Ein Jahr in Uganda – was bleibt?

Eine Deutsche in Afrika (8. und letzter Beitrag)

Jetzt bin ich genau ein Jahr in Uganda und fast genau ein Jahr in Moroto, im Nordosten Ugandas. Aber als ich heute nach der Arbeit am Sportplatz stand und wie schon so oft meine Kollegen beim Fußballspiel anfeuerte, stellte ich fest, dass ich so viele Dinge noch nicht weiß. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass mein Kollege Dennis in dem gleichen Team spielt wie andere Kollegen. Plötzlich fühlte es sich so an, als wäre ich noch gar kein Jahr hier, und ich fragte mich, was habe ich überhaupt in dem letzten Jahr gemacht, wenn es immer noch so viele Dinge gibt, die ich nicht weiß? Nachdem ich mich bereits nach ein paar Monaten nach meiner Ankunft heimisch gefühlt hatte, hatte ich heute Abend den Eindruck, noch gar nichts zu wissen. Ich fühle mich genauso willkommen und integriert, aber habe noch genauso viele Fragen wie vor einem Jahr. Ich glaube, deswegen fühlt es sich so an, als wäre ich noch gar kein Jahr hier.

Ich arbeite bei der Caritas, wo wir jedes Meeting mit einem Gebet beginnen und abschließen. Aber dies wird in Uganda generell gerne gemacht, nicht nur bei Caritas. Auch in Trainings und Workshops wird gebetet, zum Beispiel vor dem Mittagessen. Das Besondere ist dabei auch, dass meine Kollegen ohne Probleme beim Beten oder Messehalten zwischen Englisch und ihrer Muttersprache Ngakarimojong hin und her wechseln können. Ich kann immer noch nicht auf Englisch beten. Da frage ich mich wieder: „Was habe ich eigentlich das ganze letzte Jahr gemacht?“ Ich versuche mich mit der Antwort zu trösten, dass mir gar nicht auffällt, was ich alles schon gelernt habe, weil ich das bereits unter Allgemeinwissen verbucht habe - die Bedeutung von Kühen beispielsweise, oder die von Fingerringen und Armreifen oder dass ich es mittlerweile als selbstverständlich erachte, wenn ich einen Jungen sehe, der vielleicht sieben Jahre alt ist und auf eine Herde Kühe aufpasst.

Richtig bewusst sind mir nur die ganzen Fragen, die ich noch habe. Aber wenn ich genau drüber nachdenke, dann fällt mir auf, dass meine Fragen irgendwie anders sind als zu Beginn meines Aufenthalts. Sie sind viel detaillierter und persönlicher und entwickelten sich von „Wo liegt denn dieser Ort?“ zu „Wo bist du zur Schule gegangen?“, weil ich jetzt die Orte kenne und die Schule einordnen kann. Wahrscheinlich werde ich nach meiner Rückkehr erst richtig bemerken, was ich alles gelernt habe und welche Spuren Moroto in mir hinterlassen hat. Ich bin mir schon mal sicher, dass es lauter positive Erinnerungen sein werden.

Patricia Henning, In: Pfarrbriefservice.de

Patricia Henning (geb. 1987) stammt aus Kella im thüringischen Eichsfeld. Die junge Frau engagierte sich von August 2016 bis August 2017 in der ugandischen Stadt Moroto für die Welthungerhilfe und die Caritas Uganda im Rahmen des entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes „weltwärts“ des Bundesentwicklungsministeriums. Ihre Eindrücke und Erfahrungen schildert sie in der Pfarrbriefservice-Reihe „Eine Deutsche in Afrika“.

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Text: Patricia Henning
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