Trauer verstehen - wenn das eigene Kind gestorben ist

Viele Väter, Mütter, Geschwister und Großeltern haben nach dem Tod eines Kindes das Gefühl, verrückt zu werden. Es geschieht so viel in ihnen und um sie herum, das sie nicht verstehen. Sie denken, fühlen und handeln auf eine Weise, die ihnen möglicherweise völlig befremdlich und damit beängstigend erscheint. Doch das ist normal, schreiben betroffene Eltern auf www.veid.de,  der Homepage des Bundesverbandes Verwaiste Eltern. Um zu verstehen, warum was mit einem geschieht, haben sie versucht zu beschreiben, was Trauer bedeutet:

Viele Trauernde erleben die erste Zeit direkt nach dem Tod des Kindes wie in einem Schockzustand. Das ist ein sehr schlauer Schutzmechanismus der Seele. Nichts erreicht sie wirklich. Sie handeln oft erstaunlich klar und zielgerichtet. Sie regeln und planen die Beerdigung, die Benachrichtigung von Freunden und Verwandten, die Wohnungsauflösung etc. Später sind die Betroffenen oft erstaunt, was sie alles gemeistert haben in dieser Zeit. Oft haben sie Dinge getan, zu denen sie später nicht mehr in der Lage gewesen wären. Zu einem Zeitpunkt nämlich, an dem der Schutz ein wenig nachlässt und die Bedeutung dessen, was geschehen ist, so allmählich ins Bewusstsein und ins Herz vordringt.

Die Zeit der aufbrechenden Gefühle

Wenn die Eltern so ganz langsam begreifen, was wirklich geschehen ist, dass das eigene Kind wirklich und unwiederbringlich tot ist, erahnen sie, welche Veränderung das für sie und ihr Leben bedeutet. Dies ist wohl die schwierigste Zeit der Trauer. Der Schmerz, die Sehnsucht, die Verzweiflung ergreifen von ihnen Besitz mit voller Macht. Die meisten Trauernden berichten von einem Gefühlschaos:

  • Schuldgefühle, ob berechtigt oder unberechtigt, sind normal. Gefühle, dass das Kind noch leben könnte, wenn man dies oder jenes anders gemacht hätte, erleben viele Eltern. Ebenso Schuldgefühle, weil man dem Kind einen Wunsch erfüllt oder eben nicht erfüllt hat, dass man etwas gesagt oder nicht gesagt hat … Wenn man diese Gefühle mit anderen Betroffenen teilt, wird man erfahren, dass man nicht alleine ist mit diesen Gefühlen. Man wird aber auch erfahren, dass man sich selbst und anderen vergeben kann
  • Verzweiflung und Einsamkeit sind normal. Selbst dann, wenn man eine große Familie oder einen großen Freundeskreis um sich hat, kann man sich einsam fühlen. Nur wenige Menschen werden verstehen, wie tief die Trauer geht, was man empfindet, es sei denn, sie haben Ähnliches erlebt.
  • Wut oder Rachegefühle entstehen ebenfalls oft. Manchmal richten sie sich gegen eine bestimmte Person, von der man glaubt, dass sie verantwortlich ist am Tode des Kindes. Manchmal aber richten sich diese Gefühle auch gegen Gott oder das verstorbene Kind. Es kann auch sein, dass Wut einfach ein Gefühl ist, das einen für eine Weile begleitet, ohne sich gegen eine bestimmte Person zu richten. Man ist dann wütend auf alles und auf jeden. Das ist normal. Das bedeutet aber nicht, dass man diesen Gefühlen ungehemmt freien Lauf lassen muss. Damit könnte man eventuell gerade die Menschen tief verletzen, deren Unterstützung man bedarf. Oft ist es sehr hilfreich, diesen Gefühlen Ausdruck zu verleihen in Gesprächen mit anderen betroffenen Eltern. Dort wird man auch erfahren, wie andere damit umgegangen sind.
  • Neid ist ein Gefühl, für das viele Betroffene sich schämen. Dennoch ist es da - und das ist normal. Man ist neidisch auf andere Menschen, denen solche Schicksalsschläge erspart bleiben, die so unverschämt unbeschwert daher leben, deren Kinder leben dürfen, manchmal sogar, obwohl sie ihre Kinder als Last empfinden, während man selbst das eigene Kind geliebt hat. Einerseits steht fest: das Leben ist nicht gerecht. Andererseits weiß man oft gar nicht, was sich hinter der Fassade aus scheinbarem Glück anderer Menschen verbirgt.

In dieser Zeit wechseln die Gefühle von Tag zu Tag, manchmal von Stunde zu Stunde, von einer Minute zur anderen. Das Fühlen und Denken ist unberechenbar – für die Trauernden selbst und auch für die Mitmenschen. Man versteht sich selbst nicht, wie sollten da andere Menschen einen verstehen? Das sollte man durchaus im Auge behalten, es wird einen vielleicht etwas nachsichtiger machen. Nachsichtiger mit sich selbst und mit seiner Umwelt.

So ganz allmählich stellt man dann fest, wie sich doch einige kleine Veränderungen einstellen. Man erlebt durchaus erste Tage, an denen man sich gut fühlt, an denen die Dankbarkeit für das, was man hatte, größer ist als die Verzweiflung, es verloren zu haben. (…)

Neuorganisation oder Investition in die Zukunft

Der eine oder andere Gedanke an eine Zukunftsplanung schleicht sich ins Denken. Man spürt, dass sich die Trauer verändert. Man kann den Gedanken zulassen, eventuell aus dem Kinderzimmer ein Gäste- oder Arbeitszimmer zu machen. Man bucht einen Urlaub, wie er vielleicht mit dem Kind nicht möglich gewesen wäre. Man ordnet sein Leben neu. An manchen Stellen erschreckt einen das, aber es ist in Ordnung, ja, es ist notwendig. Das verstorbene Kind lebt in den Eltern weiter. Diese Gewissheit begleitet sie in allem Tun. (…)

© The Compassionate Friends (TCF) USA-used by permission

© Bundesverband Verwaiste Eltern in Deutschland e.V., Eva Knöll für die deutsche Übersetzung und Überarbeitung. Der volle Wortlaut des Textes unter www.veid.de,  der Homepage des Bundesverbandes Verwaiste Eltern in Deutschland

http://www.veid.de/839.0.html

Verknüpft mit:

Das Schwerpunktthema für Oktober 2010

Vor dem Herunterladen:

Datei-Info:
Dateiformat: .doc
Dateigröße: 0,03 MB

Sie dürfen den Text NICHT in sozialen Medien nutzen (z.B. Facebook, Twitter, Instagram, YouTube, etc.)

Beispiel für den Urhebernachweis, den Sie führen müssen, wenn Sie den Text nutzen

Text: www.veid.de
In: Pfarrbriefservice.de