Und wie beten Sie, Herr Bischof?

Acht Fragen an den Erfurter Bischof Joachim Wanke über das Beten

Was heißt für Sie Beten?

Gott Raum und Gehör geben in meinem Leben. Gebet ist freilich auch Antwort auf das, was er mir schenkt, was er mir ermöglicht, manchmal auch zumutet. Dank, Lobpreis, Bitte und Fürbitte, aber auch einfaches Verweilen in seiner heiligen Gegenwart – all das heißt für mich beten.

Was hat das Beten mit Ihrem Leben zu tun?

Das Gebet ermöglicht mir, mein Leben vor Gottes Angesicht gleichsam von innen zu sehen. Alles, was geschieht, was ich aktiv tue oder auch passiv erleide, hat für mich, aber auch für andere eine Bedeutung. Dem gehe ich im Gebet nach. Wenn ich bete, frage ich auch nach dem, was jetzt wichtig ist. Das ist so, wie wenn man mit dem Auto vor einer Ampel steht: Was ist angezeigt? Rot – Gelb – Grün? Je nachdem wird meine Reaktion unterschiedlich sein.

Begegnen Sie in Ihrem Beten Gott? Wie muss man sich das vorstellen?

Nicht spektakulär. Es ist eher so wie mit einer Begegnung mit einem vertrauten Menschen. Man merkt ohne viele Worte, ob das „Klima“ stimmt – oder ob der Haussegen schief hängt. Wichtig ist die innere Aufmerksamkeit – der Wille, wirklich auf Gottes „Stimme“ zu hören.

Ist Beten zeitintensiv?

Ja und nein. Ein Gottesdienst braucht seine Zeit, das ist klar. Auch das Breviergebet, der Rosenkranz usw. Aber das persönliche Gebet, gerade auch mitten im Gedränge des Alltags, ist nicht zeitintensiv. Es ist eher wie ein kurzes Innehalten, ein Atemholen der Seele, ein Erheben des Herzens – so wie ich an andere, mir liebe Menschen denke. Zudem gibt es ja, wenn wir ehrlich sind, auch im Alltag so manche Pausen und „Warteschleifen“, die man gut mit einem Gebet füllen kann.

Was ist hilfreich fürs Beten? Ein besonderer Ort, eine besondere Stimmung?

Hilfreich für das Gebet ist eine feste Zeit. Gut ist auch eine schriftliche Vorlage, ein Bibeltext, ein geformtes Gebet, ein Jesus-Gebet, das sich zum Wiederholen eignet. Über den Ort und die Gebetshaltung wird jeder selbst je nach eigenen Möglichkeiten entscheiden müssen. Aber von „Stimmungen“ sollte man sich nicht abhängig machen.

Was raten Sie einem, der anfangen möchte zu beten, aber nicht weiß, wie?

Ein Anfänger im Gebet sollte sich eine geschützte Zeit gönnen, am besten am Tagesanfang. Er sollte alle äußeren „Berieselungen“ (TV, Radio etc.) abschalten. Sich in Gottes Gegenwart versetzen, still werden, sich „anschauen“ lassen – und hören, was Gott ihm sagen will. Das langsame Lesen eines Psalms (z. B. Psalm 63) kann helfen, oder das meditative Wiederholen des alten Gebetes: „Jesus, Sohn des lebendigen Gottes, erbarme dich meiner!“

Was raten Sie einem, der enttäuscht ist vom Beten?

Nicht aufgeben! Gebet ist kein Tauschgeschäft. Das ist wie beim Gespräch unter Freunden. Man muss Geduld haben, aufeinander hören – und warten, ob der andere reagiert. Vielleicht hat er oder sie Gründe, mich warten zu lassen. Da muss das Vertrauen tragen, dass der oder die andere es mit mir gut meint.

Ihr Lieblingsgebet?

„Ich weiß, dass du mein Vater bist,
in dessen Hand ich wohl geborgen.
Ich will nicht fragen, wie du führst,
ich will dir folgen ohne Sorgen.
Und gäbest du in meine Hand mein Schicksal,
dass ich selbst es wende,
ich legt’ mit kindlichem Vertraun
es doch zurück in deine Hände.“

Fragen: Elfriede Klauer, pfarrbriefservice.de

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Das Schwerpunktthema für September 2010

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Text: Elfriede Klauer
In: Pfarrbriefservice.de