Ethisch-nachhaltig investieren

Eine Frage der Glaubwürdigkeit und Zukunftsverantwortung kirchlicher Investoren

Der Umgang der katholischen Kirche mit ihren Finanzen und ihrem Vermögen ist eine zentrale Frage für die Glaubwürdigkeit der Kirche insgesamt, insbesondere auch für ihr Wirken in und für die Gesellschaft. In den letzten Jahren stand daher zu Recht die Transparenz von kirchlichen Finanzstrukturen und Vermögensverhältnissen im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, nicht zuletzt ausgelöst durch die Vorgänge im Bistum Limburg.

Von Bedeutung für die kirchliche Glaubwürdigkeit sind neben der Transparenz aber auch die Ziele und Kriterien, nach denen kirchliche Gelder am Kapitalmarkt investiert werden. Die Geldanlagen sollten sich im Einklang mit christlichen Werten und dem Verkündigungsauftrag der Kirche befinden. Das ethisch-nachhaltige Investment bietet die Möglichkeit, soziale, ökologische und ethische Kriterien bei der Geldanlage am Kapitalmarkt zu berücksichtigen. Ethisch-nachhaltige Kriterien bei der Geldanlage haben für kirchliche Investoren eine doppelte Funktion: Zum einen können kirchliche Investoren durch eine ethisch-nachhaltige Anlagestrategie den Unternehmen signalisieren, dass sie ihre unternehmerische Praxis stärker nach ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien ausrichten sollen. Zum anderen können sie ihre notwendigen Geldanlagen in Einklang mit ethisch reflektierten, christlichen Wertvorstellungen bringen.

Papst Franziskus hat in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“ und in seiner jüngst veröffentlichten Enzyklika „Laudato si‘“ in zum Teil drastischer Sprache deutlich gemacht, dass die Wirtschaft und das Finanzsystem so zu gestalten sind, dass sie dem Menschen und der Umwelt dienen. Die Würde des Menschen ist – im Einklang mit dem Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung – in den Mittelpunkt allen Wirtschaftens zu stellen. Diesen Grundsatz kirchlicher Sozialverkündigung bringt Papst Franziskus in Bezug auf die Kapitalmärkte mit seinem Appell „Das Geld muss dienen und nicht regieren!“ pointiert zum Ausdruck. Diese Perspektive muss auch die Geld- und Vermögensanlage kirchlicher Institutionen prägen, um Ungerechtigkeiten zu Lasten der Armen oder der Umwelt zu vermeiden und vielmehr menschliche Entwicklung und den Schutz unserer natürlichen Ressourcen positiv zu fördern. Mit der Art und Weise, wie kirchliche Gelder investiert werden, entscheiden kirchliche Institutionen somit auch darüber, welche Form der wirtschaftlichen Entwicklung sie fördern und wie sie gesellschaftliche Zukunftsverantwortung wahrnehmen wollen.

Langfristige Finanzierung

Viele Bistümer haben im Zuge der sogenannten Transparenzinitiative der Deutschen Bischofskonferenz ihr Vermögen erstmalig offengelegt, das v. a. aus Immobilienbesitz und Wertpapiervermögen besteht. Dieses Vermögen dient der langfristigen Finanzierung kirchlicher Aufgaben heute und in Zukunft sowie der Bildung von Altersrückstellungen für die eigenen Mitarbeiter/innen. Das Erzbistum Köln, die reichste Diözese in Deutschland, verfügte beispielsweise im Jahr 2013 über ein Gesamtvermögen von 3,35 Mrd. Euro, davon Wertpapieranlagen von 2,34 Mrd. Euro. Ein anderes Beispiel ist die Diözese Rottenburg-Stuttgart, sie weist im Jahr 2014 ein Vermögen von 258,26 Mio. Euro, davon 182 Mio. Euro in Form von Wertpapieren aus. Auch wenn sich die Höhe des Vermögens kirchlicher Institutionen – dazu gehören neben den Diözesen auch Pfarrgemeinden, Verbände, Hilfswerke, Banken, soziale Einrichtungen oder Ordensgemeinschaften – stark unterscheiden, so sind das Anlagevermögen und die Einflussmöglichkeiten kirchlicher Investoren auf dem Kapitalmarkt insgesamt beträchtlich.

Das ZdK hat bereits im Jahr 2007 eine Handreichung zum Thema „Ethische Geldanlagen“ für private und institutionelle Anleger veröffentlicht. Gemeinsam mit der Deutschen Bischofskonferenz wurde 2015 die Orientierungshilfe „Ethisch-nachhaltig investieren. Eine Orientierungshilfe für Finanzverantwortliche katholischer Einrichtungen in Deutschland“ vorgelegt. Die Orientierungshilfe bietet eine klare, wertebasierte Leitlinie zur Gestaltung der Anlagepolitik kirchlicher Institutionen und will katholische Anleger und Einrichtungen motivieren, sich mit ihrem Anlageverhalten auch in ethischer Hinsicht auseinanderzusetzen. Zugleich gibt sie praktische Anleitung für eine ethisch-nachhaltige Anlagepolitik. Ein ethisch-nachhaltig orientierter Investor kann dabei zwischen drei Instrumenten wählen, die er einzeln oder auch in Kombination einsetzen kann:

  • Er nutzt Ausschlusskriterien, um zu vermeiden, dass sein Geld in Unternehmen fließt, die z. B. Waffen oder Suchtmittel produzieren.
  • Er wählt den sogenannten Best-In Class-Ansatz, um positive sozial- und ökologische Verhaltensweisen von Unternehmen, wie z. B. die Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern.
  • Er wählt den sogenannten Engagementansatz, d. h. er adressiert Sozial- und Umweltthemen an die Unternehmensleitungen, entweder durch direkte Unternehmensdialoge oder die aktive Stimmrechtsausübung auf Aktionärsversammlungen.

Die Möglichkeit des ethisch-nachhaltigen Investments wird schon jetzt von zahlreichen Pfarrgemeinden, Orden, Hilfswerken und Diözesen genutzt. Auch viele unserer Verbände, Organisationen und diözesanen Räte haben sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Sie bringen ihre Expertise dazu in ihre Diözesen ein oder gehen mit ihrer Anlagepolitik vorbildlich voran. Jedoch gibt es auch noch viele kirchliche Akteure mit Nachholbedarf oder denen es bisher an praktischer Unterstützung und Orientierung für eine ethisch-nachhaltige Anlagepolitik fehlt.

Signalwirkung

Dem ZdK ist ein breiter Prozess der Reflexion und Aneignung dieser Orientierungshilfe in allen kirchlichen Einrichtungen wichtig. Auch deshalb wurde die Orientierungshilfe gemeinsam mit Finanzexperten aus den Diözesen, Kirchenbanken, Orden, Hilfswerken, Verbänden, des Deutschen Caritasverbandes und der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse erarbeitet, die – neben ihrer wichtigen Fachexpertise – eine wichtige Multiplikatorenfunktion haben, um alle Finanzverantwortlichen kirchlicher Institutionen zu erreichen. Sie können in ihren beruflichen Kontexten Unterstützung bei der Befassung mit ethisch-nachhaltigen Anlagestrategien oder der Suche nach geeigneten Produkten für größere und kleinere Anleger leisten sowie ungerechtfertigte Vorbehalte gegenüber ethischen Anlageprodukten – wie z. B. „Ethik kostet Rendite“ – ausräumen.

Die Orientierungshilfe und die darin formulierten ethischen Kriterien sind – neben ihrer konkreten Hilfestellung für kirchliche Investoren – auch eine politische Botschaft mit Signalwirkung in die Gesellschaft. Zum einen macht die Orientierungshilfe deutlich, dass ethisch-nachhaltiges Investment ein wichtiger Baustein für die Gestaltung einer neuen umweltschonenderen und sozial gerechteren Wirtschaftsweise ist. Diese Botschaft passt zu dem jährlich steigenden Anlagevolumen nachhaltiger Investments in Deutschland und weltweit. Sie fügt sich ein in die Debatten über die Rolle von privaten Finanzinvestitionen für zentrale Zukunftsfragen wie z. B. den Klimaschutz.

Zum anderen kann die Orientierungshilfe dazu beitragen, dass die katholische Kirche in Deutschland als glaubwürdiger und wichtiger Akteur am Finanzmarkt wahrgenommen wird, der beispielhaft neue Maßstäbe setzt, wie unser Wirtschaftssystem „fair-ändert“ und somit umweltgerechter und sozialer gestaltet werden kann. Erste positive Reaktionen in der breiteren Öffentlichkeit und die zu beobachtende Aufmerksamkeit, die die Orientierungshilfe bereits in der Fachwelt erfährt, lassen auf diese erwünschte Wirkung hoffen. Dafür ist es aber von zentraler Bedeutung, gemeinsam den weiteren Prozess der Umsetzung im Blick zu behalten und zu fördern. Die katholische Kirche hat jetzt als Finanzmarktakteur Stellung bezogen zu einem hochaktuellen Thema. Dieser Stellungnahme müssen nun auch Taten folgen. Die konkrete Umsetzung in Anlageentscheidungen ist Aufgabe aller institutionellen Akteure in der katholischen Kirche. Jede Einrichtung ist hier frei in ihren Entscheidungen. Doch wenn sie sich bewusst für eine ethisch-nachhaltige Ausrichtung ihrer Geldanlagen entscheidet und dies zugleich transparent macht, kann die katholische Kirche insgesamt an Glaubwürdigkeit gewinnen.

Julia Seeberg, Referentin des Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) für Wirtschaft, Soziales und Umwelt
Quelle: Salzkörner, Ausgabe August 2015, S. 6, herausgegeben vom ZdK
In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Julia Seeberg
In: Pfarrbriefservice.de