„Mit Gott in der Familie lebt es sich besser“

Interview mit Prof. Biesinger zum Sinn der Erstkommunion-Vorbereitung

Die Erstkommunion-Vorbereitung bindet in vielen Gemeinden viel Kraft, Zeit und Energie. Ist diese Investition gut angelegt? Der Theologie-Professor (em.) Albert Biesinger meint: Unbedingt! Er untersuchte von 2011 bis 2014 zusammen mit anderen Wissenschaftlern die Wirkung der Erstkommunionkatechese. Ein Gespräch mit ihm über die Studie und was für ihn eine gute Vorbereitung ausmacht.

Nach der Erstkommunion beklagen viele Gemeinden, dass nur noch wenige Kinder in die Sonntagsmesse kommen. Dennoch sagen Sie: Erstkommunion-Vorbereitung wirkt!

Prof. Biesinger: Unsere Studie zeigt, dass sich Kinder, die die Erstkommunion-Katechese mitgemacht haben, von anderen gleichaltrigen Kindern deutlich unterscheiden – insbesondere mit Blick auf die Werteorientierung, den Zugang zur Kirche und das Wissen über biblische Geschichten. Besonders gut wirkt dabei eine enge Einbindung der Eltern, die Familienkatechese. Dabei hat die Studie gezeigt, dass Familienkatechese sowohl bei Kindern als auch bei Eltern wirkt und zum Beispiel das Vertrauen zur Kirche signifikant erhöht.

Damit bestätigt die Studie, wofür Sie seit Jahrzehnten plädieren: Die Eltern auch inhaltlich stärker in die Vorbereitung einzubeziehen. Wie sieht denn eine gute Elternarbeit aus?

Prof. Biesinger: In meiner Gemeinde geben wir den Eltern beim ersten Elternabend – die heißen bei uns übrigens Elterntreffs – unser Familienbuch („Gott mit neuen Augen sehen“, Anm. d. Red.). Wir schlagen gemeinsam die Seite mit dem Bild von Emil Nolde auf, das zeigt, wie Jesus die Kinder segnet – und wir laden die Eltern ein, sich das Bild anzuschauen und anschließend in kleinen Gruppen darüber zu sprechen. Bei uns geht es sofort um Beziehungs-Inhalte, wir reden über Wandlung und Verwandlung unseres Lebens oder fragen: Was meint eigentlich ,Leib Christi‘? Wir haben dazu sehr gute Rückmeldungen von Eltern. Dass in der Studie die Eltern zurückmelden: „Unsere eigenen Glaubensthemen kamen nicht vor, es geht immer nur um Organisation“, ist schon ein Stück weit skandalös und geht ja gar nicht.

Erstkommunion-Verantwortliche entgegnen: Viele Eltern wünschen so eine intensive Beschäftigung mit dem eigenen Glauben gar nicht.

Prof. Biesinger: Das ist eine Fehleinschätzung – denn die Eltern richten sich zunächst mal nach dem Standard, den wir setzen. Wir sollten hier hohe Standards setzen und den Eltern bewusst machen, dass die Erstkommunion-Vorbereitung eine ganz besondere Zeit mit ihren Kindern ist. Wir laden alle Eltern ein, regelmäßig und alltagstauglich mit ihrem Kind im Familienbuch zu lesen. Wenn ich den Eltern eine solche Möglichkeit noch  nicht einmal in die Hand gebe, kann ich doch nicht sagen: Die wollen das nicht. Die meisten Eltern sind zunächst ganz gespannt, was da auf sie zukommt, einige sind unsicher. Da ist es besonders wichtig, dass wir ihnen das Familienbuch als Wegbegleitung in die Hand geben. Meist schmelzen dann die Bedenken rasch. Viele Eltern sagten mir: „Wenn es so einfach ist, dann kann ich das ja auch.“

Und trotzdem bleiben viele Familien nach der Erstkommunion weg. Lohnt sich der Aufwand mit der Vorbereitung?

Prof. Biesinger: Mein Gegenargument: Wer die Initiationskatechese Taufe, Eucharistie und Firmung nicht kompetent, spirituell ansprechend und vor allem familienalltagstauglich realisiert, beschädigt Eltern und Kinder in ihrer Glaubenskommunikation. Gleichzeitig zerstört man die Zukunft der Kirche mit ihren großen Verheißungen in diesen sakramentalen Ritualen. Diese gehören zum unverzichtbaren Kern kirchlichen Handelns. Kommunionkatechese ist unverzichtbar wichtig.

Wann ist für Sie eine Erstkommunionvorbereitung gelungen?

Prof. Biesinger: Gelungen ist eine Erstkommunionkatechese für mich
- wenn sie bei Eltern und Kindern die Kompetenz so erschließt, dass sie das Geheimnis des Brotbrechens im Abendmahlsaal in ihrer Gemeinde vor Ort verstehend und emotional mitvollziehen können,
- wenn sie mehr oder weniger oft an der Eucharistie teilnehmen und damit die zukünftige Gemeinde bilden,
- wenn Eltern und Kinder (wieder) in vertiefter Weise in Berührung mit Gott kommen, durch liturgische Hinführung und Beteiligung, in der Glaubenskommunikation in der eigenen Familie und dem lernenden, spielerischen Austausch mit Gleichaltrigen.
- wenn Eltern, Kinder und die Gemeinde aus der „eiligen Zeit eine heilige Zeit machen“.

Was wünschen Sie den Kommunionkindern und ihren Eltern?

Prof. Biesinger: Machen Sie aus der eiligen Zeit eine heilige Zeit! Diese gemeinsame Zeit spiritueller Nähe ist besonders kostbar. Unterbrechen Sie immer wieder das Übliche des Alltags durch Familienrituale. Nehmen Sie die Bausteine für das Familiengespräch mit wertvollen Bildern, Geschichten, Dialogen und theologischem Basiswissen als Chance, auch als Familie im Horizont des offenen Himmels zu leben. Ich wünsche Ihnen Gemeinden, die Ihnen kompetente Wegbegleitung und Unterstützung geben und einen Kommunikationsraum der Gottesberührung ermöglichen. Und besonders wünsche ich, dass Sie spüren können: Mit Gott in der   Familie lebt es sich besser.

Interview: Thomas Rünker / Elfriede Klauer, Pfarrbriefservice.de

Lesetipp: Albert Biesinger u.a., Gott mit neuen Augen sehen. Familienbuch. Kösel Verlag

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Text: Thomas Rünker / Elfriede Klauer
In: Pfarrbriefservice.de