Der erste Tag der neuen Woche: der Sonntag

 

Eine Woche besteht aus Zeiten der Arbeit und der Ruhe. Es ist wichtig, dass sie aus beidem besteht. Wer über der Arbeit und den Verpflichtungen die Zeiten der Ruhe vernachlässigt, wird auf Dauer gesehen Schaden erleiden – an sich selbst, an den Menschen in seiner Umgebung.

Nach christlicher Auffassung ist der Sonntag nicht der letzte, sondern der erste Tag der Woche. Die neue Woche beginnt mit dem Sonntag – weil Jesus Christus am 1. Tag der Woche auferweckt worden ist. Am Sonntag erinnern sich Christinnen und Christen daran, dass mit der Auferweckung Jesu der Tod, alles Todbringende seine letzte Gültigkeit verloren und das Leben gesiegt hat. Vom Leben kommen wir her, auf das Leben gehen wir zu.

Zur Kraftquelle kann es werden, dem Sonntag (s)eine eigene Würde (zurück) zu geben. Dazu kann uns das Verständnis des Sabbats helfen. Der Sabbat – als der Tag, an dem Gott nach dem ersten Schöpfungsbericht der Bibel von seinem schöpferischen Handeln ruhte – wird von dessen Verfasser als die Krönung der Schöpfung beschrieben. Weil Gott am Sabbat alles Tun ruhen ließ, soll auch der Mensch an diesem Tag nicht arbeiten, auch Bedienstete und Fremdlinge nicht. Der Sabbat ist für viele Jüdinnen und Juden bis heute der Tag, an dem sie sich Zeit nehmen für den Besuch des Gottesdienstes und das Studium der Heiligen Schriften, für das Familienleben, für sich selbst. Der Sabbat ist der Tag, an dem dem Schöpfer aller sieben Tage sein Werk bescheiden wieder zu Füßen gelegt wird. Am Sabbat wird Abstand geschaffen zwischen dem Menschen und allem, was er mit Körper und Geist beherrscht. Der Sabbat lehrt, inne zu halten, aufzuhören mit dem, was man sonst macht und sich davon zu verabschieden, man sei allmächtig. „Wisse, dass du kein Schöpfer bist, und zeig, dass du es weißt“ heißt es bei einem Rabbi. Solch weise Selbsterkenntnis bewirkt geistige Befreiung und körperliche Ruhe.

Der Sonntag, von Christen schon früh anstelle des Sabbats als Tag der Ruhe und des Gottesdienstes verstanden, setzt ebenfalls eine notwendige Zäsur im Alltag. Er erinnert an die Auferstehung Christi, daran, dass das Leben über den Tod gesiegt hat und siegen wird. Der Sonntag ist der Anfang einer völlig neuen Welt. Daraus erhalten sie Kraft für die kommende Woche. Indem Christinnen und Christen sich an der biblisch-jüdischen Bedeutung des Sabbats, die Jesus vertraut war, orientieren, können sie Impulse für die Gestaltung des Sonntags erhalten: Sonntag – Zeit für Gott, Zeit für nahe stehende oder andere Menschen, Zeit für sich selbst. Für viele ist der Besuch eines Gottesdienstes wie eine Quelle, aus der sie Kraft für die neue Woche erhalten. Es gibt eine Fülle von Gottes- diensten: Hauptgottesdienste, Krabbelgottesdienste, die für kleine Kinder gedacht sind; Familiengottesdienste, die vor allem die Kinder und ihre Familien im Blick haben; Jugendgottesdienste, die für und durch Jugendliche gestaltet werden; Thomasmessen, die für Menschen gedacht sind, die Zweifel haben ... In Gemeindebriefen, Tageszeitungen und im Internet wird jede/jeder den Gottesdienst finden, der für sie/ihn passend ist.

Der Sonntag und seine Rituale schaffen erst die Bedingung der Möglichkeit, erleichtert bei sich selbst zu landen und zu anderen zu finden. Süßes Nichtstun, leise Töne pflegen und spüren, welche Wirkung sie haben, einen Film anschauen, ein Konzert hören – man merkt, wie sich Muskeln und Nerven entspannen. Die Seele labt sich am Sonntag. Aus Arbeitssklaven werden freie Menschen, die eine Mischung aus Wehmut und Tatendrang beim Ab- schied des Sonntags fühlen, wenn die Ahnung des sorgenfreien Paradieses dem Herannahen neuer irdischer Hast weicht.

Der Sonntag steht nicht als Belohnung am Ende einer betriebsamen Woche. Er ist der Start in die Woche – ein Sinnbild dafür, dass Menschen weitaus mehr sind als alles, was sie zu leisten vermögen oder eben auch nicht. Den Sonntag freizuhalten von allen Tätigkeiten, die besser zu einem Werktag passen, schärft das Bewusstsein, sich Erholung, Muße und vor allem den Wert der eigenen Person nicht erwerben zu müssen. Erst kommt die sonntägliche genussvolle Zusage, unabhängig von allen Erfolgen ein wertvoller Mensch zu sein, dann die wöchentliche Leistung: So herum wird ein großartiges Lebensgefühl daraus.

Quelle:
Susanne Breit-Keßler und Norbert Dennerlein, STAY WILD STATT BURN OUT,
2009, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

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http://www.velkd.de/downloads/burnout.pdf

 

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Text: Susanne Breit-Keßler und Norbert Dennerlein
In: Pfarrbriefservice.de