Wenn interessante Texte so gar nicht zum Lesen anregen

Geprüft: Jahrespfarrbrief 2020 der Kath. Kirchengemeinde St. Raphael, Bremen

von Christine Cüppers am 12.09.2021 - 06:00  

Titelseite des Pfarrbriefs St. Raphael in Bremen, Jahresausgabe 2020

Was fällt mir ein, wenn ich vor dem Jahreswechsel auf das bald beginnende Jahr schaue? Was wird das Jahr bringen? Eine überaus spannende Frage – auch und gerade für Pfarrbrief-Redaktionen. In Bremen haben Redakteurinnen und Redakteure sich ihre Gedanken zum Thema gemacht und der Frage und vielen Antworten den Schwerpunkt im Jahrespfarrbrief 2020 gewidmet.

Besonders wertvoll ist dabei, dass viele Gemeindemitglieder zu Wort kommen. Und das in optisch wie inhaltlich sehr bunten Zitaten. Die werden dem Leser in Deutsch und Polnisch, Kurdisch und Arabisch, Tigrinya, Russisch und Spanisch präsentiert. Eine sehr schöne Idee, die durch die 40 Pfarrbriefseiten begleitet und bei sonst sehr textlastiger Optik für Auflockerung sorgt.

Apropos textlastig: So gut viele Ideen und Inhalte in diesem Pfarrbrief sind – sie kommen nicht entsprechend zur Geltung. Das liegt hauptsächlich an den mächtigen Textblöcken, die den Leser eher abschrecken als zum Lesen animieren. Gliederungen durch aussagekräftige Fotos, Zwischentitel und auf einigen Seiten auch durch einen zweispaltigen Umbruch würden das Problem beheben.

Titelseite

Was kommt? So lautet die Kernfrage dieses Jahrespfarrbriefs. Sie wird bereits auf der Titelseite gestellt und sehr ansprechend visualisiert. Das große Fragezeichen aus vielen Gedankenblitzen zum Übergang von 2019 nach 2020 benennt viele Themen für die kommenden Monate. Und es regt zum eigenen Nachdenken an über das, was jeden Leser, jede Leserin persönlich betrifft. Damit präsentiert sich die Titelseite zwar farblich und im Gesamtbild sehr zurückhaltend. Dennoch lädt sie zum Einstieg in die Lektüre der folgenden Seiten ein. Und sie informiert über das Produkt.

Katholische Kirchengemeinde St. Raphael, Bremen

Bild 1

Katholische Kirchengemeinde St. Raphael, Bremen

Bild 2

Katholische Kirchengemeinde St. Raphael, Bremen

Bild 3

Gelungen

Bild 1: Viele Menschen aus der Kirchengemeinde haben sich die Frage nach dem, was im neuen Jahr kommt, stellen lassen. Sie haben sich Gedanken dazu gemacht und ihre Antworten aufgeschrieben. Aus diesen Antworten sind bunte Kacheln geworden, die immer wieder auf den 40 Seiten auftauchen, neue Anregungen und Eindrücke zum Thema geben und in ganz verschiedenen Sprachen Herzensanliegen und Wünsche für das neue Jahr zum Ausdruck bringen. Für die Mitmachenden war das sicher ebenso anregend wie für die Leser, deren Neugier durch den gesamten Pfarrbrief wachgehalten wird.

Bild 2: Pfarrbriefleser einbinden in die Arbeit und das Produkt – das ist immer wieder eine wichtige, aber eben auch schwierige Herausforderung. Mal ehrlich: Wer schreibt schon einen Leserbrief an die Pfarrbrief-Redaktion? Da fällt es vermutlich leichter, sich an einer Umfrage zu beteiligen. Zumal dann, wenn es um das Produkt an sich geht. Nachdem die Redaktion sich viele Gedanken rund um den Jahrespfarrbrief gemacht hat, bittet sie nun um Rückmeldungen der Leser. Eine Einladung, die hoffentlich in hoher Zahl angenommen wurde. Denn schließlich soll der Pfarrbrief ja neben seinen Pflicht-Aufgaben die Themen enthalten, für die sich die Leser interessieren. Sie also bei der Gestaltung konkret einzubeziehen, ist eine ausgesprochen gute Idee.

Bild 3: Kurz, knapp und konzentriert werden auf dieser Seite wichtige Termine für das neue Jahr vorgestellt. Diese Übersicht ist keinesfalls vollständig, geschweige denn kann sie aktuell sein. Dazu gibt es den wichtigen Hinweis auf weiterführende Quellen: Die monatlich erscheinenden Pfarrbriefe sowie die Homepage (an dieser Stelle wäre deren Name sinnvoll) sind dafür benannt. So stehen jedem Leser wichtige Basisdaten zur Verfügung, weitere Informationen kann er den entsprechenden Medien entnehmen.

Katholische Kirchengemeinde St. Raphael, Bremen

Bild 4

Katholische Kirchengemeinde St. Raphael, Bremen

Bild 5

Katholische Kirchengemeinde St. Raphael, Bremen

Bild 6

Ausbaufähig

Bild 4: Um es gleich vorweg zu nehmen: Sie sind sehr rar, die Fotos in diesem Pfarrbrief. Auf 40 Seiten sogar viel zu selten anzutreffen und auf vielen Seiten als Hingucker und Auflockerer der Bleiwüsten regelrecht vermisst. Und dann kommen auf dieser Seite gleich drei Bilder unter. Ja, sie lockern den Text auf, aber: Diese Motive sind viel zu winzig, als dass der Leser etwas erkennen könnte. Und so lecker die Häppchen auf dem unteren Bild auch aussehen, illustrieren sie doch nicht wirklich die Aussagen des Textes. Statt dieses Foto zu veröffentlichen, wären die beiden Themenbilder in größerem Format wesentlich aussagekräftiger gewesen.

Bild 5: Interviews im Pfarrbrief loben wir eigentlich immer. Auch gegen dieses Interview ist inhaltlich nichts einzuwenden. Über zwei Seiten lang erfährt der Leser Interessantes und Wissenswertes. Vorausgesetzt: Er wagt sich überhaupt in diese Bleiwüste und hält die Dürre bis zum Ende durch. Solche Beiträge brauchen unbedingt optische Auflockerung, um den nötigen Leseanreiz zu bieten. Dazu eignen sich außer Fotos Zwischenüberschriften oder Zitate, die den Textblock untergliedern. Für die bessere Lesbarkeit des Textes bietet sich zudem der 2-spaltige Satz an, der den Seiten zusätzlich eine optische Struktur verleiht. Ohne solche Maßnahmen bleibt leider der spannendste Inhalt vielfach ungelesen.

Bild 6: Das Thema der Textgliederung gilt auch für diese Seite. Das Wirken der Stiftung würde sicher viel mehr Aufmerksamkeit erfahren, wenn es denn in optisch ansprechendem Rahmen vorgestellt würde. Ein Platz für die Blauer-Engel-Produktanzeige hätte sich sicher an anderer Stelle im Pfarrbrief gefunden. Und schon wäre Raum gewesen, den Beitrag mit ein bis zwei Zwischenüberschriften zu gliedern und aufzulockern. Im besten Fall gibt es auch das eine oder andere Foto, das die Arbeit der Stiftung visualisiert und die Neugier auf den Beitrag weckt.

Allgemeine Informationen

  • Erscheinungsweise: einmal im Jahr Mitte/Ende November
  • Auflage: 8.000 Exemplare
  • Umfang: 40 Seiten
  • Format: DIN A 5
  • Verteilung: durch Ehrenamtliche an alle katholischen Haushalte der Pfarrei sowie Auslage in Kirche und Pfarrheimen
  • Kontakt zur Redaktion: Katholische Kirchengemeinde St. Raphael, Kurt-Schumacher-Allee 62, 28327 Bremen, E-Mail: grote@raphael-bremen.de

Logo Pfarrbrief-Check

Sind Sie interessiert an einer wohlwollend-kritischen Besprechung Ihres eigenen Pfarrbriefes?

Die beiden Journalistinnen Christine Cüppers und Ingrid Fusenig nehmen Pfarrbriefe unter die Lupe. Wer diesen kostenfreien Service von Pfarrbriefservice.de nutzen möchte, schickt am besten sowohl eine pdf-Datei des Pfarrbriefs an elfriede.klauer@pfarrbriefservice.de als auch die gedruckte Version per Post an Pfarrbriefservice.de, Team Pfarrbrief-Check, Haus Sankt Bruno, Promenade 37, 97437 Haßfurt. Jede Pfarrbriefredaktion erhält einen kostenfreien schriftlichen Prüfbericht, ausgewählte Beispiele werden nach Absprache online besprochen.

Rubrik „geprüft” (Übersichtsseite)

Diese Seite teilen