Die Auferstehung Jesu: Hoffnung für das Hier und Jetzt

Bennie macht gerade eine schwierige Phase durch. Nach einer gescheiterten Beziehung und Problemen im Job hat er das Gefühl, dass ihm alles über den Kopf wächst. Um seinen trüben Gedanken zu entkommen, geht er nach Feierabend regelmäßig joggen im Park. Eines Abends im Herbst, nach einem besonders stressigen Arbeitstag und heftigem Streit mit einem Kollegen, übertreibt er es mit dem Sport. Er gerät dabei völlig außer Atem und plötzlich werden ihm die Beine ganz schwer. Erschöpft lässt er sich ins Gras fallen. Dort sitzend holen ihn seine Traurigkeit und seine Verzweiflung ein und er fängt an zu weinen. Nach einer Weile legt er sich rücklings auf den Boden und schließt die Augen. Die Geräusche des Parks und das geschäftige Brummen der nahen Stadt wiegen ihn in einen leichten Schlaf. Als er wieder aufwacht, geht gerade die Sonne hinter den Bäumen unter. Da fällt ihm auf, wie die Blätter von den Bäumen fallen, im Licht der Abendsonne tanzen und schließlich leise den Boden berühren. Der Anblick erinnert ihn daran, dass die Natur ständig im Wandel ist – nichts bleibt wie es ist, und alles wird immerzu neu. Bennie spürt einen Funken Hoffnung: Vielleicht kann auch sein Leben, so schwer es gerade ist, sich wieder verändern.

Wer kennt solche Situationen nicht, in denen es scheint, als gäbe es keinen Ausweg mehr und jede Hoffnung auf einen Neuanfang sei vergebens. Die Geschichte von der Auferstehung Jesu widerspricht dem radikal: Jede noch so tiefe Dunkelheit kann von Licht durchbrochen werden und selbst der Tod hat nicht das letzte Wort.

Die Auferstehung ist die zentrale Botschaft des christlichen Glaubens: Jesus Christus ist nach seinem Tod am Kreuz wieder zum Leben erwacht, so steht es in der Bibel und so wird es jährlich an Ostern gefeiert. Viele Gläubige verbinden damit die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, auf ein himmlisches Paradies. Oft wird dabei aber ein wichtiger Aspekt übersehen: nämlich dass die Auferstehung auch bedeutsam für unser Leben hier und heute ist.

Der Theologe Dietrich Bonhoeffer, der im Widerstand gegen das NS-Regime kämpfte und dafür mit seinem Leben bezahlte, sah in der Auferstehung eine Einladung, unser irdisches Leben mutig und voller Zuversicht zu gestalten, allen Widrigkeiten zum Trotz. Nach Bonhoeffers Überzeugung spendet der Glaube an die Auferstehung nicht nur Trost für die Zeit nach dem Tod, sondern gibt uns auch die Kraft, den Herausforderungen des Lebens mit Hoffnung entgegenzutreten – im Hier und Jetzt. In einem Brief schrieb er:

„Die christliche Auferstehungshoffnung unterscheidet sich von den mythologischen darin, daß sie den Menschen in ganz neuer […] Weise an sein Leben auf der Erde verweist.“ (Brief an Eberhard Bethge, 27.6.1944)

Was meint Bonhoeffer damit? Für ihn bedeutet die Auferstehung Jesu nicht, dass wir ausschließlich auf ein besseres Leben im Jenseits setzen sollen. Stattdessen will Jesus die Menschen dazu ermutigen sich den Herausforderungen des Lebens hier auf der Erde zu stellen – mit allen Höhen und Tiefen. Der Auferstehungsglaube ist keine Flucht vor der Realität, sondern die Voraussetzung, diese mutig anzunehmen und mitzugestalten.

Man könnte hier wieder an Bennie denken: Obwohl er keine konkreten Antworten auf seine Sorgen hat, entdeckt er in der Natur – in der Veränderung der Jahreszeiten, im Fallen der Blätter und in der Aussicht auf einen neuen Frühling – die Chance zur Veränderung in seinem eigenen Leben.

Bonhoeffer kritisiert eine gängige Glaubensvorstellung, die den Schwerpunkt zu sehr auf das erhoffte Leben nach dem Tod legt. Er warnt davor, dass diese Sicht dazu verleiten kann, sich aus der Verantwortung im Hier und Jetzt zurückzuziehen:

„Erlösung heißt nun Erlösung […] in einem besseren Jenseits. Sollte dies aber wirklich das Wesentliche der Christusverkündigung […] sein? Ich bestreite das.“ (Brief an Eberhard Bethge, 27.6.1944)

Für Bonhoeffer bedeutet der Glaube an die Auferstehung, dass wir die Welt mit all ihren Problemen ernst nehmen müssen. Wir sollen – wie Jesus – voll in das irdische Leben eintauchen.

Natürlich gibt es auch Kritik an Bonhoeffer. Viele Theologen werfen ihm vor, dass er die Hoffnung auf das Reich Gottes in der Zukunft – das, was Theologen „Eschatologie“ nennen – zu stark vernachlässigt. Sie betonen, dass die christliche Hoffnung auf die Wiederkunft Jesu und die Vollendung der Welt ein zentrales Element des Glaubens ist. Diese Zukunftsperspektive gibt Gläubigen in schwierigen Zeiten Trost und die Zuversicht, dass Gerechtigkeit und Frieden am Ende siegen werden.

Diese Hoffnung wird durch Bonhoeffer jedoch keineswegs geschmälert, sondern vielmehr erweitert: Christenmenschen dürfen nicht nur auf ein zukünftiges Paradies warten. Der Glaube muss hier und jetzt gelebt werden. Für Bonhoeffer liegt die wahre Kraft der Auferstehung darin, dass sie uns die Zuversicht gibt, unser Leben in dieser Welt mit einem überzeugten „Ja“ zu gestalten – nicht, weil wir damit dem Tod entfliehen, sondern weil Jesus den Tod bereits überwunden hat. Bonhoeffer schreibt:

„Wo erkannt wird, daß die Macht des Todes gebrochen ist […] dort begnügt man sich mit der bemessenen Zeit und spricht nicht irdischen Dingen Ewigkeit zu.“ (Ethik, DBW Band 6, S. 78f)

Gerade mit Leid und Schmerz tun wir uns oft nicht leicht. Und bereits im Laufe des Lebens sterben wir viele Tode. Diese sind spürbar zum Beispiel in Momenten, in denen wir uns voneinander abkapseln, in Zeiten der Ungerechtigkeit und des Hasses, und wo scheinbar unüberbrückbare Interessensgegensätze unsere Beziehungen belasten. Doch gibt es auch eine Auferstehung mitten im Leben – wenn wir wach und lebendig füreinander da sind, uns einander vergeben und neue Hoffnung in die Welt tragen.

Bennie beschließt, dem Wandel in seinem Leben eine Chance zu geben. Er beginnt, kleine Schritte zu machen, indem er sich auf Dinge konzentriert, die ihm guttun, und bewusst alte Gewohnheiten hinter sich lässt. Er meldet sich zu einem Kurs an, der ihn schon lange interessiert, und öffnet sich Freunden gegenüber, die ihm beistehen. So findet er in seinem Alltag den Mut zum Neuanfang und nicht aufzugeben. Für Bennie fühlt sich das tatsächlich an wie Auferstehung mitten im Leben – eine Art Rückkehr – zu neuen Möglichkeiten und zu sich selbst.

Christian Schmitt

Verknüpft mit:

Das Schwerpunktthema für April 2025

Vor dem Herunterladen:

Datei-Info:
Dateiformat: .rtf
Dateigröße: 0,02 MB

Sie dürfen den Text in sozialen Medien nutzen (z.B. Facebook, Instagram, YouTube, etc.)

Beispiel für den Urhebernachweis, den Sie führen müssen, wenn Sie den Text nutzen

Text: Christian Schmitt
In: Pfarrbriefservice.de