Wie kam es zum Synodalen Weg?

Ein Blick auf die Vorgeschichte und die vier Arbeitsfelder

Am 1. Dezember 2019, dem 1. Adventssonntag, startete der Synodale Weg in der katholischen Kirche in Deutschland. Der Begriff „Synode“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet: gemeinsamer (syn) Weg (hodos).

Missbrauchsstudie als Anlass

Anlass dieses Weges, den die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) verantwortet, ist die Krise, in der sich die Kirche im Ganzen und das kirchliche Amt im Besonderen befindet: Im Herbst 2018 waren die Ergebnisse der so genannten MHG-Studie publiziert worden, in der sexualisierte Gewalttaten von Klerikern an Schutzbefohlenen dokumentiert und analysiert worden waren. Die DBK hatte diese Studie selbst in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse waren erschütternd: Im Untersuchungszeitraum von 1946 bis 2014 fanden sich in den kirchlichen Personalakten von ca. 5 Prozent der Diözesanpriester, also in der Akte jedes 20. Priesters, Hinweise darauf, dass er des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger beschuldigt wurde. Damit ist lediglich eine untere Schätzgröße benannt, zumal erhebliche Mängel in der bischöflichen Aktenführung bis hin zur Aktenmanipulation sichtbar geworden waren.

Forscher: Spezifisch katholische Faktoren begünstigen Missbrauch

Die Forscher haben in ihrer Studie spezifisch katholische Faktoren herausgearbeitet, die Missbrauch durch Kleriker und seine Vertuschung durch kirchlich Verantwortliche nicht verhindert und womöglich sogar begünstigt haben: einen prekären Umgang mit Macht in der Kirche, die exklusiv zölibatspflichtigen Männern zugemessen wird, und „ambivalente Aussagen und Haltungen der katholischen Sexualmoral zur Homosexualität“. Sie empfahlen zudem, „die Bedeutung des Zölibats zu diskutieren“.

Der Synodale Weg und seine vier Foren

Der Synodale Weg greift diese Themen auf, ohne den Prozess auf das Drama sexualisierter Gewalt von Klerikern zu reduzieren. Es handelt sich um Themen, für die viele Gläubige schon lang Reflexions- und Erneuerungsbedarf benannt hatten. Ihr deutliches Votum hatte bisher allerdings keinen ernsthaften kirchlichen Reformprozess initiiert. Aber nun ist von externer wissenschaftlicher Seite in diesen Fragen ein besonderes Gefährdungspotenzial für sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch identifiziert worden. Man darf ihnen nicht mehr ausweichen. Das kirchliche Priesterbild, das kirchliche Frauenbild, sexualethische Vorgaben und die Verurteilung bzw. Tabuisierung von Homosexualität müssen auf den Prüfstand. Denn sie stützen ein System, in dem die körperliche und seelische Integrität von Jungen, Mädchen und Frauen massiv Schaden genommen hat und weiter Schaden nehmen kann.

Der Synodale Weg stellt sich dieser Herausforderung. In vier Foren wird zu den Themen Macht und Gewaltenteilung in der Kirche, Sexualmoral, priesterliche Lebensform und Frauen in Diensten und Ämtern gearbeitet. Diese Foren haben in einer vorläufigen Besetzung bereits begonnen zu arbeiten und Papiere vorgelegt (https://www.synodalerweg.de/dokumente-reden-und-beitraege/). Bei der ersten großen Synodalversammlung Ende Januar 2020 wird ihre endgültige Zusammensetzung durch die Delegierten beschlossen werden.

Julia Knop, In: Pfarrbriefservice.de

Dr. theol. Julia Knop (geb. 1977) ist Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt. Als Teilnehmerin des Forums „Macht, Partizipation und Gewaltenteilung“ war sie aktiv an der Vorbereitung des Synodalen Weges beteiligt und wird sich auch weiterhin einbringen.

Der Synodale Weg

Der Synodale Weg ist ein Gesprächsprozess innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland. Er soll der Aufarbeitung von Fragen dienen, die sich im Herbst 2018 nach der Veröffentlichung der MHG-Studie über sexuellen Missbrauch in der Kirche ergeben haben. Die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken verantworten gemeinsam diesen Prozess, der auf zwei Jahre angelegt ist und am 1. Dezember 2019 eröffnet wurde. www.synodalerweg.de

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Beobachtungen zum Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland: Neue Textreihe

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Text: Julia Knop
In: Pfarrbriefservice.de