Das Recht auf Gegendarstellung im Pfarrbrief oder anderen regelmäßigen Publikationen

Merkblatt für Öffentlichkeitsarbeiter

von Ständige Arbeitsgruppe Verlags-, Medien- und Urheberrecht des Verbandes der Diözesen Deutschlands am 12.03.2010 - 07:00  

Immer wenn sich Menschen ungerecht behandelt fühlen oder in der Öffentlichkeit mit unangenehmen Darstellungen konfrontiert werden, gerät die Kommunikation sehr schnell von der persönlichen auf die rechtliche Ebene.

Auch wenn dies Gott sei Dank nicht sehr oft geschieht, ist das Leben in einer Pfarrei hiervon nicht ganz frei. Um vielleicht auch unnötige Auseinandersetzungen zu vermeiden, ist es gut auch bei Publikationen wie dem Pfarrbrief oder anderen pfarrlichen Mitteilungen in Papierform oder elektronischen Medien die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen.

Was ist eine Gegendarstellung?

Ein Pfarrbrief lebt und interessiert die Menschen, wenn Dinge darin vorkommen, die vor Ort geschehen. Das sind Berichte über Veranstaltungen, das können Interviews mit Leuten aus der Pfarrei sein oder Meldungen über Beratungen und Entscheidungen der verantwortlichen Pfarrgremien. Manchmal müssen „heiße Eisen“ im Pfarrbrief thematisiert werden. Da kann es schnell passieren, dass die Menschen, über die geschrieben wird, mit den Sachverhalten, die berichtet werden, nicht einverstanden sind.

Ein Beispiel aus einem denkbaren Pfarrbrief:

„Seit vier Wochen sind die neuen Sitzheizungen in der Pfarrkirche St. Egidius in Betrieb. Vielen Kirchenbesuchern gefällt diese neue Anschaffung nicht, wie nach den Gottesdiensten immer wieder zu hören ist. Im Mittelpunkt der Kritik steht der Sprecher unseres Pfarrgemeinderates Matthias Rima, der sich für diese Art von Sitzheizungen stark gemacht hat. „Das Sitzen ist jetzt sehr unangenehm, weil nur ein Teil des Körpers stark aufgeheizt wird“, meinte etwa Gottesdienstbesucherin Lisa Müller. …“

Einige Tage nach Erscheinen des Pfarrbriefes erreicht die Redaktion ein Brief, in dem Pfarrgemeinderatsprecher Matthias Rima sich über die Berichterstattung beschwert und eine Gegendarstellung verlangt. Er wendet sich gegen die Behauptung, dass „viele Kirchenbesucher“ etwas gegen die Sitzheizungen hätten. Seiner Einschätzung nach seien viele Menschen damit einverstanden. Außerdem bestreitet er, dass er sich für das neue Heizsystem stark gemacht hat. Stattdessen führt er an, dass Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat mehrheitlich die Anschaffung beschlossen hätten und er nur deren Meinung vertreten habe. Und dass das Sitzen nun unangenehm sei, sei ebenfalls falsch.

Wie geht man als Pfarrbriefredaktion mit einem solchen Schreiben um?

Der Sprecher des Pfarrgemeinderates Rima verlangt eine Gegendarstellung und das ist sein gutes Recht, wie es in allen Landespressegesetzen festgeschrieben ist. Fast gleichlautend heißt der Anfangssatz in den jeweiligen Gesetzen: „Der verantwortliche Redakteur und der Verleger eines periodischen Druckwerks sind verpflichtet, eine Gegendarstellung der Person oder Stelle zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist ...“ (hier zitiert aus § 10 LPG Hessen - HPresseG).

Wann besteht ein Anspruch auf Gegendarstellung?

Ob Herr Rima einen Anspruch auf Gegendarstellung hat, entscheidet sich danach, ob in dem fraglichen Bericht eine Meinung geäußert oder eine Tatsache behauptet wird.

Bei einer Meinungsäußerung ergibt sich grundsätzlich kein Anspruch auf Gegendar-stellung. Einzige Ausnahme: Die Grenzen des guten Geschmacks werden so weit verletzt, dass es sich um eine Schmähung handelt. Unwahre Tatsachenbehauptungen hingegen begründen grundsätzlich einen Anspruch auf Gegendarstellung.

Woran erkennt man nun die Meinungsäußerung bzw. Tatsachenbehauptung?

Wenn die Äußerung lediglich eine Wertung darstellt, wovon etwa dann ausgegangen werden könnte, wenn der Bericht die Aussage von Herrn Rima wiedergeben würde: „Eine Heizspirale vor dem Altarraum sieht nicht schön aus.“, so würde es sich um eine Meinungsäußerung handeln. Ist die Aussage aber ggf. fachlich nachweisbar oder könnte sie theoretisch jedenfalls bewiesen werden, wäre sie als Tatsachenbehauptung anzusehen. Lässt sich eine Aussage nicht eindeutig als Tatsachenbehauptung zuordnen, gehen die Gerichte im Zweifel von einer Meinungsäußerung aus.

Diese Unterscheidung ist für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Gegendarstellung sehr wichtig. Denn nur dann, wenn es sich um eine Tatsachenbehauptung handelt, besteht auch ein Zwang zur Veröffentlichung, der notfalls eingeklagt werden kann.

In unserem Beispiel wären also Tatsachenbehauptungen, dass sich viele Besucher beschweren und dass sich der Sprecher des Pfarrgemeinderates für die Sitzheizung stark gemacht hat. Keine Tatsachenbehauptung ist das Zitat von Lisa Müller, der die Sitzheizung unangenehm ist.

Gegendarstellung nur für persönlich Betroffene

Eine Gegendarstellung kann nur fordern, wer durch die angeblich falsche Behauptung persönlich betroffen ist. Das können Personen oder Organisationen sein, die namentlich erwähnt oder eindeutig aus dem Kontext erkennbar sind. Im vorliegenden Beispielsfall darf also Matthias Rima die Aussage von Lisa Müller, dass die Sitzheizungen unangenehm seien, nicht richtig stellen. Und zwar nicht nur, weil dies hier eine Meinungsäußerung und keine Tatsachenbehauptung ist, sondern auch weil er von dieser Äußerung persönlich nicht betroffen ist.

Eine Gegendarstellung soll einem Betroffenen die Möglichkeit bieten, die in einem periodisch erscheinenden Medium über ihn behaupteten Tatsachen aus seiner Sicht darzustellen. Sie dient nicht unbedingt dazu einen Sachverhalt richtig zu stellen. Dem Betroffenen soll nur schnell und unkompliziert der gleiche Weg eröffnet werden seine Darstellung des Sachverhaltes zu geben, wie demjenigen welcher die beanstandete Behauptung in der Publikation aufgestellt hat.

Wie muss eine Gegendarstellung verfasst sein?

Eine Gegendarstellung darf nur die Wiederholung der angeblich falschen Informationen und Tatsachen und deren Richtigstellung enthalten.

Sie kann einfach die Tatsachenbehauptung zurückweisen: „Es ist unrichtig, dass …“

Sie kann aber auch den in den Augen des Betroffenen richtigen Sachverhalt ausdrücken: „Richtig hingegen ist, dass …“

Die Gegendarstellung darf keine strafbaren Inhalte haben, wie etwa Beleidigungen oder Verleumdungen. Sie muss schriftlich erfolgen und vom Anspruchsberechtigten unterschrieben sein. Bei Minderjährigen oder juristischen Personen müssen die Eltern bzw. der gesetzliche Vertreter diese Unterschrift leisten. Die Unterschrift eines Pressesprechers oder des Rechtsanwalts kann die Unterschrift etwa eines Vereinsvorstandes, der für den Verein eine Gegendarstellung verlangt, nicht ersetzen.

Weitere Anforderungen

Die Gegendarstellung muss unverzüglich verlangt werden. In den Landespressegesetzen findet sich zwar eine Frist von 3 Monaten, mehr Zeit als ein paar Wochen sollte man aber nicht verstreichen lassen. Dies schon aus dem Grund, dass der angestrebte Effekt sonst kaum mehr erzielt werden kann.

Gegendarstellungsansprüche lassen sich im Rahmen von einstweiligen Verfügungs-verfahren durchsetzen. Um rechtzeitig entsprechende Schritte einleiten zu können, wird der Rechtsberater des Anspruchsberechtigten der Pfarrbriefredaktion in der Regel eine Frist setzen, innerhalb der diese dem Veröffentlichungsverlangen verbindlich zustimmen und einen Veröffentlichungstermin nennen muss.

Wie wird eine Gegendarstellung nun veröffentlicht?

Die Redaktion darf die Gegendarstellung nicht als Leserbrief veröffentlichen. Sie muss das Wort „Gegendarstellung“ über den Text setzen. Damit der Leser weiß, worauf sich die Gegendarstellung bezieht, kann die Redaktion einleiten mit dem Satz: „Zu unserem Bericht über die neuen Sitzheizungen in der vorhergehenden Ausgabe erreichte uns folgendes Gegendarstellungsverlangen:“

Die Redaktion muss die Gegendarstellung an gleicher Stelle und in gleicher Aufmachung (Schriftgröße, Spaltenbreite, Überschrift) veröffentlichen und darf sie also nicht „verstecken“. Andererseits darf die Gegendarstellung den Umfang des ursprünglichen Artikels nicht überschreiten.

Die Redaktion darf nichts hinzufügen, weglassen oder verändern. Sie darf beispielsweise nicht Frage- oder Ausrufungszeichen oder Klammerbemerkungen anbringen. Viele Redaktionen von Zeitungen hängen einen sog. „Redaktionsschwanz“ an, etwa in der Form: „Nach § …des Landespressegesetzes sind wir verpflichtet, die Gegendarstellung ohne Prüfung ihres Wahrheitsgehaltes abzudrucken.“ Manchmal sieht man auch den Zusatz: „Die Redaktion bleibt bei ihrer Darstellung.“ Dies ist erlaubt.

Auf keinen Fall darf man jedoch in derselben Ausgabe, in der die Gegendarstellung erfolgt, in einer Glosse oder in einem Kommentar darauf eingehen.

Die Landespressegesetze sehen vor, dass die Gegendarstellung in der nächstfolgenden Nummer des periodischen Druckwerks abgedruckt wird, die noch nicht abgeschlossen ist. Sie ist es dann, wenn der Umbruch erfolgt ist und die Seiten zum Druck fertig sind.

Die Gegendarstellung in unserem Beispiel könnte also lauten:

„Zu unserem Bericht über die neuen Sitzheizungen in der vorhergehenden Ausgabe des Pfarrbriefes erreichte uns folgende Gegendarstellung:

Unrichtig ist, dass vielen Kirchenbesuchern die Anschaffung der Sitzheizungen nicht gefällt. Richtig ist vielmehr, dass viele Besucher damit zufrieden sind. Unrichtig ist, dass sich der Sprecher des Pfarrgemeinderates Matthias Rima für die neuen Sitzheizungen stark gemacht hat. Richtig ist, dass Pfarrgemeinderat und Kirchenverwaltungsrat das neue Heizsystem mehrheitlich beschlossen haben und die Sitzheizung bestellt wurde.

Matthias Rima
Sprecher des Pfarrgemeinderates“

Die Richtigstellung

Von der Gegendarstellung ist die Richtigstellung zu unterscheiden. Eine Richtigstellung ist eine Maßnahme der Redaktion, um eine vorherige Tatsachenbehauptung, die sich nachträglich als falsch herausstellte, richtig zu stellen. Ursache kann auch ein sinnentstellender Druckfehler sein. Eine Richtigstellung könnte etwa so aussehen:

„Berichtigung

In der vorhergehenden Ausgabe des Pfarrbriefes veröffentlichten wir die Namen der Firmen, die Preise für die Tombola des Pfarrfestes spendeten. Wir vergaßen, die Bäckerei Mehlgut zu erwähnen. Wir bitten, dieses Versehen zu entschuldigen, und bedanken uns auch bei ihr ganz herzlich für ihre Spende.

Die Redaktion.“

Besonderheiten bei regelmäßiger Publikation von Inhalten auf der Website der Pfarrei

Nicht nur in den gedruckten Medien gilt das Recht der Gegendarstellung, sondern auch in elektronischen Publikationen der Pfarrei, die regelmäßig als journalistisch redaktionell gestaltete Angebote, in denen Inhalte periodischer Druckerzeugnisse in Text und Bild oder in periodischer Folge Texte verarbeitet werden, erscheinen. Dazu zählen Online-Portale mit redaktionellem Inhalt genauso wie die klassische Online-Presse (Online-Ausgabe von Printmedien), wie etwa auch eines Pfarrbriefes, der auf der Website der Pfarrei eingestellt wird. Auch periodisch erscheinende Newsletter, die Zeitschriften oder Pfarrbriefen vergleichbar sind, gehören hierher. Eine Verbreitung in „periodischer Folge“ ist dann gegeben, wenn Inhalte zumindest in unregelmäßigen Intervallen oder in Abständen von höchstens einem halben Jahr aktualisiert oder bereitgestellt werden.

Rechtsgrundlage für die Gegendarstellung in Onlinemedien ist § 10 des im August 1997 in Kraft getretenen Mediendienstestaatsvertrages (MDStV). Die jeweiligen Regelungen sind weitgehend identisch, wenn auch einige Besonderheiten zu beachten sind. So sind nicht automatisch alle Texte auf der Website betroffen, sondern nur die, wie oben dargestellt, redaktionellen Inhalte und klassische Online-Pressepublikationen. Werbeangebote und in der Regel auch private Homepages gehören in der Regel nicht hierher.

Fazit: Immer gut abwägen

Eine Gegendarstellung abdrucken zu müssen, ist für die Pfarrbriefredaktion oder den betroffenen Redakteur eine äußerst unangenehme Angelegenheit. Selten werden unwahre Behauptungen böswillig aufgestellt, sondern gehen eher auf mangelhafte Recherche oder auch Verwechslungen zurück. In der Regel ist daher auch von einem guten Willen und der Bereitschaft auszugehen, die falschen Tatsachenbehauptungen wieder gut zu machen.

Es empfiehlt sich daher, das persönliche Gespräch mit dem Betroffenen zu suchen und die Situation zu erklären, um zu verhindern, dass dieser zu Stift und Papier greift oder seinen Anwalt bemüht. Durch dieses Vorgehen wird man häufig dem Betroffenen anbieten, einen zweiten Bericht oder eine schnelle Korrektur des beanstandeten Textes zu publizieren.

Im Ergebnis ist es meistens sinnvoller und dem Miteinander dienlicher, einen Ausgleich im persönlichen Kontakt zu suchen, als es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen zu lassen.

Stand: Februar 2010

Das Merkblatt wurde von der Ständigen Arbeitsgruppe Verlags-, Medien- und Urheberrecht des Verbandes der Diözesen Deutschlands in Zusammenarbeit mit Pfarrbriefservice.de erstellt und von der Rechtskommission des Verbandes der Diözesen Deutschlands zur Veröffentlichung empfohlen.

von

Ständige Arbeitsgruppe Verlags-, Medien- und Urheberrecht des Verbandes der Diözesen Deutschlands

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