Die leere Krippe

Was braucht es für die Weihnachtsstimmung?

Alles vorbereitet? Im Kopf gehe ich heute Morgen noch einmal meine To-Do-Liste für Weihnachten durch: Baum geschmückt? Für alle Menschen, die mir am Herzen liegen, Geschenke besorgt? Lebensmittel für drei Tage eingekauft? Festtagskleidung gebügelt? Wohnung geputzt? Alles erledigt.

Weihnachten kann kommen, jedenfalls bei mir. Nach all der Geschäftigkeit der vergangenen Tage tut es jetzt gut, einmal nichts mehr machen zu müssen. Also setze ich mich nach getaner Arbeit in meinen Wohnzimmersessel, entspanne mich und warte. Worauf? Ich warte auf die Weihnachtsstimmung, die sich aber so recht nicht einstellen will. Trotz Weihnachtsbaum und Räuchermännchen mit originalem Weihnachtsduft auf meinem Wohnzimmertisch, Festtagsstimmung geht nicht auf Knopfdruck.

Das Wesentliche fehlt noch

Nicht ohne Grund bereiten sich Christen auf Weihnachten, also auf diese kommende Nacht, vier Wochen im Advent vor. Jeden Sonntag haben wir in unserer Familie eine weitere Kerze am Adventskranz entzündet, sind einen Schritt weiter auf Weihnachten zugegangen. Und jetzt: alle Kerzen des Kranzes sind angebrannt. Unter dem Weihnachtsbaum habe ich gestern gemeinsam mit meinen Kindern unsere Holzkrippe aufgebaut: Dort den Stall, hier die Hirten, da die Engel, dort Maria und Josef, in der Mitte die Futterkrippe. Das Wesentliche fehlt heute Morgen noch: Das Kind in der Krippe.

Das Kind kommt erst heute Abend dazu, dann nämlich, wenn wir vor der Bescherung das Weihnachtsevangelium gelesen haben und schließlich das Jesuskind in die leere Krippe legen. Ein schöner Brauch - und doch viel mehr als das.

Von Angelus Silesius, einem Theologen, der in der Barockzeit lebte, stammt der Wunsch: „Ach könnte nur dein Herz zu einer Krippe werden, Gott würde noch einmal Kind auf dieser Erde werden.“ Mein Herz, eine Krippe? Ich blicke auf die kleine leere Holzkrippe dort unter unserem Weihnachtsbaum. Fühle meinen Herzschlag. Geht das zusammen? […]

Das eigene Herz als Krippe für Jesus

Mir wird klar: Ich kann noch soviel für dieses Fest vorbereiten, noch so viele Geschenke verteilen oder erhalten: wenn ich innerlich nicht bereit bin, mich beschenken zu lassen, dann wird es in mir nicht Weihnachten werden. Christen schenken sich zu Weihnachten etwas, weil sie sich selbst zutiefst beschenkt wissen durch die Geburt Jesu Christi. Sie glauben sogar: Gott schenkt sich uns Menschen durch die Geburt seines Sohnes. Durch seine Menschwerdung in Jesus ist er einer von uns geworden und er zeigt uns den Weg zu Gott. Wenn ich den Satz von Angelus Silesius ernst nehme und für mich annehme, dann kann ich Gott eigentlich nicht verlieren; er wohnt ja bereits in mir und ist somit stets bei mir – Gott ist mir selbst dann nahe, wenn ich mich äußerlich von der Krippe entferne. Gott braucht keinen äußeren Ort auf dieser Welt, da er ja bereits in jedem Menschen wohnt.

Heute Nacht werde ich mit meiner Familie den Weihnachtsgottesdienst in unserer Pfarrkirche besuchen, die so genannte „Christmette“. Dann, wenn unser Pfarrer das Kind in die Krippe der Kirche legt, bitte ich darum: Gott, lass mein Herz zur Krippe für dieses Kind werden! Dann ist Weihnachten.

mit freundlicher Genehmigung:
Autorin: Dr. Meike Wagener-Esser, Katholische Hörfunkarbeit für Deutschlandradio und Deutsche Welle, Bonn, www.dradio-dw-kath.eu. In: Pfarrbriefservice.de

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Text: Dr. Meike Wagener-Esser
In: Pfarrbriefservice.de