Welche Argumente führen die Kirchen in der Debatte um eine Beihilfe zum Suizid an?

Die katholische Kirche lehnt Suizidbeihilfe ab. Es geht ihr um Hilfe im Sterben und nicht um Hilfe zum Sterben. Verschiedene Argumente werden dafür angeführt:

So ist das Leben an sich zentral und schützenswert, weil es von Gott geschenkt ist. Über sein Leben hat der Mensch keine volle Verfügungsgewalt. „Es hat einen Wert in sich, auch wenn der Körper keine Leistung erbringt oder nicht voll funktionsfähig ist“, heißt es etwa im Themendossier „Sterben in Würde“ der Deutschen Bischofskonferenz (www.dbk.de).

Ein selbstbestimmtes Recht zu Sterben, wie es das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil im Februar 2020 formulierte, gibt es nach Ansicht der katholischen Kirche nicht. Denn die Selbstbestimmung eines Menschen ereigne sich immer in Beziehung: in Beziehung zu sich selbst, zu anderen, zum Beispiel den Angehörigen, und in Beziehung zu Gott. „Die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, verneint im Suizid radikal ihre eigene Basis, das Leben, und wird ad absurdum geführt“, schrieben beispielsweise Kerstin Schlögl-Flierl, Professorin für katholische Moraltheologie an der Universität Augsburg, Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen, und Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritas-Verbandes in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung „Die Welt“ (9. August 2021).

Darüber hinaus zeige die Suizidforschung, dass Selbsttötungswünsche sehr unbeständig und in fast allen Fällen ein Ausdruck des Wunsches sind, „so“ nicht mehr weiterzuleben. Statt Suizidassistenz plädiert die Kirche für Gesprächs- und Hilfsangebote, für eine gute Suizidprävention und ein dem Leben zugewandtes Gesamtklima (ww.dbk.de).

Sie warnt davor, dass Suizid zu einer selbstverständlichen Option neben anderen am Lebensende wird und dass die Entscheidung dafür auf situativer Verzweiflung, Überredung oder gar subtilem Zwang beruhen könnte. Sie sieht die Gefahr, dass sich Menschen, vor allem alte und pflegebedürftige, genötigt sehen, sich für eine Selbsttötung zu entscheiden, um keinem mehr zur Last zu fallen.

Die evangelische Kirche argumentiert ebenso. Allerdings sprachen sich einige evangelische Theologen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts für einen verantwortlichen, restriktiven Umgang mit der Suizidbeihilfe aus. Aus christlicher Sicht gebe es zwar ein uneingeschränktes Recht auf Leben, aber keine Pflicht zum Leben. Eine Person dürfe nicht gegen ihren ausdrücklichen Willen zum Weiterleben gezwungen werden, erklärten beispielsweise die Theologen Reiner Anselm und Isolde Karle sowie der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (25. Mai 2021). Ein assistierter Suizid müsse nicht als Akt der Lebensverneinung interpretiert werden: „Der Wunsch, das Leben zu beenden, kann auch Ausdruck eines spirituellen Einverständnisses, der Akzeptanz des Todes und der Endlichkeit sein“, heißt es in dem Beitrag.

Elfriede Klauer, In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Elfriede Klauer
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