Zwei bis drei Pfarrbriefe im Jahr sollten es schon sein

Geprüft: Pfarrbrief „Wir“ der katholischen Kirchengemeinde Ahaus Wüllen

von Christine Cüppers am 09.03.2020 - 06:00  

Titelseite des Pfarrbriefs „Wir“ in Ahaus-Wüllen

Ein Kirchengemeinde-Jahr auf 72 Seiten – das klingt nach einer Menge Platz für das, was in der Gemeinde stattfindet. Aber ist das wirklich eine gute Lösung, in einen einzigen Pfarrbrief das ganze Jahr hineinzupacken? Die Kirchengemeinde St. Andreas und Martinus in Ahaus-Wüllen hat 2018 zu Pfingsten den „großen Pfarrbrief“ aufgelegt. Leider gab es dazu keinen „Nachfolger“ mehr. Das ist sehr schade, gibt es doch offenkundig genügend Potential für eine regelmäßige Kommunikation mit den Menschen in der Gemeinde.
Der Pfingst-Pfarrbrief 2018 enthält vor allem einen umfangreichen Rückblick auf die Diakonen-Weihe von Gemeindemitglied Martin Hart. Daneben gibt es eine Vielzahl von Berichten über Veranstaltungen und Termine. Die aber lagen fast alle in der Vergangenheit. Nach aktuellen Hinweisen und Ausblicken auf die Zukunft der Kirchengemeinde sucht der Leser dagegen vergeblich.

Genau das aber sollte ein Pfarrbrief enthalten: Perspektiven, Hinweise, wie es weitergeht in der Gemeinde. An Pfingsten mag man eher keine Fastnachtspredigt mehr lesen. Viel spannender wäre, was die einzelnen Gruppen im weiteren Jahreslauf vorhaben und wo man sich selber vielleicht engagieren kann. Für welches Konzert übt der Kirchenchor welches Programm? Was planen die Messdiener und warum entscheiden sich heute Kinder überhaupt noch für diesen Dienst? Wie kann ich mich für Flüchtlinge einsetzen? Was macht Kolping, das für mich interessant wäre? Welche Lebens- und Glaubensfragen beschäftigen die Pfarrei oder das Redaktionsteam? Themen gibt es viele, auch und gerade mit Blickrichtung Zukunft. Statt in einem „Mega-Pfarrbrief“ wären diese Themen wesentlich besser in zwei bis drei „abgespeckten“, dafür aber aktuelleren Ausgaben aufgehoben.

Titelseite

Positiv fallen an dieser Titelseite vor allem die einladende, fröhliche Farbe und der einbeziehende Pfarrbriefname „Wir“ auf. Dadurch kann sich der Leser persönlich angesprochen und zum Einstieg eingeladen fühlen. Doch was ist auf den Fotos zu sehen? Für die Leser, die die Diakonenweihe erlebt haben, haben die drei Fotos einen Aussagewert. Aber was ist mit den „Nicht-Insidern“? Die werden die Motive kaum einordnen können. Es fehlt ein plakativer Hinweis auf das Schwerpunktthema dieser Ausgabe, nämlich auf die Diakonenweihe. Der hätte auch genügend Platz, wenn die wenig aussagekräftige Inhaltsübersicht auf die Seite 2 verschoben und dort um Seitenzahlen und einige weitere Informationen aus dem Inhalt ergänzt werden würde. Zusätzlich könnte man auf der Titelseite neben dem Schwerpunktthema noch das ein oder andere Interessante aus dem Heft kurz anreißen.

Kath. Kirchengemeinde Ahaus-Wüllen

Bild 1

Kath. Kirchengemeinde Ahaus-Wüllen

Bild 2

Kath. Kirchengemeinde Ahaus-Wüllen

Bild 3

Gelungen

Bild 1: Das Schwerpunktthema des Heftes schlägt sich nicht etwa in der Anzahl der gefüllten Seiten nieder, sondern vielmehr in der besonderen Art der Aufmachung: Gute Fotomotive wurden gewählt, um das wichtige Ereignis der Diakonenweihe ins rechte Bild zu setzen. Darüber hinaus sind sehr ansprechend und lesenswert vor allem die Hintergrundinformationen zu den Aufgaben und Pflichten des Diakons, zum Fest im Besonderen und zur Person „des Neuen“ zusammengefasst. „Als Quereinsteiger in den Dienst des Herrn“ ist eine Überschrift, an der wohl kaum ein Leser „vorbeilesen“ kann und will.

Bild 2: Oft sagen Bilder tatsächlich mehr als viele Worte. Das gilt vor allem dann, wenn die Bilder mit einigen wenigen Worten sinnvoll erklärt werden. Gut ausgewählte Motive in ansprechender Größe, gewürzt mit einer Prise Humor, erzählen hier vom vergangenen Palmsonntag und von Ostern in den Gemeinden und dem dazugehörigen Brauchtum. Wer dabei gewesen ist, wird sich gerne erinnern. Wer es nicht erlebt hat, dem vermitteln die Fotos und die Bildtexte einen nachträglichen Eindruck.

Bild 3: „Wir stellen uns vor“ ist ein Rubrikentitel mit Potential! In diesem Fall ist es die Kolpingfamilie, die ihre Aufgaben und Projekte für die Gemeinde vorstellt und gleichzeitig zum Mitmachen einlädt. So oder ähnlich könnte sich in jeder Pfarrbrief-Ausgabe eine weitere Gruppe vorstellen. Eine persönlichere Note bekäme die Rubrik, wenn z.B. ein oder zwei Mitwirkende in einem Kurzinterview über ihre Motivation und künftige Herausforderungen sprechen. Die aktiven Menschen der Gemeinde würden dadurch noch deutlicher und konkreter.

Kath. Kirchengemeinde Ahaus-Wüllen

Bild 4

Kath. Kirchengemeinde Ahaus-Wüllen

Bild 5

Kath. Kirchengemeinde Ahaus-Wüllen

Bild 6

Kath. Kirchengemeinde Ahaus-Wüllen

Bild 7

Ausbaufähig

Bild 4: An dieser Bilderseite für einen Rückblick wird deutlich, dass es bei der Fotoauswahl doch einiges zu beachten gilt. Zu viele Menschen zu sehr von hinten auf zu kleinen Fotos in zu großer Anzahl auf einer Seite – so lässt sich das Zuviel beschreiben, das hier herrscht. Die Motive sind einfach zu voll und zu klein, als dass die Bildchen eine Aussagekraft hätten. Die Hauptperson der Veranstaltung ist so gut wie gar nicht zu erkennen und die Kinder auch nicht. Und obwohl es erklärende Bildtexte gibt – was überaus lobenswert ist, da sie sonst fast überall fehlen! –, erhält der Leser kaum einen Eindruck von der feierlichen Verabschiedung der Kita-Leiterin. Besser wären maximal zwei größere und aussagekräftigere Bilder gewesen.

Bild 5: Toll, dieses lebendige und ausgesprochen sehenswerte Foto. Leider erfährt man mangels Bildunterschrift nicht, wer da so vergnügt und fröhlich dem Betrachter zuwinkt. Das Bild an sich aber ist ein echter Hingucker. Dann aber folgt ein eher nüchterner Rückblick auf Leben und Aktivitäten im Caritas-Seniorenheim auf fast zwei Seiten. Reflektiert wird eine Vergangenheit, die für den Pfarrbrief definitiv zu weit zurückliegt. Hier wäre z.B. ein Blick auf die aktuellen Pläne der Senioren oder ein kurzes Portrait einer Bewohnerin oder eines Mitarbeiters lesenswerter.

Bild 6: Wie ein Kurzinterview im Pfarrbrief aussehen kann, zeigt dieses Beispiel: fünf kurze Fragen und fünf ebenso knappe Antworten können einen Menschen und sein Engagement in der Gemeinde auf persönliche Art und Weise vorstellen. Wichtig ist dabei aber, immer im Blick zu behalten, für wen der Pfarrbrief gemacht wird. Er soll ja gerade auch die Menschen informieren, die nicht regelmäßig zur Kirche gehen und an Veranstaltungen teilnehmen. Bei diesem Kurzinterview fehlt leider eine kurze Vorstellung von Timo Beek in seiner Funktion für die Gemeinde. Welchen Job genau hat er denn, den er so gut macht? Wo kommt er ursprünglich her, dass es ihm in Wessum gut gefällt? Und was ist so besonders, dass er seinen Beruf in Deutschland ausübt? Fünf Sätze zur Einführung fehlen hier, damit die Fragen und Antworten eingeordnet werden können.

Bild 7: Pfarrer Michael Berning hat sich richtig Mühe gegeben mit seiner Karnevals-Predigt! Diese Mühe ist hoffentlich von vielen begeisterten Gottesdienst-Besuchern angemessen gewürdigt und mit ordentlichem Beifall bedacht worden. Aber macht es Sinn, sie viele Wochen später auf vier Seiten im Pfarrbrief zu Pfingsten abzudrucken? Für die Mehrheit der Leser wohl eher nicht. Den Platz könnte man beispielsweise für eine Übersicht über regelmäßige Gottesdienst-Angebote nutzen, die noch fehlt.

Hinweis: Aus datenschutzrechtlichen Gründen sind Gesichter von Personen auf den Beispielseiten teilweise unkenntlich gemacht.

Allgemeine Informationen:

  • Erscheinungsweise: einmal im Jahr, zuletzt Pfingsten 2018
  • Umfang: 72 Seiten
  • Format: DIN A 5
  • Verteilung: durch ehrenamtliche Helfer an die Haushalte und Auslage in den Kirchen
  • Kontakt zur Redaktion: Katholische Kirchengemeinde St. Andreas und Martinus, Lange Straße 35 b, 48683 Ahaus Wüllen, E-Mail: standreas-wüllen@bistum-muenster.de

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