Wohltuend und heilsam

Von menschlichen und göttlichen Liebeserklärungen

Neulich am Küchentisch. Ein freier Samstagmorgen. Wir saßen mit Freunden zusammen beim Frühstück: der kleine Paulo, ganz schön stolz, schon 6 Jahre alt zu sein, seine große Schwester, seine Eltern, auch Oma und Opa und wir.

Die Liebes-Erklärung

Fragte er seinen Papa: „Du, Papa, liebst Du auch Johannisbeermarmelade?“ Meinte sein Papa: „Paulo: Ich mag die Johannisbeermarmelade, aber LIEBEN tu´ ich EUCH!“ Stille am Tisch. Oder irgendwie berührtes Staunen. Wie auch immer: Es hat gefühlt minutenlang keiner mehr etwas gesagt. Oder nach der Butter gefragt. Als wollte keiner von uns diesen schönen Moment mit belanglosen Worten zerplatzen lassen. Wir durften auf noch recht nüchternen Magen eine berauschende, bezaubernde kleine Liebeserklärung hören. Vielleicht war sie deshalb so besonders, weil man sie nicht erwartet hat. Nicht einfach so, so öffentlich. Und nicht von ihm. Er ist nicht so der große Redner. Und über Gefühle spricht er in der Regel erst recht nicht unbedingt. Aber an jenem Samstagmorgen.

Liebe berührt uns. Im wahrsten Sinn des Wortes. Die Liebe eines Vaters zu seinem Sohn. Die Liebe der Paare, die ich jedes Jahr beim Brautleutetag erleben darf. Die Liebe der Alten, wenn Fotos an ihren Wänden von ihrem gemeinsam gelebten Leben erzählen. Liebe berührt.

Gottes Liebe – und die Schwierigkeit, damit umzugehen

Berührt uns auch Gottes Liebe zu uns Menschen? Diese Liebe können wir nicht mit unseren Sinnen wahrnehmen. So wie die Liebe, die wir unter Menschen beobachten können. Oder sogar selbst erfahren dürfen. Deshalb ist es vielleicht so schwer: zu glauben, dass Gott uns unendlich und bedingungslos liebt.

„Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist und weil ich dich liebe, gebe ich für dich ganze Länder und für dein Leben ganze Völker. (…) Denn jeden, der nach meinem Namen benannt ist, habe ich zu meiner Ehre erschaffen, geformt und gemacht.“ Jesaja 43, 4.7

Mehr Liebes-Erklärung geht nicht! Für mich heißen diese biblischen Verse: So wie ich bin, bin ich von Gott gewollt. So wie ich bin, bin ich für ihn wertvoll. Ohne Wenn und Aber. Mein menschlicher Blick auf mich selbst sieht jedoch oft anders aus: Anstatt das Vollkommene zu sehen, sehe ich das Unvollkommene. Anstatt das Wertvolle zu sehen, sehe ich Fehler und Macken. Darin sind wir Menschen eben Profis. Einen liebenden Blick auf mich selbst kann mein tiefstes Inneres oft nicht zulassen. Oder nicht spüren. Vielleicht haben wir zu viel Nicht-Annahme erlebt? Vielleicht haben wir zu oft erlebt, dass Liebe zu uns verbunden war mit einer Bring-Schuld? Zum Beispiel nur, wenn ich etwas besonders gut gemacht habe, wurde mir positive Aufmerksamkeit geschenkt? Vielleicht konnte jemand mich nicht ganz lieben, sondern nur einen Teil von mir? Alles schmerzhafte Erfahrungen. Alles allzu menschlich.

Gottes Blick trainieren

Aber wie schön wäre das, wenn wir uns selbst und andere durch die Augen Gottes sehen könnten. Wie zärtlich. Wie wohltuend. Wie heilsam.

Ich glaube, wir können das trainieren: Gottes Blick einzunehmen. Indem wir uns immer mal wieder beobachten – einen Tag oder auch nur eine Stunde lang. Beobachten, wo mein Menschen-Blick den Blick Gottes auf mich und andre versperrt. Vielleicht erinnern und helfen uns dabei ja Bilder oder Ereignisse. Mich jedenfalls erinnert die Situation am Frühstückstisch immer wieder daran, wie das sein könnte, wenn Gott mich liebt.

Elisabeth Zenner, Pastoralreferentin
Quelle: Das ist Liebe?! AberGlaube 06/2017, Online-Magazin der Pfarreiengemeinschaft Ochtendung-Kobern. In: Pfarrbriefservice.de

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Das Schwerpunktthema für Februar 2018

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Text: Elisabeth Zenner, Pastoralreferentin
In: Pfarrbriefservice.de