Reinhard Marx: Kult. Warum die Zukunft des Christentums uns alle betrifft

Religiöser Buchtipp für Mai 2025

„Christentum ist Kult!“ – Wer würde solch einer Aussage heute zustimmen, in einer Zeit, da Kirchen, Konfessionen und religiöser Glaube in der Gesellschaft rapide an Bedeutung und Ansehen verlieren? Natürlich ist der Buchautor, Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx kein Realitätsverweigerer, vielmehr benutzt er bewusst die Doppeldeutigkeit des Begriffes „Kult“, um deutlich zu machen: Das Christentum kann seine große Bedeutung für unsere Gesellschaft, ja die ganze Welt bewahren, weil es in seinem Wesenskern nicht nur eine bestimmte Weltanschauung oder Ethik ist, sondern eben: Kult.

Der Begriff „Kult“ steht in der Religionsgeschichte für die Versuche des Menschen, zu Gott in Beziehung zu treten. Das Christentum geht davon aus, dass in Jesus Christus Gott selbst Mensch geworden ist; die Begegnung mit Jesus ist also das alles Entscheidende. Diese Begegnung mit Jesus war aber nicht nur für Jesu Zeitgenossen möglich; sie ist nach seinem Sterben und seiner Auferstehung für alle Menschen möglich – in der Feier der Eucharistie, in der die Hingabe Jesu am Kreuz nicht nur erinnert, sondern gegenwärtig wird. „Das bezeichne ich im engeren Sinn mit dem Wort Kult: ein Mahl, in dem das Leben, Sterben und Auferstehen Jesu von Nazareth … gefeiert und damit in die jeweilige Mitte und Gegenwart hineingeholt und gegenwärtig wird“, so Marx.

Eucharistie schafft eine neue Gemeinschaft der Menschen

Die Feier des Gottesdienstes, insbesondere der Eucharistie, ist für das Christentum darum der eigentliche Wesenskern. Nicht als Weltflucht oder Rückzug in die Innerlichkeit, im Gegenteil: „Von Anfang an durchbricht diese Gemeinschaft Grenzen von Kultur, Sprache, Herkunft, Geschlecht. Die Begegnung mit dem geheimnisvollen Gott … hat Auswirkungen auf das Miteinander der Menschen und auf die konkrete Praxis ihres Lebens.“ Die Eucharistiefeier schafft eine neue Gemeinschaft der Menschen untereinander – und sie ist zugleich immer auch Sendung in die Welt, um die frohe Botschaft zu allen Menschen zu bringen.

Die Überlegungen von Kardinal Marx zum Kult als der Mitte des Christentums sind im selbstkritischen Ringen um den richtigen Weg der Kirche in die Zukunft angesichts der enormen Austrittszahlen, des Missbrauchsskandals und in der Auseinandersetzung mit soziologischen und religionsphilosophischen Positionen unserer Zeit, wie sie etwa Hartmut Rosa oder Jürgen Habermas vertreten, entstanden. Dahinter steht die tiefe Überzeugung, dass die Religion der Gesellschaft Wesentliches zu geben hat – nicht nur die Hinwendung zur Transzendenz, sondern auch eine Horizonterweiterung im Hinblick auf die Gemeinschaft der Menschen untereinander. Gerade um ihren Auftrag für die Welt zu erfüllen, muss sich die Kirche darum wieder stärker auf ihren Wesenskern besinnen. Dazu kann dieses Buch mit seiner überzeugenden zentralen Aussage und vielen weiterführenden Anregungen einen wertvollen Beitrag leisten. (Sankt Michaelsbund)

Reinhard Marx: Kult. Warum die Zukunft des Christentums uns alle betrifft. München, Kösel Verlag, 2025. 176 Seiten; 20,00 €

(Als „Religiöses Buch des Monats“ benennen der Borromäusverein, Bonn, und der Sankt Michaelsbund, München, monatlich eine religiöse Literaturempfehlung, die inhaltlich-literarisch orientiert ist und auf den wachsenden Sinnhunger unserer Zeit antwortet.)

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Text: Sankt Michaelsbund
In: Pfarrbriefservice.de