„Fehler zu machen gehört zum Wachsen und Leben“

Ein Interview mit der Autorin und Ordensfrau Melanie Wolfers

Melanie Wolfers ist Autorin, Podcasterin und Ordensfrau und hat seit Neustem eine eigene Sendung in der ZDF-Mediathek. In ihren Büchern widmet sie sich Themen wie Freundschaft, Mut und Vergebung. Ein Interview mit ihr über Fehlerkultur.

Frau Wolfers, warum haben Menschen manchmal solche Angst davor, einen Fehler zu machen?

Melanie Wolfers: Da ist zum einen die soziale Angst: Was werden andere über mich denken? Oder folgen daraus vielleicht sogar berufliche Nachteile? Und zum anderen erleben viele es als eine Bedrohung für ihr Selbstwertempfinden, wenn sie einen Fehler machen. Im Sinne von „Ich bin okay, wenn ich perfekt bin.“ In all dem übersehen wir: Fehler zu machen gehört zum Wachsen und Leben. Laufen lernen wir nur durch Hinfallen.

Viele Menschen sind mit sich selbst strenger als mit anderen – warum eigentlich?

Melanie Wolfers: Viele streben unrealistisch hohe Ideale an. Und nehmen oft unbewusst an: „Nur wenn ich den Prügel der Selbstkritik ordentlich schwinge, werde ich besser.“ Doch aus der Erziehung wissen wir: Kinder entwickeln sich am besten in einer wertschätzenden Atmosphäre.

Ganz bewusst innehalten, zum Beispiel zum Buß- und Bettag, und die eigenen Fehler und Irrtümer anschauen, ist nicht unbedingt einfach – warum ist es trotzdem wichtig, das ab und zu tun?

Melanie Wolfers: Zuallererst: Bevor ich auf mich schaue, erinnere ich mich daran, dass Gott mich liebend anschaut. Und in diesem Licht der Liebe wende ich mich mir zu. Freue mich an dem, was mir gelungen ist, und erkenne, wo ich etwas falsch gemacht habe. Die Erkenntnis eigener Fehler hat etwas mit ethischem Qualitätsmanagement zu tun: Ich kann es in Zukunft anders machen.

Wenn ich durch mein Verhalten schuldig an anderen werde – wie kann ich einen Fehler wiedergutmachen?

Melanie Wolfers: Mich aufrichtig entschuldigen und schauen, ob ich den entstandenen Schaden in irgendeiner Weise, vielleicht auch symbolisch, wiedergutmachen kann.

Und wenn sich etwas nicht wiedergutmachen lässt?

Melanie Wolfers: Es gehört vielleicht zum Schwersten im Leben, sich selbst etwas zu verzeihen, was man sich eigentlich nicht verzeihen kann. Der Glaube kann hier eine große Hilfe sein. So wie Paul Tillich den Glauben wunderbar beschreibt als den Mut, sich als bejaht zu bejahen.

Haben Sie einen Rat: Wie geht Fehlermachen „richtig“?

Melanie Wolfers: Da möchte ich Dietrich Bonhoeffer zitieren: „Den größten Fehler, den man machen kann, ist, immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen.“ In diesem Sinne: Habe Mut, das Leben mit beiden Händen zu ergreifen – auch wenn du dir dabei die Hände schmutzig machst!

aus: die andere zeit 40/2024, Andere Zeiten-Newsletter, www.anderezeiten.de

Mehr von Melanie Wolfers: https://melaniewolfers.de/
Zur ZDF-Sendung „Die letzte Bank“: https://melaniewolfers.de/die-letzte-bank/

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Text: die andere zeit 40/2024, Andere Zeiten-Newsletter, www.anderezeiten.de
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