Zum 80. Geburtstag nach Hause fliegen?

Eine Deutsche in Afrika (5)

Eine Deutsche in Afrika fliegt auch mal nach Hause. In diesem Fall bin ich zum 80. Geburtstag meiner Oma nach Hause geflogen. Nachdem ich die letzten zehn Jahre fast all ihre Geburtstage verpasst hatte, weil ich irgendwo im Ausland war oder aus einem anderen Grund verhindert, wusste ich sofort, als ich die Bestätigung für meine Entsendung nach Uganda erhielt, dass ich einen Flug buchen werde, um mit meiner Oma ihren 80. Geburtstag zu feiern.

Als ich dann hier vor Ort den Urlaub beantragte und meinen afrikanischen Kolleginnen und Kollegen von meiner geplanten Reise nach Deutschland erzählte, stieß ich auf große Verwunderung, wenn nicht auf Unverständnis oder Gelächter. Empörte Sätze, wie „Wie kann man für einen Geburtstag nach Hause fliegen?“ „Wie kann man denn dafür Geld ausgeben?“ und „Mit dem Geld kann ich ein Jahr lang meinen Garten bestellen!“ kamen mir entgegen. Ich erklärte dann, dass in Deutschland sogenannte runde Geburtstage gern auch etwas größer gefeiert werden, und erfuhr im Gegenzug, dass hier in Karamoja Geburtstage so gut wie gar nicht gefeiert werden. Meine Kollegin klärte mich auf, dass sie zwar den Geburtstag ihrer Tochter feiert, auch mit Geschenk und Kuchen, aber nur so lange sie ein Kleinkind ist. Sie selbst feiert ihren Geburtstag nicht.

Irgendwann passierte es dann auch, dass ich keine Lust mehr hatte, ständig neu zu erklären, wieso ich für einen Geburtstag nach Hause fliege. Dann habe ich einfach gesagt, dass ich über Ostern nach Hause fliegen werde. Und unerwarteter Weise stieß ich nun auf eine völlig andere Reaktion: „Ach wie schön, du verbringst Ostern mit deiner Familie!“ „Ah, für Ostern, ja klar!“. Für Ostern nach Hause zu fliegen und Geld auszugeben, wurde akzeptiert und begrüßt. Ostern wird auch hier in Uganda sehr groß im Kreise der Familie und Kirchengemeinde gefeiert. Dafür werden auch Ziegen oder Hühner geschlachtet. Doch so unterschiedlich die Reaktionen waren, eines hatten sie gemeinsam: Wirklich jeder, dem ich von meiner Reise erzählt habe, selbst der Taxifahrer auf dem Weg zum Flughafen, hat mir liebe Grüße an meine Familie mitgegeben.

Dahingehend überwiegte dann wieder die Gemeinsamkeit zwischen mir und den Menschen um mich herum. Familie hat einen hohen Stellenwert. Gerade da ich so viel Zeit im Ausland verbringe, habe ich eine sehr enge Verbindung zu meiner Familie. Und ich glaube auch, nur, weil wir so eine gute Beziehung haben und ich dadurch genau weiß, wo ich verwurzelt bin, fühle ich mich frei und wohl genug, um viele Jahre in verschiedenen Ländern und Kulturen zu verbringen, die mich auch beeinflussen und verändern. Dennoch liebt mich meine Familie unverändert, und dafür bin ich sehr dankbar.

Patricia Henning, In: Pfarrbriefservice.de

Patricia Henning (geb. 1987) stammt aus Kella im thüringischen Eichsfeld. Die junge Frau engagiert sich seit August 2016 für ein Jahr in der ugandischen Stadt Moroto für die Welthungerhilfe und die Caritas Uganda im Rahmen des entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes „weltwärts“ des Bundesentwicklungsministeriums. Ihre Eindrücke und Erfahrungen schildert sie in der Pfarrbriefservice-Reihe „Eine Deutsche in Afrika“.

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Text: Patricia Henning
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