Licht und Schatten
Kolumne: Zwischenmenschliches
Vielleicht hat ja der ein oder andere von Ihnen schon einmal beim Wandern im Gebirge das Glück gehabt, einen Bergkristall zu entdecken. Es ist dann immer so, als würde man einen geheimnisvollen Schatz gefunden haben. Ein Bergkristall besteht aus Quarz und ist wegen seiner Reinheit beinahe durchsichtig, er ist gewissermaßen ein zu Stein geronnenes Licht. Man würde ihn eigentlich nicht sehen können, wenn nicht seine Kristallflächen und Kanten Licht und Schatten werfen würden. Dieses Glänzen und Glitzern ist ein wunderbares Zusammenspiel von Licht und Schatten.
Wenn ich könnte, würde ich jedem von Ihnen einen solchen Bergkristall schenken. Er ist nämlich für mich ein eindrucksvolles Symbol dafür, dass jeder von uns das Recht und die Würde hat, immer sowohl mit seinen Licht- als auch seinen Schattenseiten wahrgenommen, beurteilt und gesehen zu werden. Ausnahmslos jeder von uns hat diese hellen Seiten, hat seine so genannte „Schokoladenseite“, hat aber auch einige dieser dunklen Seiten, die natürlich andere stören und nerven können. Beides gehört zu unserem Wesen. Der Fotograf Thomas Häntsch bringt es auf den Punkt, wenn er meint: „Gäbe es immer nur Licht und niemals Schatten, das Leben würde einem ausdruckslosen Foto gleichen“.
Mit Ecken und Kanten
Wenn zwei Menschen eine Partnerschaft eingehen, so tun sie gut daran, sich immer wieder bewusst zu machen, dass sich da zwei Menschen aufeinander zu bewegen, die von Anfang an viele Stärken und viele Schwächen mit in die gemeinsame Partnerschaft einbringen. Sie werfen Licht und Schatten in die Beziehung, zeigen neben den geliebten runden Seiten auch Ecken und Kanten. Doch ein Mensch ohne Fehler ist eine sehr blasse Erscheinung. Sicherlich gibt es Situationen im Leben, wo uns Menschen begegnen, deren finstere Schattenseiten uns so große Ängste bereiten können, dass wir nur fliehen wollen. Tiefe dunkle Schatten verdecken mir dann jegliche Sicht auf das Licht, das doch Wärme und Leben spenden soll. Aber stattdessen steigt dort nur eisige Kälte empor. Aber „solange unser Herz schlägt und Gefühle produziert, solange sollten wir versuchen, die tiefen dunklen Schatten zu durchdringen, um zum Licht zu gelangen. Tauch den Schatten ins Licht und du siehst durch ihn hindurch die tiefe, verborgene Wahrheit dahinter“, so die Lyrikerin Irina Rautmann.
Ein glitzernder Bergkristall mit seinem Licht- und Schattenspiel könnte uns wieder Mut machen, jeden Menschen vollständiger, „ganz“ wahrzunehmen.
Stanislaus Klemm, Dipl. Psychologe und Theologe, In: Pfarrbriefservice.de
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Text: Stanislaus Klemm, Dipl. Psychologe und TheologeIn: Pfarrbriefservice.de