"Wir wollen mitentscheiden!"

Im Club Infantil lernen Kinder ihre Rechte kennen - und setzen sich dafür ein

Der Club Infantil in Jinotega, Nicaragua, ermöglicht es Kindern, ihre Rechte kennen zu lernen und sich selbst dafür einzusetzen - mit Selbstverteidigungskursen für Mädchen, Förderunterricht für arbeitende Kinder und einem eigenen Radioprogramm.

Rechts, links, rechts, links. Abwechselnd schlägt Yeril ihre Fäuste gegen das rote Polster, das Sadrack Espinoza ihr entgegenhält. „Das geht schneller“, animiert der Kampfsporttrainer des Club Infantil die Elfjährige. „Die Deckung nicht vergessen!“ Yeril erhöht das Tempo. „Sehr gut“, sagt Sadrack und lässt das Polster sinken. Yeril wischt sich den Schweiß von der Stirn. Seit einem Jahr kommt sie zum kostenlosen Selbstverteidigungstraining in den Club Infantil in Jinotega im Norden Nicaraguas. „Ich hatte in der Schule immer Streit mit einem Mädchen“, sagt Yeril. „Ich wollte boxen lernen, um es ihr zu zeigen.“

Den gespielt missbilligenden Blick ihres Boxlehrers erwidert Yeril mit einem Lachen. „Statt mich mit ihr zu prügeln, habe ich sie mit zum Training genommen“, sagt sie. „Heute sind wir Freundinnen.“ „Das ist die erste und wichtigste Regel, die die Mädchen hier lernen“, sagt Sadrack. „Beim Boxen geht es darum, sich selbst zu verteidigen und nicht darum, anderen wehzutun.“ Der ehemalige Profikickboxer gibt seit drei Jahren Selbstverteidigungskurse im Club Infantil, der von den Sternsingern aus Deutschland unterstützt wird. Etwa 500 Mädchen hat er bereits beigebracht, wie sie Angreifern etwas entgegensetzen können.

Lernen, sich selbst zu helfen

„Halt, denk zweimal nach, bevor du mich anfasst!“, steht auf einem Transparent an der Wand im Trainingsraum. Sexueller Missbrauch und Gewalt gegen Mädchen sind in Nicaragua alltäglich. „Es ist sehr wichtig, wie man auftritt“, sagt Sadrack. „Das Boxen gibt den Mädchen Selbstbewusstsein. Sie wissen, dass sie sich wehren können.“ Mädchen, die Opfer von Misshandlungen geworden sind, bietet der Club Infantil Rechtsbeistand und psychologische Hilfe.

Im Club Infantil zählen die Belange und Meinungen der Kinder und Jugendlichen. Die Erwachsenen unterstützen sie dabei, selbst Ideen zu entwickeln, wie sie sich gegen Gewalt und Ungerechtigkeit wehren können. Zum Beispiel bei einem Programm speziell für arbeitende Kinder. Ein eigens auf ihre Bedürfnisse abgestimmter Förderunterricht hilft ihnen, den Anschluss in der Schule nicht zu verlieren. Außerdem lernen sie ihre Rechte kennen und erarbeiten Strategien, wie sie sich gegen Ausbeutung schützen können.

Kinderrechte öffentlich machen

Während Yeril im Erdgeschoss beim Boxtraining schwitzt, brütet im ersten Stock des Club Infantil eine Gruppe Kinder über den Moderationen für ihre nächste Radiosendung. Einmal in der Woche gehen die Jungen und Mädchen vom Club beim lokalen Radio „Estereo Libre“ auf Sendung. Technik, Interviews, Ansagen – die Kinder machen alles selber. Unterstützt werden sie dabei von erfahrenen Journalisten, die ihnen das Handwerkszeug beibringen.

In ihrer Sendung dreht sich alles um das Thema Kinderrechte […]. Die Radiomacher führen auf der Straße Interviews mit Kindern und Erwachsenen, sie zeigen Missstände auf und machen Vorschläge, wie man eine Situation verbessern kann. Diese Woche geht es um Gewalt gegen Mädchen. Darley hat die Redaktionsleitung. Die 13-Jährige will, dass die Anliegen der Kinder gehört werden. „Viele wissen gar nicht, dass wir Kinder Rechte haben“, sagt sie. „Das wollen wir ändern!“

Der Plan geht auf. Die Radiosendung der Kinder ist so erfolgreich, dass sie inzwischen sogar von einem nationalen Radiosender ausgestrahlt wird. Im ganzen Land kann nun gehört werden, was die Kinder zu sagen haben, zum Beispiel dieser Satz: „Wenn Kinder mitentscheiden, dann hat Nicaragua eine Zukunft!“

Stefanie Wilhelm/Kindermissionswerk, www.sternsinger.org  

Bilder zum Text: Emblem des Club Infantil und Kinder setzen sich für ihre Rechte ein

mehr Bilder: http://www.sternsinger.org/nc/home/presse/pressedownload.html?do=detail&cid=82

Verknüpft mit:

Das Schwerpunktthema für Oktober 2012

Vor dem Herunterladen:

Datei-Info:
Dateiformat: .rtf
Dateigröße: 0,02 MB

Sie dürfen den Text NICHT in sozialen Medien nutzen (z.B. Facebook, Twitter, Instagram, YouTube, etc.)

Beispiel für den Urhebernachweis, den Sie führen müssen, wenn Sie den Text nutzen

Text: Stefanie Wilhelm/Kindermissionswerk
In: Pfarrbriefservice.de