Noch „perfekt“ oder schon „defekt“?
Eine Geschichte zur Selbstoptimierung
Ein Mann, der nur heiraten wollte, wenn er die perfekte Frau fände, hatte tatsächlich das Glück, sie zu finden, seine perfekte Frau. Als er gefragt wurde, warum er sie nicht heirate, soll er todtraurig geantwortet haben: „Das Problem ist, dass sie den perfekten Mann sucht!“ Aristoteles, ein sehr kluger Philosoph, hätte uns diese skurrile Geschichte wahrscheinlich so erklärt: „Alles im Leben, was einen Wert hat, kann durch ein Zuviel oder ein Zuwenig zerstört werden! Die Mitte ist hier gefragt!“.
Es wird darauf ankommen, dass nur ein Gleichgewicht zwischen den vielen Gegensätzen im Leben Glück garantieren kann, wie zum Beispiel eine gute Balance zwischen Ich und Du, Nähe und Distanz, Harmonie und Streit, Vertrauen und Misstrauen, Festhalten und Loslassen, Geduld und Ungeduld, Akzeptanz und Perfektionierung. Das Leben gleicht einem wahren Drahtseilakt. Wer dieses Gleichgewicht auf die Dauer nicht halten kann, wird irgendwann „abstürzen“. Das gilt auch für jenen modernen Trend der sogenannten „Selbst-Optimierung“, jenes ernsthafte Bestreben, alles immer noch vollkommener, effizienter, stärker, schöner, gesünder und besser gestalten zu können oder zu müssen. „Warum eigentlich nicht?“, könnte man sich fragen und „ist das alles noch gesund?“ Gerade dieser Trend muss dem Lebensprinzip der Balance unbedingt folgen. Er darf weder das Notwendige vernachlässigen, noch das Extreme fördern, wenn aus einem „perfekt“ kein „defekt“ werden soll.
Stanislaus Klemm, Diplompsychologe und Theologe, In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Stanislaus Klemm, Diplompsychologe und TheologeIn: Pfarrbriefservice.de