Vom Einsiedlertum zur Gemeinschaft im Kloster

Wie sich das christliche Mönchtum entwickelte

Das Leben und Wirken Jesu Christi hat von Beginn an Menschen fasziniert und dazu bewegt, ihr eigenes Leben seiner Nachfolge zu widmen. Aus dieser Motivation heraus entwickelte sich auch das christliche Mönchtum. Seinen Anfang nahm es im 4. und 5. Jahrhundert, zu einer Zeit, als sich das Christentum mehr und mehr in der Gesellschaft etablierte und im Römischen Reich unter Kaiser Konstantin zur Staatsreligion erhoben wurde.

Die ersten Mönche lebten zunächst als Eremiten ("Wüstenbewohner") in der Wüste und verzichteten auf alles Hab und Gut, um in der Einsamkeit ganz für Gott und seine Verehrung zu leben. Nichts sollte sie in der Einöde ablenken von ihrem Dasein für den Allmächtigen und ihrer Suche nach Gottesbegegnung. Gleichsam als erste Entwicklungsstufe dieser Frühform mönchischen Lebens schlossen sich die Eremiten nach und nach zu Gruppen zusammen.

Eine wichtige Rolle bei diesem Prozess spielte Pachomius (um 287-346), ein Schüler des heiligen Antonius, der auf einer Nilinsel eines der ersten Klöster überhaupt gründete und eine Ordensregel verfasste, die zu den ersten christlichen Regelwerken gehörte. Als die Zahl seiner Anhänger immer weiter zunahm, gründete Pachomius weitere Klöster, die zum Vorbild für die späteren Ordensgemeinschaften wurden.

Ordensregeln unter dem Motto "Ora et labora"

Einen weiteren Entwicklungsschub nahm das mönchische Leben zwei Jahrhunderte später unter Benedikt von Nursia (um 480-555), der bis heute als "Vater des abendländischen Mönchtums" gilt. Benedikt – der zunächst ebenfalls als Einsiedler gelebt hatte – gründete 529 ein Kloster auf dem Berg Montecassino südlich von Rom. Für dieses Kloster verfasste er seine Ordensregeln, die unter dem Schlagwort "Ora et labora" ("Bete und arbeite") zur Grundlage zahlreicher Gemeinschaften wurden und bis heute Anwendung finden. Im Mittelalter breiteten sich die Klöster in ganz Europa aus und wurden zu zentralen Orten der gesellschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Entwicklung. Sie prägten das Gesicht des Abendlandes durch die Kultivierung von Land, die Verkündigung der christlichen Botschaft und ihr Zeugnis von einem mildtätigen und barmherzigen Gott.

Gastfreundschaft, Krankenpflege, Bildung, Kunstfertigkeit und Seelsorge strahlten in die mittelalterlichen Gesellschaften hinein und prägten sie nachhaltig. Trotz dieser Erfolgsgeschichte entstand im 10. Jahrhundert der Bedarf nach Reformen des Klosterlebens. Ein wichtiger Grund hierfür war die zunehmende Verweltlichung der wirtschaftlich oftmals sehr engagierten Klöster. Ausgehend von der Abtei Cluny im französischen Burgund kam es zu einer geistigen Erneuerung des Klosterlebens.

Etwa zeitgleich mit den Reformen von Cluny entstanden die ersten Bettelorden, die ebenfalls allen weltlichen Besitztümern entsagten. Sie waren eine Reaktion auf die gewaltigen gesellschaftlichen Umbrüche: Die Kirche war in politische Machtkämpfe verstrickt, das Leben in den aufstrebenden Städten war von Not und Gefahr geprägt, die Geldwirtschaft erlangte immer größere Bedeutung. Dies alles weckte die Sehnsucht nach einem authentischen Leben auf Basis des Evangeliums, die von den Bettelorden gestillt wurde. Große Einschnitte in der Ordens- und Klostergeschichte brachten im 16. Jahrhundert die von Martin Luther in Gang gesetzte Reformation und die darauf folgenden Glaubenskämpfe. Vor allem in den Gebieten, in denen sich die Reformatoren und ihr neuer evangelischer Glaube durchsetzten, wurden viele Klöster aufgehoben oder zerstört.

Herausforderungen für die Zukunft

Ein ähnliches Schicksal erlitten rund 300 Jahre später viele weitere Abteien im Rahmen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803. Dieser Beschluss der weltlichen Fürsten verfügte die Säkularisation der meisten katholischen Besitzungen in Deutschland. Im Zuge der Umwandlung von kirchlichem in staatliches Territorium wurden rund 300 Klöster aufgehoben. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam es vermehrt zum Rückkauf oder zur Rückübertragung von Klöstern und zum Aufbau neuer Abteien. Ausgelöst durch die Veränderungen in Kirche und Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg gerieten viele Orden in den westlichen Ländern in eine Krise, die bis heute andauert: Sie müssen zahlreiche Austritte verkraften und kämpfen angesichts geringer Eintrittszahlen und eines hohen Altersdurchschnitts um den Fortbestand ihrer Gemeinschaften.

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) rief die Orden deshalb dazu auf, sich auf ihre Wurzeln zu besinnen und Wege zu finden, ihren Auftrag auch in Zukunft leben zu können. Eine vielversprechende Möglichkeit kann beispielsweise die Öffnung nach außen sein. Viele Klöster in Deutschland haben in den vergangenen Jahren auf die wachsende Nachfrage nach Auszeiten, alternativen Lebensformen und Meditationen reagiert und Angebote für Besucher (oftmals unter dem Motto "Kloster auf Zeit") entwickelt. Hinzu kommen ein steigendes Interesse an der Geschichte und Tradition der Orden sowie eine Neugier, was sich hinter den Klostermauern verbirgt.

Steffen Zimmermann
Quelle: www.katholisch.de, In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Steffen Zimmermann
In: Pfarrbriefservice.de