Sommerliche Gelassenheit

Warum es erlaubt sein muss, einfach mal zu leben

Was ist der Sommer? Die Zeit zwischen Frühling und Herbst. Eine Zeit des scheinbar mühelosen Reifens. Tage voller Sonne und Heiterkeit. Der Sommer kennt alle Farben. Und: Wer zu ernten versteht, erntet nicht nur in Gärten und auf den Feldern. Er erntet auch Stunden der Entspannung und des zwanglosen Gesprächs. Der Sommer macht vieles leichter und lässt das Vertrauen ins Leben wachsen.

Gibt es die Sommerzeit auch unabhängig von den Jahreskreisen als Teil unseres menschlichen Lebens? Ist es erlaubt, einfach mal zu leben – in der Hoffnung, dass das Gesäte und Gepflanzte aufgeht, ohne sich ständig sorgen zu müssen? Davon bin ich fest überzeugt! Ohne Zeiten des Sommers lässt sich der Winter kaum ertragen. Das wusste die Feldmaus Frederick nur zu gut, die im Sommer Sonnenstrahlen sammelte. Sehr zum Verdruss ihrer Familienmitglieder, die fleißig Vorräte, sprich Nüsse und Körner für den Winter hamsterten. Als diese jedoch im strengen Winter zur Neige gingen und alles nur trostlos und grau zu sein schien, teilte Frederick seine gesammelten Sonnenstrahlen an die Familie aus. Das Bilderbuch von Leo Lionni, der in Amsterdam geboren wurde und in Italien lebte, bezaubert bis heute Kinder und Erwachsene.

Der Sommer: eine Kraftquelle

Schön und gut, sagen manche Eltern oder Erzieher, ein Bilderbuch ist ein Bilderbuch. Aber das Leben ist rau. Sie sind enttäuscht, wie wenig von dem wächst, was sie gesät haben. Ihre Klagen sind ernst zu nehmen. Allerdings dürfen sie nicht dazu führen, die Geduld zu verlieren. Dazu hilft mir mein Glaube. Vor allem im Sommer möchte ich dem Wort Jesu folgen: „Lasst alles wachsen bis zur Ernte!“ (Mt 13,30) Wenigstens im Sommer möchte ich die Einladung Jesu auch für mich in Anspruch nehmen: „Ruht euch ein wenig aus!“ So hat er damals zu seinen Jüngern gesagt, die von einem anstrengenden Missionseinsatz zurückkamen (Mk 6,30 f.). „Ruht euch ein wenig aus!“ Es ist Sommer! Der Stress kann warten! Wir dürfen das Wichtigste nicht aufgeben, was wir zu verschenken haben: Vertrauen.

Wer Vertrauen hat und Vertrauen schenkt, versteht, was Jesus mit den Worten meint: „Sorgt nicht ängstlich“! Und: „Betrachtet die Blumen des Feldes. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?“ (Mt 6,25 ff.) Das ist ein guter Weg, den Sommer als Kraftquelle zu entdecken: die Blumen zu betrachten, die Natur zu entdecken, Kraft zu sammeln am Meer oder in den Bergen, aber auch im heimischen Garten oder auf dem Balkon. Im Sommer lassen sich viele Menschen in Kathedralen und Kirchen führen, die sie sonst links liegen lassen. Sie lassen sich anrühren von der spirituellen Kraft dieser Gotteshäuser und genießen die wohltuende Kühle der Klöster an heißen Sommertagen. Der eine oder die andere zünden eine Kerze an oder setzt sich still in eine Kirchenbank.

Der Sommer: Schule der Gelassenheit

Das führt zur Gelassenheit. Wer gelassen ist, weiß, dass man Erfolg und Ernte nicht erzwingen kann und dass ein anderer der Herr der Ernte ist. Jesus verweist uns auf den Vater im Himmel, vor dem jeder seinen eigenen Wert hat. Damit wir nicht enttäuscht an unseren Misserfolgen hängen bleiben, konzentrieren wir uns im Sommer auf das, was uns geschenkt wird. Es gibt doch auch in einem Beruf, in einer Ehe, in der Familie Zeiten des sommerlichen Reifens. Wer aufmerksam lebt, darf feststellen, dass er ernten darf, wo er nicht gesät hat – Früchte der Zuneigung, des Friedens, der Freude, der Gemeinschaft.

Wir werden uns gegenseitig solche sommerlichen Lebensabschnitte gönnen. Wir werden sie uns gegenseitig ermöglichen. Rufen wir uns zu: „Hallo! Es ist Sommer!“ Jetzt gilt die Devise: „Einfach leben!“ Und diese beiden Worte verstehen wir in ihrer doppelten Bedeutung: Einfach leben! Einfach leben!

P. Gerhard Eberts MSF, In: Pfarrbriefservice.de

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Das Schwerpunktthema für Juli und August 2017

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Text: P. Gerhard Eberts MSF
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