Einige wichtige Punkte für den Umgang mit trauernden Kindern und Jugendlichen

  • Das Kind reagiert auf den Verlust seines Geschwisters und auf das veränderte Verhalten seiner Eltern oder anderer Personen in seiner Umgebung. Die Erwachsenen können den Kindern am Beispiel ihrer eigenen Trauer zeigen, dass es normal ist, zu weinen, traurig, zornig oder wütend zu sein.
  • Geschwister hatten eine enge Beziehung zueinander, auch wenn es keine sehr liebevolle Beziehung gewesen sein mag. Trauer kann positive und negative Gefühle in einer extremen Weise hervorrufen.
  • Trauernde jeden Alters tun in der Regel einen Schritt zurück in ihrer persönlichen Entwicklung. Sie verlieren zeitweise Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sie erworben haben. Diese Möglichkeiten stehen ihnen nicht mehr im gewohnten Maß zur Verfügung. Für ihre Umgebung erscheinen sie dann oft als schwierig. Sie brauchen mehr Geduld und Zuwendung, Halt und Stütze als es ihrer sonstigen Lebenssituation angemessen wäre.
  • Für Eltern, die ein Kind verloren haben, rückt natürlich dieser Verlust ins Zentrum ihres Erlebens. Gegenüber dem Kind, das nicht mehr da ist, verliert das überlebende Kind häufig an Bedeutung. Gerade in dieser Situation ist es für überlebende Geschwister besonders wichtig zu erfahren, dass sie von den Eltern genauso geliebt werden.
  • Eltern, die ihr Kind verloren haben, verschließen sich oft mit ihrer Trauer und zeigen ihre eigenen Gefühle nicht. Dieses kontrollierte Schweigen ist für die überlebenden Geschwister dann oft eine zusätzliche Quelle der Irritation. Den Geschwistern hilft, dass jemand da ist, der sie in ihren eigenen Gefühlen bestätigt. Das können Eltern sein, die zu ihren eigenen Gefühlen stehen, oder andere Personen, die die Gefühle der Kinder - welchen Alters auch immer - ebenso ernst nehmen wie die Äußerungen dieser Gefühle.
  • Es kommt vor, dass betroffene Geschwister nicht offen trauern, zeitweise gar nicht auf den Verlust eingehen, dann auch wieder phasenweise extrem intensiv im Erleben ihrer Trauer sind. Sie zeigen Trauer oft nicht spontan, oft auch nicht kontinuierlich. Das heißt nicht, dass ihnen der Verlust nichts ausmacht. Es ist wichtig, dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, wie alle anderen Trauernden auch spüren, dass sie so trauern dürfen, wie es für sie jeweils gerade stimmt. …
  • Von einiger Bedeutung ist, dass die Kinder je nach Alter ein unterschiedliches Verständnis vom Tod haben. Entsprechend müsste mit ihnen umgegangen werden, um Missverständnisse zu vermeiden: Ein Beschönigen, ein Verwenden von Klischees und Unwahrheiten löst hier langfristig ebenso Irritation aus, wie ein Vermischen von religiösen und medizinischen Begriffen und Ursachen. Kinder brauchen ehrliche Antworten. Auch wenn diese Antworten nur die Aspekte berücksichtigen müssen, die dem Alter gemäß sind. Hier gilt, was auch für andere Antworten an Kinder z.B. im religiösen Bereich gilt: Eine gegebene Antwort soll später nie zurückgenommen werden müssen, man soll auf ihr aufbauen können. …
  • So wie unter den Partnern, die ein Kind verloren haben, sich völlig unterschiedliche Formen des Verhaltens entwickeln, ihre Trauer zu leben - hier ist ein Grund für das Scheitern vieler Beziehungen von Eltern nach dem Verlust eines Kindes zu suchen - so kann sich auch zwischen den Geschwistern und zwischen ihnen und den Eltern ein völlig unterschiedliches Trauerverhalten entwickeln. Normalerweise zeigt jeder dabei die Erwartungshaltung, der/die andere müsse ebenso, in der gleichen Art und Weise trauern wie er/wie sie selbst. Das kann sich auf die Teilnahme an Gruppentreffen, an die Teilnahme an der Beerdigung oder auch auf die Weise des Friedhofsbesuchs beziehen. Wenn gegenseitiger Respekt für die Form des anderen aufgebracht wird und es möglich ist, die eigene Erwartungshaltung zurückzustellen, vielleicht auch Formen der anderen teilweise aufzugreifen, kann ein Miteinander leichter entstehen….
  • Immer wieder ist es in Selbsthilfegruppen von Geschwistern zu erleben: Der Ratschlag, den junge Erwachsene oft hören müssen "Du musst jetzt für deine Eltern stark sein" -, ist wenig hilfreich. Er verursacht möglicherweise lange Zeit später einen Zusammenbruch. Entlastend wirkt hier ein Verhalten von Eltern und anderen nahen Menschen, das respektiert, dass das Geschwister Hilfe braucht, dass seine eigene Trauer einzigartig und individuell ist, auch in Ausdrucksform und Intensität und das den Verlust als ganz eigen und schwer erkennt.
  • Trauernde, auch trauernde Geschwister, reagieren nicht nur auf den Verlust, sondern ebenso auf das Verhalten der Menschen, mit denen sie danach umgehen. Das kann eine Chance sein.

Bundesverband Verwaiste Eltern in Deutschland e.V., Christine Fleck-Bohaumilitzky, gekürzte Fassung; Langfassung unter: www.veid.de
Diese Punkte beruhen zum Teil auf Gesprächsnotizen, Protokollen und Richtlinien der Verwaisten Eltern in den USA und Kanada in freien Übersetzungen und auf Ergebnissen dortiger Eltern- und Geschwistergruppenarbeit.
Sie entsprechen aber auch dem, was Frau Fleck-Bohaumilitzky in der Arbeit mit trauernden Kindern und Jugendlichen beobachten kann.

http://www.veid.de/unterst_geschw.0.html  

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Das Schwerpunktthema für Oktober 2010

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Text: Christine Fleck-Bohaumilitzky
In: Pfarrbriefservice.de