Dürfen Kunstwerke fotografiert und veröffentlicht werden?

Der Praxistipp für Pfarrbriefmacher

von Christian Schmitt am 20.12.2010 - 23:00  

Jürgen Damen

Kunstwerk: Ein aus Steinen gelegtes Labyrinth in der Citykirche Aachen

(Zuletzt bearbeitet: 24.2.2025 / cs – Abschnitt „Beispiele”)

Ein häufiger Anwendungsfall in Pfarrbriefen und Pfarrmagazinen sind fotografische Abbildungen von sakraler Kunst oder auch Innenaufnahmen von Kirchengebäuden. Doch dürfen beispielsweise Fotos von Kirchenfenstern einfach so abgedruckt werden?

Für Werke von Künstlern und Architekten gilt, wie für alle geistigen Werke, grundsätzlich das Urheberrecht. Ohne Genehmigung darf kein Bild eines urheberrechtlich geschützten Werkes veröffentlicht oder gar gewerblich verwertet werden. Ist der Künstler bereits gestorben, so gilt EU-weit eine sog. Regelschutzfrist von 70 Jahren. Das heißt, geistige Werke unterliegen während der 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers weiterhin dem Urheberrecht.

Ausnahme: Panoramafreiheit

Für das Fotografieren unter freiem Himmel auf öffentlich zugänglichen Plätzen kann die sog. Panoramafreiheit nach § 59 UrhG greifen. Dies betrifft alle Darstellungen urheberrechtlich geschützter Werke, solange sie bleibend in der Öffentlichkeit und nicht nur vorübergehend installiert sind. Beispielsweise ist das Anfertigen und Veröffentlichen von Fotografien des Holocaust-Denkmals in Berlin erlaubt, nicht jedoch der Reichstagsverhüllungs-Aktion des Künstlers Christo.

Hierbei gilt zu beachten, dass keine Hilfsmittel zulässig sind, welche eine Veränderung der Blickperspektive herbeiführen, wie z.B. eine Leiter, ein Gerüst, oder eine Drohne. Selbst das Fotografieren aus dem Fenster oder vom Balkon eines gegenüber liegenden Gebäudes ist nicht erlaubt.

Sofern man sich an diese Einschränkungen hält, ist sogar die gewerbliche Verwertung der auf diesem Weg angefertigten Abbildungen grundsätzlich vom Gesetz abgedeckt.

Fotografieren in Gebäuden

Ganz anders sieht die Sache aus, wenn Bilder innerhalb von Gebäuden angefertigt werden sollen. Selbst in bestimmungsgemäß öffentlich zugänglichen Gebäuden, wie z.B. Konzerthallen, Museen, Kirchen gilt die Panoramafreiheit nicht. Neben dem Urheberrecht ist das Eigentumsrecht bzw. das Hausrecht des Eigentümers zu beachten. 

Möchte man also das Kirchenfenster eines zeitgenössischen Künstlers in der Blickrichtung von innen nach außen abbilden, muss nicht nur der Urheber, sondern auch der Gebäudeeigentümer bzw. dessen Verwalter einverstanden sein.

Eine Ausnahme davon gewährt die Pressefreiheit - solange z.B. über eine Veranstaltung berichtet wird, die im öffentlichen Interesse liegt. Auch das Zitatrecht nach § 51 UrhG gestattet es in bestimmten Fällen Kunstwerke oder Architektur abzubilden. Im Rahmen einer wissenschaftlichen (z.B. Dissertation) oder populärwissenschaftlichen (z.B. Reportage) Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema der Kunst oder Architektur dürfen sachbezogene Bilder auch urheberrechtlich geschützter Werke verwendet werden.

Property Release

Mit einer ausdrücklichen, am besten schriftlichen Vereinbarung (engl. „property release“), in der die Genehmigung des Urhebers sowie ggf. des Hauseigentümers und die entsprechenden Nutzungsbedingungen eindeutig geregelt werden, ist man im Zweifel rechtlich auf der sicheren Seite. 

Beispiele

• Ist die Abbildung des Riemenschneider-Altars in Rothenburg ob der Tauber in einem Pfarrbrief erlaubt?

Der Künstler Tilman Riemenschneider lebte bis zum Jahr 1531. Die Regelschutzfrist von 70 Jahren ist lange abgelaufen, und damit die Geltungsdauer des Urheberrechts. Vom Eigentümer der Jakobskirche, in der sich der Altar befindet, muss dennoch eine Fotografier- und Abdruckgenehmigung eingeholt werden, da es sich um eine Innenaufnahme handelt.

• Darf das Foto einer Pflastermalerei in der Fußgängerzone abgedruckt oder im Internet veröffentlicht werden?

Die sogenannte Panoramafreiheit erlaubt grundsätzlich die Abbildung urheberrechtlich geschützter Werke, wenn diese dauerhaft an öffentlich zugänglichen Orten unter freiem Himmel installiert sind. Pflastermalereien, insbesondere solche mit Kreide, erfüllen jedoch typischerweise nicht das Kriterium der Dauerhaftigkeit, da ihre Lebensdauer nur vorübergehend ist und meist nur bis zum nächsten Regen oder zur nächsten Reinigung reicht. Deshalb greift die Panoramafreiheit hier in der Regel nicht, und für eine Veröffentlichung des Fotos wäre die Zustimmung des Künstlers erforderlich. 

Hinweis: In einer früheren Version dieses Beitrags wurde fälschlicherweise angenommen, Fotos von Pflastermalereien seien urheberrechtlich unbedenklich, da von der Panoramafreiheit gedeckt. Diese Aussage wurde korrigiert.

• Ist es zulässig Fotos von Kirchenfenstern des zeitgenössischen Künstlers Sieger Köder ohne Genehmigung zu publizieren?

Solange die Aufnahmen ohne Hilfsmittel von außen, auf öffentlichem Grund, entstanden sind, spricht nichts gegen eine Veröffentlichung der Bilder, auch ohne Genehmigungen des Hausherrn sowie des Künstlers. Bei Kirchenfenstern dürfte jedoch die Perspektive von innen nach außen die interessantere sein. Hier kann sich der Fotograf dann nicht auf die Panoramafreiheit berufen. Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, sollte eine möglichst schriftliche Property release vom Eigentümer des Kirchengebäudes sowie vom Künstler eingeholt werden.

• Darf das Foto einer Heiligenfigur, gefertigt von einem zeitgenössischen Künstler und dauerhaft ausgestellt in einer Kirche, ohne Erlaubnis veröffentlicht werden?

Da es sich bei einer Heiligenfigur um ein urheberrechtlich geschütztes Kunstwerk handelt, ist für eine Veröffentlichung grundsätzlich die Zustimmung des Künstlers oder Rechteinhabers erforderlich. Die Panoramafreiheit gilt ausdrücklich nur für Werke, die dauerhaft an öffentlichen Straßen, Plätzen oder Wegen und unter freiem Himmel ausgestellt sind. Da sich die Heiligenfigur jedoch im Inneren einer Kirche befindet, greift die Panoramafreiheit nicht. Für die Veröffentlichung eines Fotos der Figur wäre daher sowohl die Einwilligung des Künstlers (bzw. Rechteinhabers) als auch des Eigentümers der Kirche notwendig.

Haftungsausschluss: Dieser Beitrag dient lediglich der Orientierung und ersetzt keine Rechtsberatung. Im Zweifelsfall sollte immer eine Beratung durch juristisch ausgebildetes Fachpersonal in Anspruch genommen werden. Die Rechtsabteilung Ihres Bistums kann Ihnen weiterhelfen oder vermitteln.

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