief an das Volk Gottes“ bittet Papst Franziskus alle Gläubigen, den Kampf gegen sexuellen Missbrauch zu unterstützen.

Papst Franziskus hat am Montag, 20. August 2018, einen „Brief an das Volk Gottes“ zum Thema sexueller Missbrauch geschrieben. Anlass des Papstschreibens ist der Bericht, der die Fälle von sexuellem Missbrauch in sechs Diözesen im US-amerikanischen Bundesstaat Pennsylvania aus den vergangenen 70 Jahren beschreibt. In einer Pressemeldung der Deutschen Bischofskonferenz kommentiert der Beauftragte für Fragen des sexuellen Missbrauchs im kirchlichen Bereich und für Fragen des Kinder- und Jugendschutzes, Bischof Dr. Stephan Ackermann (Trier), den Brief. Seine Einschätzungen werden hier in gekürzter Form wiedergegeben. Den vollen Wortlaut der Pressemeldung sowie den Wortlaut des Briefes von Papst Franziskus finden Sie unter www.dbk.de.

Bischof Ackermann schreibt:

Erneut bringt Papst Franziskus seine Scham und seine Trauer über diese Verbrechen zum Ausdruck. Der Papst macht in seinem Schreiben unmissverständlich klar, dass er an der Seite der Opfer und ihrer Familien steht und er sich mit der ganzen Autorität seines Amtes dafür einsetzt, „dass sich solche Situationen nicht nur nicht wiederholen, sondern auch keinen Raum finden, wo sie versteckt überleben könnten.“

Klerikalismus begünstigt sexuellen Missbrauch

Der Papst hat in den vielen Stellungnahmen, die er in seiner fünfjährigen Amtszeit zu diesem Thema schon abgegeben hat, noch nie so deutlich ausgedrückt, dass der sexuelle Missbrauch durch Priester immer zugleich auch ein Macht- und ein Gewissensmissbrauch ist. Sexueller Missbrauch wird begünstigt und gedeckt durch die Haltung des Klerikalismus, die der Papst als eine „anomale Verständnisweise von Autorität in der Kirche“ brandmarkt und aufs Schärfste verurteilt: „Zum Missbrauch Nein zu sagen, heißt zu jeder Form von Klerikalismus mit Nachdruck Nein zu sagen.“

Deshalb mahnt der Papst in seinem Schreiben auch nicht nur verstärkte Präventionsbemühungen an, sondern sieht die Notwendigkeit einer „Umkehr des kirchlichen Handelns“ insgesamt. Aus diesem Grund ruft er das Volk Gottes auf zu Fasten, Buße und Gebet. Sicher wird die Frage gestellt werden, warum der Papst dieses Schreiben an das ganze Volk Gottes richtet, wo doch die Schuld und Verantwortung in erster Linie bei den Priestern, den Bischöfen und Ordensoberen liegt. Der Brief wird sich diese Frage gefallen lassen müssen.

Papst traut dem Klerus allein nicht die Kraft zur Erneuerung zu

Zugleich lässt der Papst keinen Zweifel daran, dass er dem Klerus allein nicht die notwendige Kraft zur Erneuerung zutraut. Vielmehr setzt Franziskus dabei auf die Hilfe des ganzen Gottesvolkes auch in der Form, „all das anzuprangern, was die Unversehrtheit irgendeiner Person in Gefahr bringen könnte.“ Der Papst wünscht sich in der Kirche die Bereitschaft zu einer Solidarität, „die zum Kampf gegen jede Art von Korruption, insbesondere der spirituellen, aufruft“.

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