Frauen in der Kirchengeschichte

Asketinnen der Antike

„Wie es in allen Gemeinden der Heiligen üblich ist, sollen die Frauen in den 
Versammlungen schweigen; es ist ihnen nicht gestattet zu reden: 
Sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt.“ (1 Kor 14,33–34)

Obwohl Paulus im selben Brief auch von prophetisch redenden Frauen spricht (1 Kor 11,5) und sogar verkündet, „in Christus“ spiele das Geschlecht keine Rolle (Gal 3,26–28), wirkte das oben zitierte Redeverbot der Frau in der gesamten Kirchengeschichte nach und ist in der katholischen Kirche mehr oder weniger Richtschnur bis heute. Die Stellung der Frau war über Jahrhunderte eingebunden in ein patriarchales Denken, das von der Minderwertigkeit der Frau gegenüber dem Mann ausging, weibliches Engagement selten würdigte oder sogar unterdrückte. Während westliche Gesellschaften die Ebenbürtigkeit von Mann und Frau in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens kennen, sind Frauen in der Kirchenhierarchie von verschiedenen Aufgabenbereichen ausgeschlossen. Dagegen formiert sich zusehends heftiger Widerstand, was an Bewegungen wie Maria 2.0 oder auch dem aktuellen Synodalen Weg in Deutschland abzulesen ist.

Auch in der Kirchengeschichte waren Frauen nicht immer mit den Rollen einverstanden, die ihnen zugedacht waren. Manchmal weiteten sie erfolgreich die ihnen gesteckten Grenzen aus, während sie andernorts scheiterten. Zwar können sie nicht als Feministinnen in modernem Sinne gelten, da sie nie das System Kirche ändern, sondern nur diejenigen reformieren wollten, die der Kirche moralisch schadeten. Dennoch sind sie auch als kritische Stimmen wahrzunehmen, die sich in einer „Männerkirche“ Gehör verschafften. Den einzelnen beschrittenen oder auch beschnittenen Wegen von Frauen soll nun an herausragenden Beispielen nachgegangen werden.

Frauen gegen patriarchale Vorgaben – Asketinnen der Antike

Während das Neue Testament noch eine Vielfalt weiblicher Aufgaben- und Handlungsbereiche kennt, sie sogar als Erstzeuginnen der Auferstehung besonders würdigt, kommt es im Laufe der Spätantike zunehmend zu Verengungen ihrer Aufgabenbereiche, die sie zu Randfiguren der Kirche werden lässt. „Weiblich“ zu sein war anstößig, „männlich“ zu sein nicht. Dies hängt mit der antiken Geschlechter-Zuschreibung zusammen, die in „weiblich – körperlich – schwach“ und „männlich – geistig – stark“ unterschied. Das Geistige galt als dem Körperlichen überlegen und somit auch das Männliche dem Weiblichen. Dabei konnten auch Männer als „weiblich“ gelten, was „schwach“ und „unverständig“ bedeutete. So wird verständlich, wie eine „Vermännlichung“ der Frau zu einem Ideal stilisiert werden konnte und den Frauen gesellschaftliche Aufstiegsmöglichkeiten bot. Denn natürlich gab es auch weiterhin Frauen, die sich den gängigen Rollenvorbildern ihrer Zeit nicht unterordneten und trotzdem von ihrer Umwelt bewundert wurden. Dies war nur möglich, wenn ihnen männliche Eigenschaften wie Mut und Verstand zugesprochen wurden. Ihre Weiblichkeit und damit Körperlichkeit versuchten die Frauen durch bestimmte asketische Praktiken wie Fasten oder Ehelosigkeit zu überwinden. Nur als Witwen oder Jungfrauen durften sie sich theologisch äußern. Aus heutiger Sicht nur noch schwer verständlich, wurden Jungfräulichkeit und Ehelosigkeit bald zu einem interessanten Lebensentwurf. Doch warum war ein derartiges Leben für viele Christinnen der Antike so attraktiv? Durch Askese machten sich diese Frauen nicht nur frei von allen Äußerlichkeiten (Aussehen, Kleidung, Schmuck) und entzogen sich damit dem gesellschaftlich wertenden Blick, sondern erhielten durch Ehelosigkeit auch ein hohes Maß an Selbstbestimmung und Achtung auch von männlichen Zeitgenossen. So schrieb etwa der Kirchenvater Cyprian: „Was wir einst sein werden, das seid ihr Jungfrauen jetzt schon. Ihr besitzt jetzt schon die Herrlichkeit der Auferstehung. Solange ihr keusch und jungfräulich bleibt, seid ihr den Engeln Gottes gleich.“ Den Asketinnen bot gerade das antike Christentum attraktive Freiräume und hochangesehene alternative Lebensmodelle gegenüber nichtchristlichen Frauen. Eine davon war Marcella von Rom (ca. 325–410), eine theologisch gebildete Frau, die einen Frauenzirkel ähnlich einer Schule unterhielt und mit dem bedeutenden Kirchenvater Hieronymus in engem Kontakt stand. Marcella und weitere berühmte Frauen in ihrem Netzwerk wie Paula, Gründerin mehrerer Frauenhäuser und eines Pilgerhospizes sowie Fabiola, Gründerin des ersten westlichen „Krankenhauses“, wurden äußerst wirkmächtige Modelle gebildeter Frauen in der Kirchengeschichte.

Literaturhinweise und Quellen

CYPRIAN, De habitu virginum 22.
DELBRÊL, MADELEINE, Auftrag des Christen in einer Welt ohne Gott (Theologia Romanica, 24), Einsiedeln3 2006.
GRIESER, HEIKE, Gegen alle Konventionen. Die ersten Asketinnen, in: Welt und Umwelt der bibel 4 (2015), 54–59.
HOLZEM, ANDREAS, Mann – Frau – Partnerschaft. Genderdebatten des Christentums. Bilanzen und Perspektiven, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 35 (2016), 15–28.
MARY WARD UND IHRE GRÜNDUNG. Die Quellentexte bis 1645, Bd.1–4 (Corpus Catholicorum, 45–48), hg. v. Ursula Dirmeier, Münster 2007.
PETERSEN, SILKE, Wenn Frauen männlich werden (sollen), in: Welt und Umwelt der Bibel 4 (2015), 36–37.

Michaele Bill-Mrziglod, aus: „Frauengeschichten: Gerecht. Leben. Gestalten“, München 2022, © Landesstelle der Katholischen Landjugend Bayerns, S. 20-26, In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Michaele Bill-Mrziglod, aus: „Frauengeschichten: Gerecht. Leben. Gestalten“, München 2022, © Landesstelle der Katholischen Landjugend Bayerns, S. 20-26
In: Pfarrbriefservice.de