Selbstbestimmt sterben?

Das Schwerpunktthema für September/Oktober 2023

von Elfriede Klauer am 28.06.2023 - 06:00  

Was für die einen eine tröstliche Vorstellung ist, ist für andere völlig unannehmbar – die Möglichkeit, selbst seinen Todeszeitpunkt zu bestimmen. In seinem Urteil vom 26. Februar 2020 hat das Bundesverfassungsgericht genau diese Möglichkeit gestärkt. Mehr noch: Die Richterinnen und Richter haben das Recht auf selbstbestimmtes Sterben als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und als Ausdruck personaler Freiheit definiert. Anlass für dieses Urteil war der Strafrechtsparagraf 217, der seit 2015 die „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ unter Strafe gestellt hatte. Diesen Paragrafen erklärten die Richterinnen und Richter 2020 als verfassungswidrig. Denn wenn es ein Recht auf den Tod gibt, muss man dafür auch Hilfe in Anspruch nehmen können, so das Gericht. Jetzt liegt es am Gesetzgeber, eine neue Balance zu finden zwischen dem vom Bundesverfassungsgericht definierten Recht auf selbstbestimmtes Sterben und dem verfassungsrechtlich gebotenen Lebensschutz, den das Gericht ebenfalls betont hat. Und es liegt an jedem und jeder einzelnen, sich mit diesem Thema und dem eigenen Sterben auseinanderzusetzen. Dazu möchte dieses Schwerpunktthema beitragen.

Die „Texte“ stellen die aktuelle Rechtslage in Deutschland dar und beleuchten die verschiedenen Standpunkte. In Interviews berichtet die Palliativmedizinerin Prof. Johanna Anneser von ihren Erfahrungen und Einschätzungen, spricht die katholische Moraltheologin Kerstin Schlögl-Flierl von den Befürchtungen und Forderungen der katholischen Kirche und stellt der Medizinethiker Florian Jeserich die Ergebnisse seiner Studie vor. Er befragte 2022 kirchlich Beschäftigte im Gesundheitswesen nach ihrer Einstellung zur Suizidbeihilfe und förderte überraschende Ergebnisse zutage. Im Juli 2023 konnte sich der Deutsche Bundestag nicht auf eine gesetzliche Regelung der Suizidbeihilfe einigen. Was das bedeutet, erläutert der Sozialethiker Andreas Lob-Hüdepohl ebenfalls in einem Interview.

Weitere Beiträge beleuchten die Haltung der Kirchen zu diesem Thema; ein Buchtipp und ein Standpunkt laden zur persönlichen Auseinandersetzung ein. Schließlich nimmt die schwerkranke Jutta Weimer die Leserinnen und Leser mit in ihre Welt des Lebens und Sterbens und eine Hospizmitarbeiterin berichtet von einer Sterbebegleitung. In den „Tipps“ finden sich Ideen, das Schwerpunktthema mit lokalen Informationen und Meinungen anzureichern. Und die Rubrik „Links“ hält Linktipps für den Pfarrbrief bereit.

    Bilder

    Suizidbeihilfe in Deutschland: Ein Interview mit dem Sozialethiker Andreas Lob-Hüdepohl

    von

    Interview mit Andreas Lob-Hüdepohl im Newsletter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), 1. September 2023

    Viele hatten darauf gewartet, doch das Gesetz blieb aus: Im Bundestag gab es Anfang Juli 2023 keine Mehrheit für die gesetzliche Regelung der Suizidbeihilfe. Was heißt das in der Praxis?

    Bundestag lehnt Gesetzesentwürfe ab und fordert ein Gesetz zur Suizidprävention

    von

    Gudrun Sailer (6. Juli 2023), www.vaticannews.va/de

    Die Beihilfe zum Suizid bleibt in Deutschland weiterhin rechtlich uneindeutig. Beide dazu vorliegenden Gesetzesentwürfe fanden in der Beratung am 6. Juli 2023 im Bundestag keine Mehrheit.

    von

    Elfriede Klauer

    Der Rechtswissenschaftler Arthur Kreuzer nennt in einer Stellungnahme für das Bundesgesundheitsministerium fünf Grundsätze:

    von

    Jutta Weimer, Quelle: Magazin JESUITEN 2022-2, www.jesuiten.org/wir-jesuiten/unser-magazin

    Wie zerbrechlich Leben sein kann, musste Jutta Weimer am eigenen Leib erfahren. Sie bekam überraschend eine Hirnblutung, die ihr Leben fundamental veränderte.

    Interview mit der Palliativmedizinerin Johanna Anneser zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts

    von

    Quelle: www.mri.tum.de, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München

    Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2020 das Verbot organisierter Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt. Prof.

    Ein Interview mit der katholischen Moraltheologin Kerstin Schlögl-Flierl

    von

    Elfriede Klauer

    Im Februar 2020 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass es ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben gibt und dass man dafür auch Hilfe in Anspruch nehmen darf. Seitdem ist die Frage einer Beihilfe zum Suizid wieder Gegenstand der gesellschaftlichen und parlamentarischen Debatte.

    Ein Interview mit dem Medizinethiker Florian Jeserich, der Beschäftigte im Gesundheitswesen nach ihrer Einstellung zur Suizidbeihilfe befragte

    von

    Elfriede Klauer

    Was denken die Menschen über eine Suizidbeihilfe, die täglich in christlichen Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen mit Sterben und Tod konfrontiert sind? Der Medizinethiker Florian Jeserich hat dazu 2022 im Bistum Essen verschiedene Berufsgruppen befragt.

    Ein Standpunkt

    von

    Elfriede Klauer

    Neulich auf einer Geburtstagsfeier. „Wenn mir mein Leben nicht mehr gefällt, gehe ich“, sagt mein Gesprächspartner. Mich überrascht die Abgeklärtheit, mit der er das sagt. Er hat diesen Gedanken wohl schon oft durchgespielt, hat sogar jemanden gefunden, der ihm dabei helfen wird.

    von

    Elfriede Klauer

    Die katholische Kirche lehnt Suizidbeihilfe ab. Es geht ihr um Hilfe im Sterben und nicht um Hilfe zum Sterben. Verschiedene Argumente werden dafür angeführt:

    von

    Elfriede Klauer

    Menschen mit Suizidgedanken können sich an die Telefonseelsorge wenden. Sie ist unter den Rufnummern 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222 täglich rund um die Uhr erreichbar. Sie berät kostenfrei und anonym.

    Katholische Bischöfe nehmen Stellung

    von

    Pressemeldung DBK

    Ende Juni 2022 hat der Bundestag über die Neuregelung der Suizidbeihilfe beraten. Aus diesem Anlass erklärten der Vorsitzende der Glaubenskommission, Bischof Dr.

    Ferdinand von Schirach verhandelt tiefgründig die Frage, wer über den Tod entscheiden darf

    von

    Christine Vornehm, rezensiert für den Sankt Michaelsbund

    Nach dem viel diskutierten und bekannt gewordenen Theaterstück „Terror“ stellt Ferdinand von Schirach eine zweite explosive Frage, wem unser Leben gehöre und wer über unseren Tod entscheiden dürfe.

    von

    Barbara Günster

    Ein Anruf aus dem Altenheim:

    „Agnes H. ist nach der zweiten erfolglosen Chemotherapie zurück im Altenheim. Sie ist desorientiert und traurig - Es wäre gut, wenn sie jemand besuchen könnte ...“

    Tipps für Pfarrbriefredaktionen

    Hilfe bei Suizidgedanken

    Der Wunsch, sich selbst zu töten, drückt aus, dass man „so“ nicht weiterleben möchte. Da kann es hilfreich sein zu wissen, dass es Hilfe und Unterstützung gibt. Weisen Sie in Ihrem Pfarrbrief hin

    • auf die Telefonseelsorge, die Betroffene rund um die Uhr erreichen können,
    • auf Hospiz- und Palliativdienste, die Sie unter https://www.wegweiser-hospiz-palliativmedizin.de/de für Ihre Region herausfinden können,
    • auf Angebote Ihrer Pfarrei oder auch Kommune, wie Besuchsdienste oder Gruppen und Veranstaltungen, die der Einsamkeit abhelfen

    Pro und Contra Suizidbeihilfe

    Vielleicht finden sich zwei Menschen aus Ihrem Team, die zum Thema Suizidbeihilfe Stellung beziehen möchten, pro und contra. Stellen Sie diese Meinungen gegenüber. Sie helfen Ihren Leserinnen und Lesern, sich selbst eine Meinung zu bilden. Eine Pro-Stellungnahme finden Sie zum Beispiel hier: https://www.pfarrbriefservice.de/file/das-leben-selbst-beenden

    Schwerpunktthema Suizidprävention

    Ein eigenes Schwerpunktthema auf Pfarrbriefservice.de bietet umfangreiche Materialien zum Thema Suizid und Suizidprävention: https://www.pfarrbriefservice.de/article/niemand-bringt-sich-gerne-um

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