Wie die Liebe zu sich selbst die Welt verändern kann

Ein Gespräch mit Susanne Petz über ihren Dokumentarfilm „… wie Dich selbst?“

Frau Petz, zusammen mit Ralph Gladitz haben Sie den Dokumentarfilm „…wie Dich selbst?“ gedreht, in dem Sie neun verschiedene Menschen, Männer wie Frauen, Alte wie Junge, auch mit unterschiedlichen Berufen, wie z.B. HandwerkerInnen, KünstlerInnen und ErzieherInnen dazu bewegen, vor der Kamera über das intime Verhältnis zu sprechen, das sie zu sich selbst haben. Wie sind Sie denn auf diese Idee gekommen?

Susanne Petz: Die Idee entstand aus meiner Arbeit als Business-Coach, wo ich feststellte, dass beruflicher Erfolg nicht gleichbedeutend ist mit Selbstakzeptanz. Denn unabhängig von ihrem beruflichen Status hadern viele Menschen mit ihrer Selbstliebe. Meine persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema und die Einsicht, dass es einen großen Einfluss auf unser Selbstbild und unsere Beziehungen hat, motivierten mich, diesen Film zu machen.

Wie sind Sie konkret bei der Auswahl dieser Personen vorgegangen? Gab es da bestimmte Kriterien, die eine Person erfüllen musste, um Teil des Films zu werden?

Susanne Petz: Die Auswahl erfolgte spontan und es gab weder ein Casting noch Vorgespräche. Wir sprachen einfach Menschen an, die uns interessant erschienen, und luden sie ein, über ihre Beziehung zu sich selbst zu sprechen. Unser Ziel war es, eine möglichst gemischte Gruppe zu bilden, die unterschiedliche Lebensalter, Berufe und Bildungshintergründe repräsentiert, um ein breites Spektrum an Perspektiven abzubilden.

Wie gelang es Ihnen, die Interviewten zu persönlichen Einblicken zu bewegen?

Susanne Petz: Es war einfacher als gedacht – vielleicht auch, weil wir bei den Gesprächen vermittelten, dass es keine falschen Antworten gibt. Die Teilnehmenden wurden von uns als Experten ihres Lebens betrachtet, was eine Atmosphäre der Offenheit und Akzeptanz schuf. Diese Herangehensweise ermöglichte es den Menschen, frei über ihre Gedanken und Gefühle zu sprechen.

Der Begriff der Selbstliebe ist ja zentral für den Film. Was verstehen Sie persönlich darunter?

Susanne Petz: Da möchte ich voranschicken, dass wir in dem Film keine Fachleute zu Wort kommen ließen und wir Selbstliebe vorher auch nicht definiert haben. Für mich ist Selbstliebe die vorbehaltlose Annahme aller Aspekte meines Seins, einschließlich meiner Schwächen und Fehler. Sie unterscheidet sich vom Selbstwertgefühl, da sie nicht an äußere Werte gebunden ist, sondern eine umfassende Akzeptanz darstellt. Selbstliebe ermutigt mich, an mir zu arbeiten, während ich mich gleichzeitig in meinem aktuellen Zustand akzeptiere.

Welche Rolle spielt der Filmtitel „…wie Dich selbst?“ im Kontext der Selbstliebe?

Susanne Petz: Mit meinen 62 Jahren bin ich noch so aufgewachsen, dass der erste Teil des Bibelzitats: „Liebe deinen Nächsten,“ überaus wichtig war, wohingegen der zweite Teil „…wie Dich selbst“ so gut wie keine Rolle spielte. All die Verzerrungen des Selbst, wie Egoismus, Narzissmus, Geiz und so weiter, entstehen aus einem Mangelgefühl, also der Sorge, dass nicht genug für einen selbst da ist. Selbstliebe speist sich dagegen aus dem Urvertrauen, dass es für uns alle reicht. So wird echte Nächstenliebe durch Selbstliebe erst möglich. Es ist ungemein wichtig, sich selbst vorbehaltlos anzunehmen, um auch anderen mit Offenheit und Respekt begegnen zu können. Wenn uns dieser Respekt nicht gelingt, hat das sehr oft mit einem Mangel an Selbstliebe zu tun. Deshalb ruft der Film auf, zu überprüfen, ob es nicht mehr Selbstliebe sein darf.

Hat denn die Arbeit an dem Film auch ihre eigene Perspektive nochmal verändert?

Susanne Petz: Die intensive Beschäftigung mit dem Thema Selbstliebe während der Filmproduktion und das anschließende Schreiben eines Buches darüber haben meine Perspektive erweitert und auch meinen Umgang mit mir selbst. Ich habe gelernt, präsenter zu sein und achtsamer mit mir und meiner Umgebung umzugehen. Diese Erfahrungen fließen heute in meine Arbeit als Coach ein, wo ich Menschen dabei unterstütze, sich selbst und ihre Handlungen zu reflektieren.

Sie sind ja fast immer bei den Filmvorführungen dabei und moderieren im Anschluss Zuschauer-Diskussionen. Welche Rückmeldungen erhalten Sie dort?

Susanne Petz: Viele berichten, dass sie sich mit den Protagonisten identifizieren konnten und dass der Film ihren Blick auf andere verändert hat. Das freut mich am allermeisten. Ich stelle oft die Frage ins Publikum, was möglich wäre, wenn sie mehr Selbstliebe hätten. Da merke ich, dass alleine diese Vorstellung zu mehr Mut und Engagement inspiriert. Bei vielen steigt die Motivation, sich aktiv für Themen einzusetzen, die ihnen persönlich am Herzen liegen und die sie für die gesellschaftliche Entwicklung als wichtig erachten. Auch ich habe den Film ja nicht gemacht, um damit Geld zu verdienen, sondern um meinen Beitrag zu leisten dafür, dass wir anders miteinander umgehen und auch mit der Welt anders umgehen.

Können Sie uns mehr über Ihren Spitznamen „Die Freibeuterin“ erzählen?

Susanne Petz: „Die Freibeuterin“ steht für meinen unabhängigen Geist und meine Entschlossenheit, meinen eigenen Weg zu gehen. Es ist Ausdruck meiner Überzeugung, dass man auch ohne große institutionelle oder finanzielle Rückendeckung bedeutsame Arbeit leisten kann – mit Kreativität und Leidenschaft. Das passt wunderbar zu diesem Film. Den wollte niemand finanzieren, und den wollte niemand machen. Am Ende des Tages haben wir den Film ohne einen einzigen Cent produziert. Und das sehr, sehr professionell: Da hat jemand die Musik dafür komponiert, da war ein professioneller Kameramann am Werk, der sonst für den BR und so weiter arbeitet, da war ein Schnittstudio dabei. Das alles professionell, ohne einen Cent Geld – im Fachjargon „auf Rückstellung“. Also, das ist die „Freibeuterin“, die es schafft, so eine Idee zu verfolgen, MitstreiterInnen zu begeistern und danach zu schauen, wie kommt die Idee an bei den Menschen, die das fertige Produkt hinterher ansehen können.

Frau Petz, ich wünsche Ihnen und uns, dass dieser Film viele weitere Zuschauer erreicht und noch mehr Gespräche und Reflektionen über die Bedeutung von Selbstliebe anregt. Möge er als Inspirationsquelle dienen, sowohl für uns als Einzelne als auch für die Gesellschaft insgesamt. Ich danke Ihnen herzlich für dieses Gespräch und die geteilten Einblicke in Ihre Arbeit.

Das Interview führte Christian Schmitt für Pfarrbriefservice.de.


Infos zum Film:

Filmtitel: „wie Dich selbst?“ 
Dokumentation
Regie: Ralph Gladitz und Susanne Petz
Produktion: 2023 (Deutschland)
Länge: 87 Minuten
Ausführlichere Infos: https://www.wie-dich-selbst.de/Film/

Veranstaltungstipp für Gemeinden:

Wie wäre es mit einer Vorführung des Dokumentarfilms „...wie Dich selbst?“ in Ihrer eigenen Gemeinde, ob in Ihrer Kirche oder in Ihrem Gemeindehaus? Eine solche Veranstaltung bietet die Chance, das wichtige Thema der Selbstliebe gemeinsam zu erkunden und eröffnet zugleich einen wertvollen Raum für Austausch und Diskussion.

Die Regisseure Susanne Petz und Ralph Gladitz sind nach Absprache gerne bereit, zu Ihrer Veranstaltung zu kommen und nach der Vorführung des Films ein Gespräch über das Thema zu moderieren.

Für die Organisation und um weitere Details zu besprechen, nehmen Sie direkt Kontakt auf mit Susanne Petz unter s.petz@die-freibeuterin.de

Weitere Materialien
von

Christian Schmitt

Das Streben nach Selbst-Optimierung und die Selbst-Präsentation in den sozialen Medien bestimmt heute den Alltag vieler Menschen. Der Dokumentarfilm „...wie Dich selbst?“ aus dem Jahr 2023 rückt dagegen ein grundlegendes, oft vernachlässigtes Thema in den Mittelpunkt: die Selbstliebe. In den 87 Minuten geht es nicht um Selbst-Verliebtheit, sondern um eine tiefe, gesunde Beziehung zu sich selbst.

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Text: Christian Schmitt
In: Pfarrbriefservice.de